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Ode an Zeesen

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Autor: Klabund
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Titel: Ode an Zeesen
Untertitel:
aus: Die Harfenjule
S. 53 - 58
Herausgeber:
Auflage: 1. Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1927
Verlag: Die Schmiede
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Erscheinungsort: Berlin
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Scans auf Commons
Kurzbeschreibung:
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[53]
Ode an Zeesen.
(Für Dr. Ernst Goldschmidt)

Aus Jupiters Hand geschleudert / Donnerkeil / Im Juligewitter / Mein steinernes Herz / Du glühst nicht mehr –

[54] Aus den Sternen gestürzt / Aus den Wolken geschüttet / Bruch / Wolkenbruch / Blitz / Donner / Aufschlagend am Feldstein / Regenbogen / Verwirrt im Dorngesträuch / Du siebenfarbener Schleier / Zerfetzt / Ihr kleinen Heckenrosen / Ihr willigen Trösterinnen / Ihr haltet das flatternde Band der Tristitia.

Verwundet / Verwundert / Erblickt / Zwischen zwei ragenden Föhren / Das graue Auge / Den goldenen Tag / Blauer See / Blauer lauer See / Mückensingsong / Linde Ufer / Und der Winde Rufer / Springen durch das Korn / Unter ihren kühlen Sohlen / Beugen die heißen Halme sich zärtlich / Richten sich zärtlich auf / Und winken / Dem so herrlich taumelnden Mittagswinde nach.

Drüben vom Jenseits / Drüben vom Jenseits des Sees / Ruft der Kuckuck / Allen Lebenden ruft der Kuckuck / Tausend lebendige Jahre zu.

Hinein mit einem Hechtsprung / Zu den Hechten und Barschen / Hinaus aus den Binsen / In die schaumige Weite / Aufscheuchend die Frösche / Welche geblähter Kehle / Die Liebe locken die Liebste locken / Voll geiler Gier / Fische selbst und faulendes Holz bespringen / Denn es rast die Liebe in den Geschöpfen / Kitty die Hündin ist läufig / Und Bodo der Hund / Jault die Tage und Nächte nach ihr / Nimmt das Fressen nicht und magert bis auf die Rippen / Auf dem Dachfirch schnäbeln die Tauben / Im Wasser / Tanzt der Gründlinge silberner Reigen / Im Schilf / Jagen und jachtern blauschillernde Libellen / Und auf den Wogen des Sees / Sieh die Taucher schlank weißlichen Halses mit gelbem Kropf / Immer zu zweit / Segeln die Liebenden / Und auf dem Rücken trägt sorglich die Mutter / Die flaumige Zukunft das krächzende Kind.

Auch wir / Mädchen / Geliebte / Frau / Mensch / Immer zu zweit zu zweit seit zweien Jahren / Schwimmen wir auf den Wassern des Lebens / Auf den Zeesener Gewässern / Dahme Middelwede und großer Peetz.

[55] Aus dem Luch / Erhebt sich ein Wind der wie Fuchs auf der Lauer lag / Zwischen Heidelbeerkraut und Moosen / Er springt dem See in den silbernen Nacken / Daß die Gischt aufspritzt wie weißes Blut / Es wogen die Wellen / Es wogen die Binsen / Es wogen die Felder / Es wogen die Wipfel der Bäume / Wir selber treiben auf den Wellen / Wie Wasser Gras und Buchenkrone / Auf und nieder / Auf und nieder / Auf und nieder.

Zurück an den Strand / Jetzt Sonne recke den feurigen Schild / Ueber unsre dampfenden Leiber / Zu heiß du flammender Ritter trifft uns dein roter Speer / Ihr schattenden Bäume / Vom Borkenkäfer durchwandert / Vom Specht beklopft / Ihr schattet mein müdes / Im Zittergras versinkendes Haupt / Ihr fächelt mit euren grünen Armen / Mit euren blättrigen Händen / Mir Trost und Vergessen zu / Sei bedankt / Geliebtes Geschwister / Akazie / Wie gerne starb ich den Schlaf / In deinen kühlen Armen / Wie gerne will ich den Tod / Einst in deinen Armen verschlafen / Will ich in deinem feuchten Schatten / Ach noch viele Ewigkeiten verschlafen / Wenn die grelle Mittagssommersonne / Die gemähte Stoppelwiese dörrt / Und zu meinen Füßen / Dämmert verdämmert Bodo der Hund.

He Bodo / Hierher Bodo / Wolfssohn / Willst du wohl die Gänse nicht scheuchen / Die heiligen Träger des Daunenschlafes / Die gütigen Behälter des Gänsefettes / Wackelnd mit den feisten dermaleinst gebratenen Gänsekeulen.

Ganz von fern wie ferner Krieg / Rollen / Auf der Königswusterhausener Bahn die Güterzüge.

