Neujahrsgruß auf der Landstraße
[892] Neujahrsgruß auf der Landstraße. (Zu dem Bilde S. 889.) Wie das schneit! Wie geschäftig eilen die Flocken am Sylvestertage über Berg und Thal. Es ist, als ob der Wettergeist des alten Jahres den Menschen zeigen wollte, was er kann. Und ehe der kurze Tag sich zum Abend neigt, hat er sein Werk vollbracht. Verschneit ist Weg und Steg; verweht sind die Schienenstränge; der Verkehr ruht. Da hat das Wetter den Menschen einen Strich durch die Rechnung gemacht; was noch im alten Jahre erreicht werden sollte, es liegt unerreichbar da. Auf zahllosen Stationen liegen die vielen Passagiere und müssen in Wartesälen die Sylvesternacht feiern – so fernab von den Lieben und bei einem mitunter so fraglichen Punsch! Erst am Morgen des Neujahrstages naht die Erlösung in Gestalt der alten gelben Postkutsche. Lustig klingt das Schellengeläute, fröhlich schmettert das Posthorn und in alter Väter Weise sucht im neuesten Jahre der moderne Mensch sein Ziel zu erreichen. Und drüben aus dem Thal klingt ein anderes Horn herüber, da kommt ein anderer Postschlitten, und als die beiden Kutschen sich kreuzen, halten die „Schwäger“ und tauschen Neujahrsgrüße aus. Sie scherzen über den Schneefall und verspotten das Dampfroß, das in einem bißchen Schnee nicht vorwärts kann. Die alte Post wird als Retterin in der Not gepriesen.
„Hat’s gut angefangen, das Jahr?“ fragt der eine Postillon.
„Umsonst hab’ ich nicht zu blasen brauchen,“ erwiderte der andere mit einem behaglichen Blick auf die freundliche Reisegefährtin, die seinen Sitz auf dem Bock teilt.
„Ich auch nicht,“ versicherte der andere. „Die haben ordentlich in die Taschen gegriffen!“ und weist mit einem Kopfnicken auf seine Passagiere hin. „Prost Neujahr, Schwager! Hoiho!“ *