Oberlandesgericht München – Abweichung von Baugenehmigung 2

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Autor: Oberlandesgericht München
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Titel: Auszug aus einem Urtheile des k. Oberlandesgerichts München vom 30. Mai 1885
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aus: Amtsblatt des K. Staatsministeriums des Innern, Königreich Bayern, Band 1885, Nr. 22, Seite 176–177
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Kurzbeschreibung: Eine Baugenehmigung besteht aus Plänen und besonderen Anordnungen der Genehmigung. Beides ist zu beachten.
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[176]

Auszug aus einem Urtheile des k. Oberlandesgerichts München vom 30. Mai 1885.

in der Sache gegen die Bäcker- und Bierwirths-Ehefrau Fanny P. in B. wegen verbotswidriger Bauführung.

Nach § 11 der gemäß Art. 2 Ziff. 11 des Pol.-Straf-Ges.-Buches den § 367 Nr. 15 des Straf-Ges.-Buches ergänzenden, die allgemeine Bauordnung für die Landestheile rechts des Rheins enthaltenden, kgl. Verordnung vom 19. September 1881 müssen sämmtliche Bauarbeiten bei Bauführungen jeder Art nach Maßgabe des genehmigten Planes und der etwaigen besonderen Anordnungen ausgeführt werden, und in § 90 Abs. 1 derselben Verordnung ist vorgeschrieben, daß bei Genehmigung der Baugesuche die allenfalls veranlaßten besonderen Anordnungen nicht blos durch deutliche Einzeichnung in die Pläne, sondern auch durch ausdrückliche Aufnahme in die Ausfertigung der Genehmigung den Bauunternehmern kundgegeben werden müssen. Die besonderen Anordnungen der Baupolizeibehörde sind daher ein Bestandtheil des genehmigten Bauplans, und eine Abweichung von denselben bei der Ausführung des Baues begründet eine Abweichung von dem genehmigten Bauplane. Nachdem nun, wie feststeht, die Angeklagte als Bauherr bei Ausführung der Erhöhung ihres Wohnhauses durch Aufsetzen eines Stockwerks auf dasselbe, sohin bei Vornahme einer Hauptänderung, zu welcher gemäß § 6 Abs. 1 und § 7 Ziff. 1 der Bau-Ordnung die baupolizeiliche Genehmigung zu erholen war, die in den genehmigten Bauplan eingezeichnete und ihr kundgegebene besondere Anordnung, daß die Treppe vor dem Hause beseitigt und in das Innere des Gebäudes verlegt werden müsse, nicht befolgte, so hat sie die Ausbesserung ihres Wohnhauses mit eigenmächtiger Abweichung von dem durch die Behörde genehmigten Bauplane ausgeführt und sind somit alle Voraussetzungen des § 367 Nr. 15 des Straf-Ges.-Buches gegeben.

Hieran ändert nichts, daß die Freitreppe bisher schon bestand, für ihr Fortbestehen eine baupolizeiliche Genehmigung nicht erforderlich war, daß dieselbe bei den am Hause vorgenommenen baulichen Aenderungen mit Beziehung auf die Bauführung nicht in Frage zu kommen hatte, und daß ihre Verlegung in’s Innere des Gebäudes aus Rücksichten des öffentlichen Interesse verlangt wurde. Denn der Baupolizeibehörde steht nach der Bauordnung die Befugniß zu, bei Genehmigung eines Bauplanes zur Ausführung von Hauptänderungen an Haupt- oder Nebengebäuden besondere Anordnungen zu treffen, ohne Unterschied, ob aus Rücksichten der Bauführung oder aus Rücksichten des öffentlichen Interesses, dessen Wahrung ohnehin schon im Begriff der Polizeigewalt liegt, und gemäß § 84 Abs. 2 der Bauordnung in Bausachen unter allen Umständen maßgebend sein muß. [177] Die Frage, ob die in Rede stehende Treppe in der bisherigen Weise fortbestehen dürfe oder nicht, ist sonach keine selbstständige, von der durch das Baugesuch der Fanny P. veranlaßten Bauführung unabhängige, sondern unterliegt zugleich mit der Prüfung der vorgelegten Baupläne der Entscheidung durch die Baupolizeibehörde. Gegen die Verfügung der letztern steht dem Bauunternehmer gemäß § 96 mit § 84 der Bauordnung das Beschwerderecht zur Kreisregierung zu, den Gerichten aber ist die Nachprüfung der Frage, ob die besonderen Anordnungen der Baupolizeibehörde gerechtfertigt sind oder nicht, entzogen. Durch die Freisprechung der Angeklagten ist daher der § 367 Nr. 15 des Straf-Ges.-Buches verletzt worden.