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Neues von der Heiligkreuzkirche zu Gmünd

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Textdaten
Autor: Alfred Klemm
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Titel: Neues von der Heiligkreuzkirche zu Gmünd
Untertitel:
aus: Miscellanea, in: Württembergische Vierteljahrshefte für Landesgeschichte 3 (1880), S. 56-64, hier S. 56-58
Herausgeber:
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1880
Verlag: Kohlhammer
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Erscheinungsort: Stuttgart
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Originalherkunft:
Quelle: Google-USA* und Commons
Kurzbeschreibung:
Siehe auch Schwäbisch Gmünd
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[56]
Miscellanea
von
Diakonus Klemm in Geislingen.
I. Neues von der Heiligkreuzkirche zu Gmünd.

Was ich hier neues mitzutheilen vermag, bezieht sich nicht sowohl auf die erste Entstehung dieser Kirche, als auf spätere Zeiten, namentlich auf den durch den Einsturz der beiden Thürme am 22. März 1497 bedingten Neubau derselben.

1. Man war seither der Meinung, Matthäus Böblinger von Eßlingen sei der Leiter dieses Neubaues gewesen[1], welcher sich nicht nur auf die unmittelbar zerstörten Theile zwischen Langhaus und Chor beschränkte, sondern eine neue Einwölbung der ganzen Kirche nach allen Theilen zur Folge hatte. Jene Meinung rührte daher, daß man, mit dem wirklichen Meister unbekannt, leicht auf die Annahme geführt wurde, da Böblinger 1496 in Gmünd gewesen war und Rath (wegen der baufälligen Thürme?) gegeben hatte, so werde ihm auch 1497 wieder die Leitung des Neubaues anvertraut worden sein. Unterstützt wurde sodann die Annahme theilweise durch die Behauptung, es finden sich an den restaurirten Theilen Böblinger’sche Steinmetzzeichen. Schon dies ergibt sich bei näherem Zusehen als unrichtig. Aber es bedarf gar keines weiteren Streites dagegen. Denn in Wahrheit hat sich der wirkliche Meister, oder sagen wir gleich, haben sich die wirklichen Meister des Umbaues so deutlich als möglich am Gewölbe selbst verewigt. Und zwar ist dies geschehen an der Stelle, wo es in jener Zeit gewöhnlich geschah, am östlichen Theil des Chorgewölbes, und in der Form, welche damals wenigstens bei uns zu Land Regel war, durch Anbringung von Schilden mit entsprechendem Inhalt an diesem Gewölbetheil, die, wie besonders oft bei den Baumeistern, von Engeln gehalten erscheinen. Blicken wir also in dem östlichsten Theil des Chors im Chorumgang zwischen dem Hochaltar und dem Ostfenster in die Höhe, so trifft unser Auge zunächst in der Mitte des Netzgewölbes oben auf 4 Schilde mit Wappen, die noch nicht die gesuchten sind, aber doch viel Interesse bieten und daher gleich näher besprochen seien. Auf dem einen derselben erscheint ein Einhorn, das bekannte Wappen der Stadt Gmünd. Auf dem zweiten der einköpfige Adler, der sie als alte Reichsstadt kennzeichnet. Auf dem dritten ein doppelköpfiger Adler, offenbar das Symbol des damaligen Kaisers. Auf dem vierten 3 Leoparden. Bei diesem Wappen denkt man natürlich zuerst an die Hohenstaufen, zumal wenn man eben von Kloster Lorch herkommt und dort die Kaiserbilder mit ihren Wappen näher betrachtet hat. Aber nothwendig wird man dann wieder stutzig und fragt: was soll das staufische Wappen um 1500? Gleichwohl läßt sich nachweisen, daß die Gmünder um jene Zeit noch oft und gerne des alten Zusammenhangs ihrer Stadt mit dem staufischen Herrscherhaus gedachten, und in dieser Erinnerung da und dort das Wappen derselben neben andern anbrachten (ähnlich wie das württembergische Königswappen das alte staufische wieder in sich [57] aufgenommen hat). So kommen eben die 4 hier beschriebenen Wappen an der sogenannten Schmalzgrube vor, wo die auf die 2 Ecksäulen verteilten Worte PLVS VLTRA die Zeit des Kaisers Karl V. andeuten, dem dieser Wahlspruch zugehörte. Ebenso erscheint das staufische Wappen neben Einhorn, Reichsadler und einem andern (dem Klosterwappen) auf einer Holztafel im dortigen Augustinerkloster, die nach den Formen der Schilde gleichfalls um 1500 gefertigt ist, wobei dann die Inschrift noch die besondere Beziehung auf Kaiser Konrad als Gründer dieses Klosters (1140) hervorhebt.

