Oberlandesgericht München – Konkubinat 2
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in der Sache gegen den Kolonisten Heinrich Sch. in Kl. und die Gütlerstochter Anna Sp. daselbst wegen Konkubinats.
Unbehelflich ist der Einwand, es liege ein häusliches Zusammenleben nicht vor, nachdem Sch. mit seiner Frau, nicht mit der Angeklagten Anna Sp. zusammenwohne und ein eigenes Schlafgemach habe. Denn das häusliche Zusammenleben nach Art. 50a des Polizeistrafgesetzbuches erfordert zu seinem Begriff keineswegs, daß die treffenden Personen zusammenwohnen, oder gar, daß sie ein gemeinsames Schlafgemach haben. Ob ein Zusammenleben im Sinne 50a besteht, bemißt sich nach den Umständen des Falls. Dies ist im Gesetze dadurch zum Ausdruck gekommen, daß dasselbe statt der Worte des Entwurfs „in einer Wohnung zusammenleben“ die Fassung „häuslich zusammenleben“ gewählt hat. Hiedurch sollte, um einer Umgehung der Strafvorschrift vorzubeugen, ausgesprochen werden, daß der Richter nach freier Ueberzeugung zu beurtheilen habe, ob das unsittliche Verhältniß der Betheiligten, mögen dieselben eine gemeinschaftliche Wohnung im engeren Sinne innehaben, oder in verschiedenen Zimmern, oder selbst in verschiedenen Stockwerken desselben Hauses wohnen, als häusliche Gemeinschaft und damit als eine Nachbildung des ehelichen Lebens zu betrachten ist (Verhandl. der Kammer der Reichsräthe von 1881/82 Prot. Bd. I S. 509). Wenn daher im vorliegenden Falle das Berufungsgericht in Würdigung aller einschlägigen Umstände ein häusliches Zusammenleben der beiden Angeklagten als gegeben angenommen hat, so liegt dieser Feststellung keine irrige Rechtsanschauung zu Grunde. [7]
Was die weitere Bemängelung der Beschwerdeführer betrifft, Heinrich Sch. könne, weil er verehelicht ist und mit seiner Frau zusammenwohnt, nicht mit der Angeklagten Anna Sp. in einem einer Ehe ähnlichen geschlechtlichen Verhältniß leben, so macht das Gesetz in dieser Beziehung keinen Unterschied. Es bedroht alle Personen mit Strafe, welche, ohne miteinander verehelicht zu sein, in der im Art. 50a des Polizeistrafgesetzbuches bezeichneten Weise in Geschlechtsverbindung fortgesetzt häuslich zusammenleben. Denn auch eine verheirathete Person kann mit einer anderen fortdauernd in außerehelicher Geschlechtsverbindung leben, und ein solches Verhältniß ist noch mehr als eine zwischen zwei unverehelichten Personen bestehende Geschlechtsverbindung geeignet, öffentliches Aergerniß zu erregen, zumal wenn der Ehegatte mit den unter sich in außerehelicher Geschlechtsverbindung Stehenden zusammenlebt.
Aber auch der in der Revision noch hervorgehobene Umstand, daß die den Angeklagten zur Last liegende That zugleich als ein Vergehen des Ehebruchs sich darstellt, ist ohne Belang, da durch eine und dieselbe Handlung mehrere Strafgesetze verletzt werden können, und das Vergehen des Ehebruchs die Merkmale des Thatbestandes einer Uebertretung nach Art. 50a des Polizeistrafgesetzbuchs nicht begrifflich in sich schließt