Und ich sitze nackt auf der Veranda / Wie des Sommers Gott / Sitz ich nackt und faul auf der Veranda / Violett umblühen mich Bethulien / Mich umtanzen / Dicke Fliegen Filigran von Mücken / Pfauenauge und Zitronenfalter / Und ich hock und freß wie ein Kaninchen / Frischen mildesten [56] Salat / Kohlrabi / Auch gezuckerte Johannisbeeren / Und danach ein Glas / Erdbeerbowle / Wie ein Mensch / Wie ein Gott / Und ich sitz und schwitz und freß und sauf / Und ich denk und träume / Nichts / Träum und denk das Nichts vom Nichts des Nichtses / Bin am Ende meiner Kräfte / Und am Anfang aller Seeligkeit.

Hochbeladen mit dem gelben Korn / Schwankt der Wagen in die Scheune / Und das brave Pferd umspringen bellend / Sieben schwarz und weiße Wolleknäuel / Sieben Terrier Bosko Fatty Step / Tipsy Kitty Bill und Fap / Aus dem offenen Stall fegt eine Schwalbe / Drin im Stalle säugt die Kuh das Kälbchen.

Zwischen Bäumen / Wachsen schlanke steile dünne Eisensäulen / In den Horizont / Die Funktürme von Königswusterhausen / Hier Königswusterhausen auf Welle 1300 / Achtung Achtung Achtung / Der Dichter Klabund spricht eigene Verse.

Er spricht mit abgehackter blecherner Stimme / Dieweil er im Grase liegt – Das rechte Ohr an die Erde gepreßt / Horcht er auf den Herzschlag der Erde / Und auf den Wanderschritt des Maulwurfs / Er wirft die Worte in die Luft / Wie nicht entzündete Raketen / Sie brennen nicht / Sie leuchten nicht / Sie fallen zischend ins feuchte Gras / Achtung Achtung Achtung / Hochachtung Hochachtung Hochachtung / Ganz besondre Hochachtung / Ihm lauscht kein Mensch kein Wesen kein Tier / Die Luft spielt mit den Worten wie mit Brennesselsamen / Sie weht sie da und dorthin / Einige Participia bleiben in einer Koniphere hängen / Ein strahlendes Adjektiv treibt Bauch nach oben wie ein toter Fisch im See.

Aber ein liebliches Präpositum / Fiel in einen Baumritz / Einer Dryade in die Augenbrauen / Und kitzelte sie aus dem Schlaf / Zierlich trat sie aus dem dunklen Baumstamm ins grelle Licht / Und stand geblendet – / Da begannen die Grillen zu zirpen / Die Heuschrecken musikalisch ihre Hinterbeine zu reiben / Und der Jazz [57] des Sommers rauschte auf / Meckernd fielen die Ziegen ein / Die Kuh blökte die Hunde bellten die Gänse schnatterten / In der Ferne Gewittergrollen / Die dumpfe Pauke des Donners / Gott sitzt am Schlagzeug / Yes Sir that’s my baby / Da stampfte die entfesselte Dryade den Charleston / Die braunen rötlich überkupferten Haare fielen ihr mähnig über die Stirn / Wie einem Pony.

Tanz stampf tritt den Boden / Tritt die Erde daß sie dir untertan sei / Die Erde dem Weibe / Wie seit Urbeginn / So heute / Zertritt die Butterblumen im Tanz / Was tuts / Zermalme die kleinen roten Käfer im tollsten Takt / Töte die dir aufspielen zum Tanz mit deinen tanzenden Sohlen / Töte Grille und Heupferd / Tanze tanze / Töte töte / Schon springst du mir in den Nacken / Puma / Und tanzest auf meinen Knabenschultern / Yes Sir yes Sir / Den Jazz des Sommers.

Genug genug wilde Nymphe / Zieh dir den schwarzrotgestreiften Bademantel an / Und komm auf den Tennisplatz / Henry der Trainer wartet schon auf die gnädige Frau / Du schlägst die Bälle / Zwei Dutzend Bälle / Zwei Dutzend Menschenköpfe / Haarscharf übers Netz / Keinen Liebesblick / Keinen Ball / Läßt du aus.

Abends nach dem Essen / Yes Sir yes Sir / Steppst du im blauen Pyjama / Blauer Pyjama blauer Himmel blauer See – Wie ein japanischer Ringer / Mit dem dicken gebräunten Sharakugesicht / Boxt der gewaltige Herr des Gutes / Rittergutes / Raubrittergutes / Zeesen / (Nach der Volkszählung von 1905 besaß der 352 Hektar umfassende Gutsbezirk Zeesen 25 Einwohner) / Boxt die erhabene märkische Majestät / Den Raum / Boxt mit Träumen mathematischen Reihen Börsenkursen und wilden Ziffern / Oberbedarf / Unterbedarf / Mannesmann / Weibesweib / Die Firmen Frisch Frank Fröhlich Frei haben Geschäftsaufsicht angemeldet / Yes Sir that/s my baby / Noch ein Glas Bowle / Elektrisches Licht überm Garten / Sommernachtstraum / Ein Gang noch mit den [58] englischen Terriern / Kitty Bill Tipsy Bosko Fatty Step Fap / Licht aus / Happy-end / Week-end.

