Neue Gedichte von Johanna Ambrosius
Zwei Seelen.
Zwei Seelen wanderten durchs Erdenland
Den Berg hinauf in trübem Schwermutssinn,
Getrennt durch eine hohe Felsenwand
Schritt eine rechts, die andre links dahin.
Nie an die Brust sich liebevoll gedrückt,
Doch hat ein Engel mild mit sanftem Weh’n,
Mit heißer Lieb’ die Herzen beid’ beglückt.
Die Wege waren dornig, schmal und rauh,
Doch fand die eine gar ein Blümlein blau,
Warf sie’s der andern über’n Felsen zu.
So gingen sie der Tage, Jahre viel
Mit gleicher Last und gleich in Weh und Not,
Und heiter lächelnd grüßte Morgenrot.
Verschwunden war die Mauer, die getrennt,
Ein Blumenteppich breitete sich aus,
Und Jubelklänge grüßten ohne End’,
Aus ihren Augen strahlt es sonnenhell,
Sie drücken an die Brust sich fort und fort,
Von ihren Lippen bricht sich, wie ein Quell,
Die Bahn das lang zurückgedämmte Wort:
Was Andrer Glück, war für uns bitt’re Not.
Nun kosten wir auch Himmelsseligkeit,
Was and're scheidet, einte uns – der Tod.
Im Traum.
Kannst du auch nie das Lied vergessen,
Dem deine Seele einst gelauscht,
So wie das Glück, das, nie besessen,
Nur pfeilschnell dir vorbeigerauscht –
So farbenreich, du fass’st sie kaum,
Das herbste Weh wird weicher, milder
Im gottgesandten, sanften Traum.
Dann steigt sie auf zur Geisterstunde,
Und singt mit süß bethörtem Munde
Das alte unvergess’ne Lied.
Und wie sie singt, hast du vergessen,
Daß dir der Tag nichts hat gebracht,
All jenes Glück – im Traum der Nacht.
Kein Licht, kein Haus.
Muß wieder weiter wandern,
Obgleich der Abend naht.
Die Winde mich umtosen,
Verweht liegt jeder Pfad.
Als es geschaut ein Haus,
Wie wollt’ es ruh’n und träumen
Von seiner Wand’rung aus!
Vergebens war mein Hoffen,
Am trauten Feuerherde
Saß schon ein andrer Mann.
Er lachte, scherzte, koste,
Mit meinem Mägdelein.
Gar märchenhaften Schein.
Die Lichter sind erloschen,
Zum Schlummer alles geht,
Weiß keiner, daß noch draußen
Der zitternd seine Hände
Streckt nun ins Dunkel aus?
Nicht eine Stimme rufet
Ihm zu. – Kein Licht, kein Haus! –