Oberlandesgericht München – Straßenreinigung

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Autor: Oberlandesgericht München
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Titel: Auszug aus einem Urtheile des k. Oberlandesgerichtes München vom 18. Mai 1888
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aus: Amtsblatt des K. Staatsministeriums des Innern, Königreich Bayern, Band 1888, Nr. 25, Seite 231–232
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Kurzbeschreibung: Pflicht zur Straßenreinigung ist unabhängig von deren Verwaltung
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Auszug aus einem Urtheile des k. Oberlandesgerichtes München vom 18. Mai 1888
in der Sache gegen den Handelsmann Josef H. von A. und Genossen wegen Übertretung in Bezug auf öffentliche Reinlichkeit.

Nach ortspolizeilicher Vorschrift müssen in A. die sämmtlichen Ortsstraßen wöchentlich zweimal von jedem Ortseinwohner auf die ganze Länge seines an die Ortsstraße anstoßenden Besitzthums bis zur Mitte der Straßenbreite gereinigt werden. Die Angeklagten wurden wegen Unterlassung dieser Reinigung in erster und zweiter Instanz verurtheilt.

Der Einwand der Angeklagten, daß die Straße, an welcher sie ihre Anwesen besitzen, von der Ortsgemeinde nicht übernommen, sondern ein Theil der zum Orte A. führenden Distriktsstraße K.–A. sei, sowie daß die Reinigung bisher vom Distriktsstraßenwärter geschehen sei und auch nur diesem obliege, wurde vom Berufungsgerichte damit wiederlegt, daß unter den sämmtlichen Ortsstraßen im Sinne der ortspolizeilichen Vorschrift alle Straßen des Ortes A., welche in demselben sind oder ihn durchziehen, mögen sie nun Behufs ihrer Unterhaltung vom Distrikte oder von der Ortsgemeinde übernommen sein, zu verstehen seien, und daß die Thätigkeit des Distriktsstraßenwärters, das Abziehen des Kothes, nur die Unterhaltung des treffenden Straßentheils bezwecke, die Reinigung aber dem Angrenzer obliege, der auch allein für den Vollzug der polizeilichen Anordnung haftbar sei. Der Revision kann eine Folge nicht gegeben werden.

Inwieweit die Gemeindeverwaltungen befugt sind, auf Grund des Art. 38 der Gemeindeordnung vom 29. April 1869 (Ges.-Bl. [232] S. 865 fg.) von den Ortseinwohnern eine Leistung (einen Gemeindedienst) in Bezug auf die Reinigung der Ortsstraßen zu verlangen und ob eine solche Leistung auch mit Bezug auf eine in den Ortsbezirk sich erstreckende Distriktsstraße auferlegt werden könne, ist hier ebensowenig zu untersuchen, als die Frage, welcher Gemeinde, ob der Orts- oder der Distriktsgemeinde, die Unterhaltung der betr. öffentlichen Straße oder des betr. Straßentheils zur Last fällt. Denn diese Fragen sind verwaltungsrechtlicher Natur (vergl. Art. 8 Ziff. 30 und 34 des Ges. vom 8. August 1878, die Errichtung eines Verwaltungsgerichtshofes etc. betr., Ges.- u. Vdgs.-Bl. S. 369 fg.), und wer sich in diesen Richtungen durch eine Anordnung der Verwaltungsbehörde beschwert fühlt, hat im Verwaltungsrechtswege Abhilfe zu suchen. Der Art. 38 der Gemeindeordnung hat keinen Bezug auf die Verpflichtungen, welche den Ortseinwohnern nach polizeilichen Vorschriften obliegen und, soviel die Hausbesitzer betrifft, durch Art. 44 Abs. 2 der Gemeindeordnung ausdrücklich vorbehalten worden sind.

Die hier in Rede stehende ortspolizeiliche Vorschrift vom 6. April 1875, welche jeden Ortseinwohner verpflichtet, die Ortsstraße auf die ganze Länge seines an dieselbe anstoßenden Besitztums bis zur Mitte der Straßenbreite zu reinigen, wurde vom Gemeindeausschuß von A. auf Grund der Art. 1 und 3 des Pol.-St.-G -B. vom 26. Dezember 1871 zu Art. 2 Ziff. 6 dieses Gesetzbuches und zu §. 366 Nr. 10 des R.-St.-G.-B. erlassen, durch Regierungsentschließung vom 29. Oktober 1875 für vollziehbar erklärt und bei der Gemeindeversammlung im Rathhause zu A. am 16, April 1876 nach geschehener öffentlicher Bekanntmachung publizirt, ist im Hinblick auf diese Gesetzesbestimmungen und auf Art. 140 der Gemeindeordnung in gesetzmäßiger Weise entstanden und hat sonach als Ergänzungsvorschrift zu §. 366 Nr. 10 des St.-G.-B. verbindliche Kraft. Ihr Geltungsbereich ist gemäß Art. 3 des P.-St.-G.-B., wonach die Gemeindeausschüsse zur Erlassung für den Ortspolizeibezirk verbindlicher Vorschriften berechtigt sind, der Ortspolizeibezirk.

Nachdem nun der Inhalt der ortspolizeilichen Vorschrift ausschließend polizeilicher Natur ist und als Ergänzungsvorschrift zu §. 366 Nr. 10 des St.-G.-B. die daselbst der Landesgesetzgebung vorbehaltene, auf die Erhaltung der Sicherheit, Bequemlichkeit und Reinlichkeit der Straßen abzielende Polizeiverordnung bildet, so folgt aus dem Gesagten, daß dieselbe sich auf den ganzen Ortspolizeibezirk, auf alle in demselben gelegenen Straßen und Straßentheile bezieht und jeden Ortseinwohner, dessen Besitzthum an eine im Ortspolizeibezirk gelegene Straße angrenzt, verpflichtet, mag die Unterhaltung der Straße und die zu diesem Zwecke erforderliche Reinigung derselben der Orts- oder der Distriktsgemeinde obliegen.