Nach großem Leid
Nach großem Leid.
Ich darf wohl von den Sternen singen,
Mich hat die Blume angeblickt,
Und wird mein armes Lied gelingen,
Dann wird vom Stern mir zugenickt.
Lieb’, Leid und Zeit und Ewigkeit!“
Im Garten stand die arme Waise
Und senkt den Blick zum Blumenfeld,
Die Sonne sank im Purpurgleise,
„O Stern etc.“
Mit euch wag’ ich mich auszusprechen,
Ihr kennet mich, und bin ich stumm,
Weil mir das kranke Herz will brechen,
„O Stern etc.“
Ein Tröpfchen Thau, ein Licht, ein Hauch,
Ihr lieben Sterne klar und sinnig,
„O Stern etc.“
Und wie die Sterne heller blinken
Beugt Schatten sich auf’s Blumenfeld,
Und auch des Kindes Augen sinken,
„O Stern etc.“
Ihr Engel steiget auf und nieder,
Bringt Sternenlust, bringt Blumenschmerz,
Und küßt die unerschaffnen Lieder,
„O Stern etc.“
Und wiegt die Thau berauschte Rose
Im Dornenbettchen bald zur Ruh’,
Und schließt dem Veilchen in dem Moose
„O Stern etc.“
Die Blumen all, die farbig prangen,
Sind bald, ach bald nicht mehr zu sehn,
Die Nacht nahm ihre Pracht gefangen,
„O Stern etc.“
Steht eine reine Lilienschaar,
Der Engel zeigte sie dem Kinde,
„O Stern etc.“
Der Engel sprach: „Mein Kind, o sehe
Die Lilie unter Dornen dort,
Das Licht wird Fleisch, horch: „Es geschehe
„O Stern etc.“
„Die Lilie spinnt nicht, doch es webet
Aus ihr das Wort sich einen Leib,
Zur Jungfrau ist das Licht geschwebet
„O Stern etc.“
„Und als der Geist sie überschattet,
Deckt rings die Nacht das Blumenfeld,
Der Lilie nur das Licht sich gattet,
„O Stern etc.“
„Die Lilie, die nicht zieht, nicht schweifet,
Nicht fallen läßt und wieder sucht,
Die sehnend still zum Lichte greifet,
„O Stern etc.“
Und führt es zu der Lilie Licht,
Da kniet es nieder an der Linde
„O Stern etc.“
Da sprach zum Kind die reine Lilie,
Die nie vorher gesprochen hat:
„Wach auf, wach auf zu mir, Cäcilie,
„O Stern etc.“
Ob sie es sang, ich kann’s nicht sagen,
Sie hat mich träumend angeblickt,
Es hat ihr Herz bewegt geschlagen,
„O Stern etc.“
Das kalte Wissen ist ermattet,
Das milde Fühlen war erwacht,
Die Blumen waren überschattet,
„O Stern etc.“
Geh’, armes Lied, und sag’ der Lieben:
„Es hat ein Herz zum Tode krank
Mich unter Thränen aufgeschrieben,
„O Stern und Blume, Geist und Kleid,
Lieb’, Leid und Zeit und Ewigkeit!“