Zum Inhalt springen

Neujahr 1888!

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
Autor: Rudolf Lavant
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Neujahr 1888!
Untertitel:
aus: Der Wahre Jacob
Herausgeber:
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1888
Verlag: J. H. W. Dietz
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Stuttgart
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Scan
Kurzbeschreibung:
Der Wahre Jacob, Nr. 48, Seite 384
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
Bearbeitungsstand
korrigiert
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal Korrektur gelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
[[index:|Indexseite]]

[384]

Neujahr 1888!

Ob stürmisch sei die Nacht und rauh,
Erfüllt vom wirren Tanz der Flocken,
Ob uns die Nachtluft lind und lau
Zu spätem Schwärmen mag verlocken ―

5
Es bricht, wenn dumpf vom Thurme hallt

Der Schlag der mitternächt’gen Stunde,
Mit lang gebändigter Gewalt
Der Jubel aus in weiter Runde.

Und wenn die Gläser hell und klar

10
Und fröhlich aneinanderklingen,

So scheint’s, als müsse dieses Jahr
Erfüllung unsern Wünschen bringen,
Den Frieden nach verworr‘nem Streit,
Für alle Unbill volle Rache,

15
Das freie Wort, Gerechtigkeit,

Den schönen Sieg der guten Sache.

Wenn dann ein schmuckes, schönes Kind,
Das Glas entgegen dir gehalten
Und „Prost!“ gerufen in den Wind ―

20
Wer zöge seine Stirn in Falten?

Wer sähe nicht das neue Jahr
In ihr beim vollen Klang der Glocken,
Mit hellem blauen Augenpaar,
Mit krausen, seidenweichen Locken?

25
Es ist ein freundlich-liebes Bild

Und gern magst du bei ihm verweilen.
Den Schmerz der Wunde lindert’s mild,
Vermag es sie auch nicht zu heilen.
Sie ist noch jung ― ein blühend Reis,

30
Das noch kein Wettersturm getroffen,

Und wärest du ein müder Greis ―
So lang du Mensch bist, mußt du hoffen!

Die Hoffnung läßt nicht untergeh’n
Und nimmer senkt sie ihre Fahnen,

35
Und wenn wir auch im Kampfe steh’n,

So gehen aufwärts doch die Bahnen.
Wohl magst, getroffen bis in’s Mark,
Als Einzelner du unterliegen ―
Die Menschheit aber, groß und stark

40
Und ewig jung, wird spielend siegen.


Du magst als welkes Blatt verweh’n
In kalter Stürme tollem Wüthen ―
Der Baum wird doch im Lenze steh’n,
In neuem Laub, beschneit mit Blüthen.

45
Vergebens hofft nur die Gewalt,

Wie oftmals sie auch noch gewinne,
Und wo ein „Prosit Neujahr!“ schallt,
Wir rufen’s mit in unserm Sinne!
                                                  R.L.