Neben den beschriebenen Wappen nun, deren Bedeutung wir in dem Satz: „Die althohenstaufische Reichsstadt Gmünd hat diesen Bau ausgeführt“ zusammenfassen können, mehr abwärts am Gewölbe gegen Osten, unmittelbar über dem Chorfenster, finden sich die 2 von Engeln gehaltenen Schilde, um welche es uns vornehmlich zu thun war. Die sollen neben dem Bauherrn jetzt auch die Meister kundgeben, unter deren Leitung der Bau geschehen, diese Gewölbe gefertigt worden sind. Von dem einen derselben sind wir so glücklich, sofort auch den Namen angeben zu können. Es ist der Baumeister Albrecht Georg, betreffs dessen ich vorerst auf meine Nachweisungen in den Besondern Beilagen zum Staatsanzeiger für Württemberg 1875 Nr. XXVII verweisen muß, Ausführlicheres mir vorbehaltend. Das Wappen in seinem für den Beschauer links stehenden Schild ist nemlich kein anderes als das von dorther wohl bekannte „Sternenwappen“[2]. (Nur Eines sei hier über ihn noch beigefügt, daß derselbe Meister kraft seines Wappens auch Hauptbaumeister von der Cannstatter Stadtkirche gewesen ist).

Auf dem andern Schild rechter Hand findet sich ein richtiges Steinmetzzeichen. Sein Träger ist aber bis jetzt nicht näher bekannt. Es kann nur das gesagt werden, daß das Zeichen eins ist mit einem, das im Chor der Speyrer Kirche zu Ditzingen, OA. Leonberg (aus der Zeit von 1512) sich findet; der Symmetrie wegen ist es in Ditzingen umgedreht, und so abgebildet in den Schriften des Württ. Alterthumsvereins II, 2. Tafel Nr. 74.

Sind hiemit die wirklichen Meister des Neubaus erkannt, so ist natürlich nicht ausgeschlossen, daß Böblingers Rath dazu mitgewirkt hätte. Daß er aber den Bau nicht selbst ausführte, folgt schon daraus, daß er 1505 starb, während der Umbau zu Gmünd nach der im westlichen Gewölbe des Mittelschiffs erscheinenden Jahreszahl erst 1521 vollendet worden ist. Rath hat z. B. auch der Nördlinger Kirchenmeister Stefan Weyrer 1507 und 1513 gegeben (Mayer, Nördlingen 135 f.).

2. Der Meister der herrlichen Chorstühle in edelster Renaissance hat sich bekanntlich an der Brüstung des ersten Stuhles rechts selbst verewigt durch Anbringung seines Wappens, eines eingelegten Schildes quergetheilt von braun und gelb mit einem 6strahligen Stern in abwechselnden Tinkturen; er hat dabei seinen Namen in dem (bisher so viel ich weiß, nicht aufgelösten) Monogramme A D mit der Jahreszahl 1550 angedeutet. Ebenso ist an der Brüstung des gegenüberliegenden Stuhls ein Wappenschild eingelegt, in welchem ein nach unten offener Zirkel erscheint, zu beiden Seiten desselben vertheilt das Monogramm P A, der Zirkel oben begleitet von 2 Rosen, unten von einem Stern, dessen Strahlen je von braun (grün?) und gelb getheilt sind. Ueber dem Schild erscheint eine Lilie, darüber die Zahl 1718, zu beiden Seiten vertheilt das Monogramm R N. Es scheint fast, daß diese obern Zeichen wieder für sich besonders gefaßt werden müssen als Hinweis auf einen spätern Restaurator, da das Monogramm im Wappenschild auf den Schreinermeister [58] Peter Albrec (Albrecht), einen eingewanderten Franzosen, zu deuten sein soll, der im ersten Viertel des 17. Jahrhunderts thätig gewesen ist.

Interessant ist nun, daß auch an der Kanzel, was bisher nicht erforscht war, wenn gleich der Stil derselben es nahe legte, urkundlich die beiden Hauptmeister der Chorstühle nachweisbar sind. Nemlich an dem ersten Feld der Kanzelbrüstung gegen Westen hin kehrt das Monogramm A D wieder, dagegen auf dem sichtlich späteren Schalldeckel (dessen untere tragende Platte aber noch dem ältern Meister angehört) vorn in der Mitte der 6 strahlige Stern mit den abwechselnden Tinkturen in jedem Strahl.


  1. Doch sieht bereits die Oberamtsbeschreibung von Gmünd, vom Jahr 1870, von dieser Ansicht ab.
  2. d. h. ein Sparren, von 3 Sternen begleitet.