Nachts / Schlafe ich schlecht / Durch geöffnete Fenster / Wandert die ganze Unterwelt / Weiße Spinner kommen geflattert mit riesigen roten Augen / Spanische Fliegen mit fetten grünen Bäuchen / Braune Motten und kleine Perlmutterfalter / Summende Mücken sirrende Gnitzen / Ihnen nach die Königin des Dunkels / Ihre Herrin und Vertilgerin / Die gefräßige / Die Fledermaus / Und am Boden raschelts: schwarze Schwaben / Aus der Mauer kriechen Tausendfüßler / Alles lärmt und knackt und surrt und raschelt / Plötzlich trappt und trippelt’s auf den Bohlen / Wie ein Pony trappelt und ein weißes / Tier steht wie gebäumt im Rabenschwarzen / Wie ein Schimmel auf den Hinterbeinen / Hebt die Vorderhufe drohend / Schnaubt gar grimmig durch die Nüstern / Schreien will ich mir verschlägts die Sprache / Da – ein Sprung – das Tier hockt auf dem Bettrand / Und umschlingt mich mit den weißen Armen / Drückt die heißen Lippen auf die meinen / Yes Sir that/s my baby.

Mein steinernes Herz – – – – / Du glühst noch –


[53]
Ode an Zeesen.

          (Für Dr. Ernst Goldschmidt)

Aus Jupiters Hand geschleudert
Donnerkeil
Im Juligewitter
Mein steinernes Herz

5
Du glühst nicht mehr –


[54]
Aus den Sternen gestürzt

Aus den Wolken geschüttet
Bruch
Wolkenbruch

10
Blitz

Donner
Aufschlagend am Feldstein
Regenbogen
Verwirrt im Dorngesträuch

15
Du siebenfarbener Schleier

Zerfetzt
Ihr kleinen Heckenrosen
Ihr willigen Trösterinnen
Ihr haltet das flatternde Band der Tristitia.

20
Verwundet

Verwundert
Erblickt
Zwischen zwei ragenden Föhren
Das graue Auge

25
Den goldenen Tag

Blauer See
Blauer lauer See
Mückensingsong
Linde Ufer

30
Und der Winde Rufer

Springen durch das Korn
Unter ihren kühlen Sohlen
Beugen die heißen Halme sich zärtlich
Richten sich zärtlich auf

35
Und winken

Dem so herrlich taumelnden Mittagswinde nach.

Drüben vom Jenseits
Drüben vom Jenseits des Sees
Ruft der Kuckuck

40
Allen Lebenden ruft der Kuckuck

Tausend lebendige Jahre zu.

Hinein mit einem Hechtsprung
Zu den Hechten und Barschen
Hinaus aus den Binsen

45
In die schaumige Weite

Aufscheuchend die Frösche
Welche geblähter Kehle
Die Liebe locken die Liebste locken
Voll geiler Gier

50
Fische selbst und faulendes Holz bespringen

Denn es rast die Liebe in den Geschöpfen
Kitty die Hündin ist läufig
Und Bodo der Hund
Jault die Tage und Nächte nach ihr

55
Nimmt das Fressen nicht und magert bis auf die Rippen

Auf dem Dachfirch schnäbeln die Tauben
Im Wasser
Tanzt der Gründlinge silberner Reigen
Im Schilf

60
Jagen und jachtern blauschillernde Libellen

Und auf den Wogen des Sees
Sieh die Taucher schlank weißlichen Halses mit gelbem Kropf
Immer zu zweit
Segeln die Liebenden

65
Und auf dem Rücken trägt sorglich die Mutter

Die flaumige Zukunft das krächzende Kind.

Auch wir
Mädchen
Geliebte

70
Frau

Mensch
Immer zu zweit zu zweit seit zweien Jahren
Schwimmen wir auf den Wassern des Lebens
Auf den Zeesener Gewässern

75
Dahme Middelwede und großer Peetz.


[55]
Aus dem Luch

Erhebt sich ein Wind der wie Fuchs auf der Lauer lag
Zwischen Heidelbeerkraut und Moosen
Er springt dem See in den silbernen Nacken

80
Daß die Gischt aufspritzt wie weißes Blut

Es wogen die Wellen
Es wogen die Binsen
Es wogen die Felder
Es wogen die Wipfel der Bäume

85
Wir selber treiben auf den Wellen

Wie Wasser Gras und Buchenkrone
Auf und nieder
Auf und nieder
Auf und nieder.

