Nürnberger Markttypen

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
<<< >>>
Autor: K. Ubhrst
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Nürnberger Markttypen
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 37, S. 616
Herausgeber: Ernst Ziel
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1878
Verlag: Verlag von Ernst Keil
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Leipzig
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
[[Bild:|250px]]
Bearbeitungsstand
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
Indexseite


[605]

Nürnberger Markttypen.
Original-Zeichnung von G. Nestel in Leipzig.

[616] Nürnberger Markttypen. (siehe Abbildung, S. 605.) In unserer Nr. 33 führten wir den Leser in das Nürnberger „Bratwurstglöckle“, jene eigenartigste unter den Restaurationen der alten deutschen Kunststadt. Heute sei uns ein Blick auf das Marktleben Nürnbergs gestattet. Das stramme Zunftwesen unserer alten Städte begnügte sich nicht mit einer strengen Absonderung der verschiedenen Handwerke; auch dem Bauer, welcher mit seinen Erzeugnissen zu Markte fuhr, war je nach Art seiner Producte ein besonderer Stand angewiesen, und so hatte denn auch Nürnberg seinen speziellen Roß-, Sau-, Korn-, Heu-, Milch-, Salz-, Fisch-, Obstmarkt etc., Benennungen, welche, wenn auch ein überloyaler baierischer Patriotismus sie durch andere Namen zu verdrängen versucht, doch noch bis auf den heutigen Tag im Munde des echten Nürnbergers gebräuchlich sind. Das eigentliche Marktleben selbst hat sich übrigens schon seit langen Jahren größtentheils auf dem sogenannten großen „Herrenmarkt“ entfaltet. Hier trifft man vorzugsweise reichhaltig die charakteristischen Typen der Marktbevölkerung, welche unser Zeichner dem Beschauer in treuer Wiedergabe vorstellt.

Im Mittelpunkte der Gruppe ist es vor Allem der Oberpfälzer Bauer, welcher, mit einer Obstbäuerin aus dem Vorlande der Fränkischen Schweiz in lebhaftem Handel begriffen, unsere Aufmerksamkeit fesselt. Der Tuchrock und die großen silbernen Knöpfe der kurzen Weste – zumeist noch aus Münzen des vorigen Jahrhunderts bestehend – deuten auf den wohlhabenden Grundbesitzer. Das Gesicht der gemüthlichen Obstbäuerin ist von einem schwarzseidenen, an beiden Seiten der Schläfe zusammengerafften Kopftuche eingerahmt, eine Tracht, die wir dem Grundcharakter nach in vielen Gegenden Baierns wiederfinden.

Aus der dicken Bäuerin links unter dem an der Mütze kenntlichen Marktofficianten ersehen wir, daß Oberfranken trotz seines obigen hagern Vertreters doch seine Leute noch zu nähren weiß. Hier sind es nicht die in viele wulstige Falten gelegten Röcke, wie bei der links unten mit einem Boten sich unterhaltenden Gemüsehändlerin aus dem sogenannten Knoblauchslande, welche den Umfang der Gestalt bis in’s Unendliche erweitern – hier haben wir unbestreitbar vielmehr die Wirkung nahrhafter Mehlspeisen, von denen besonders Schwemmklöße mit Peterle (Petersilie) landesüblich, sowie eines ausgiebigen Biergenusses vor uns. Aus der merkwürdigen Haube der unteren Bäuerinnen ersehen wir das oft Bemerkte, daß Volkstrachten weniger dem Bedürfniß, als einem bäuerischen Nachäffen vornehmer Moden früherer Jahrhunderte entsprungen sind. Die spitze Zuckerhutmütze mit ihren lang herabfallenden Bändern ist lediglich eine rohe Kopie der burgundischen Haube, wie sie zu Zeiten Maria’s von Burgund, der Gemahlin Max des Ersten, unter den vornehmen Ständen üblich war. (Vergl. „Teuerdank’s Brautfahrt“, Jahrgang 1877, S. 694.)

Annähernd ähnlich, wenn auch mit einem Kopftuche überbunden, präsentirt sich uns die Bäuerin rechts neben dem Maurer, welcher, den Glimmstengel zwischen den Zähnen, höchst beschaulich des Einuhrschlagens von der nahen Frauenkirche harrt. Die wohlgenährte Figur rechts unten beweist, daß selbst das Sammeln der Haderlumpen des Lebens Nothdurft zur Genüge gewährt. Neben ihr dampft ein Bäuerlein wohlgemuth den eigengebauten Tabak. Daß es Aepfel und nicht, um gut Nürnbergisch zu reden, Potaken (Kartoffeln) sind, welche das Handelsobject nicht nur der alten, sondern auch der jüngeren bequem zuwartenden Bäuerin bilden, zeigt der still vergnügt in den geschenkten Apfel hineinbeißende junge Oberpfälzer an. Obst gehört nun eigentlich auf den nahegelegenen Obstmarkt, wo das weltberühmte „Gänsemännchen“ von seinem Brunnen beschaulich auf all die herrlichen Früchte blickt, welche namentlich zur Herbstzeit in Säcken und Körben den weiten Platz füllen. Die noch übrigen Gestalten im Hintergrunde unseres Bildes, vom ritterlich bärtigen Bier-Verständigen bis zum absegelnden Jungfräulein, bedürfen keiner Erklärung.

K. Ubhrst.