90
Zurück an den Strand

Jetzt Sonne recke den feurigen Schild
Ueber unsre dampfenden Leiber
Zu heiß du flammender Ritter trifft uns dein roter Speer
Ihr schattenden Bäume

95
Vom Borkenkäfer durchwandert

Vom Specht beklopft
Ihr schattet mein müdes
Im Zittergras versinkendes Haupt
Ihr fächelt mit euren grünen Armen

100
Mit euren blättrigen Händen

Mir Trost und Vergessen zu
Sei bedankt
Geliebtes Geschwister
Akazie

105
Wie gerne starb ich den Schlaf

In deinen kühlen Armen
Wie gerne will ich den Tod
Einst in deinen Armen verschlafen
Will ich in deinem feuchten Schatten

110
Ach noch viele Ewigkeiten verschlafen

Wenn die grelle Mittagssommersonne
Die gemähte Stoppelwiese dörrt
Und zu meinen Füßen
Dämmert verdämmert Bodo der Hund.

115
He Bodo

Hierher Bodo
Wolfssohn
Willst du wohl die Gänse nicht scheuchen
Die heiligen Träger des Daunenschlafes

120
Die gütigen Behälter des Gänsefettes

Wackelnd mit den feisten dermaleinst gebratenen Gänsekeulen.

Ganz von fern wie ferner Krieg
Rollen
Auf der Königswusterhausener Bahn die Güterzüge.

125
Und ich sitze nackt auf der Veranda

Wie des Sommers Gott
Sitz ich nackt und faul auf der Veranda
Violett umblühen mich Bethulien
Mich umtanzen

130
Dicke Fliegen Filigran von Mücken

Pfauenauge und Zitronenfalter
Und ich hock und freß wie ein Kaninchen

[56]
Frischen mildesten Salat

Kohlrabi

135
Auch gezuckerte Johannisbeeren

Und danach ein Glas
Erdbeerbowle
Wie ein Mensch
Wie ein Gott

140
Und ich sitz und schwitz und freß und sauf

Und ich denk und träume
Nichts
Träum und denk das Nichts vom Nichts des Nichtses
Bin am Ende meiner Kräfte

145
Und am Anfang aller Seeligkeit.


Hochbeladen mit dem gelben Korn
Schwankt der Wagen in die Scheune
Und das brave Pferd umspringen bellend
Sieben schwarz und weiße Wolleknäuel

150
Sieben Terrier Bosko Fatty Step

Tipsy Kitty Bill und Fap
Aus dem offenen Stall fegt eine Schwalbe
Drin im Stalle säugt die Kuh das Kälbchen.

Zwischen Bäumen

155
Wachsen schlanke steile dünne Eisensäulen

In den Horizont
Die Funktürme von Königswusterhausen
Hier Königswusterhausen auf Welle 1300
Achtung Achtung Achtung

160
Der Dichter Klabund spricht eigene Verse.


Er spricht mit abgehackter blecherner Stimme
Dieweil er im Grase liegt – Das rechte Ohr an die Erde gepreßt
Horcht er auf den Herzschlag der Erde
Und auf den Wanderschritt des Maulwurfs

165
Er wirft die Worte in die Luft

Wie nicht entzündete Raketen
Sie brennen nicht
Sie leuchten nicht
Sie fallen zischend ins feuchte Gras

170
Achtung Achtung Achtung

Hochachtung Hochachtung Hochachtung
Ganz besondre Hochachtung
Ihm lauscht kein Mensch kein Wesen kein Tier
Die Luft spielt mit den Worten wie mit Brennesselsamen

175
Sie weht sie da und dorthin

Einige Participia bleiben in einer Koniphere hängen
Ein strahlendes Adjektiv treibt Bauch nach oben wie ein toter Fisch im See.

Aber ein liebliches Präpositum
Fiel in einen Baumritz

180
Einer Dryade in die Augenbrauen

Und kitzelte sie aus dem Schlaf
Zierlich trat sie aus dem dunklen Baumstamm ins grelle Licht
Und stand geblendet –
Da begannen die Grillen zu zirpen

185
Die Heuschrecken musikalisch ihre Hinterbeine zu reiben
[57]
Und der Jazz des Sommers rauschte auf

Meckernd fielen die Ziegen ein
Die Kuh blökte die Hunde bellten die Gänse schnatterten
In der Ferne Gewittergrollen

190
Die dumpfe Pauke des Donners

Gott sitzt am Schlagzeug
Yes Sir that’s my baby
Da stampfte die entfesselte Dryade den Charleston
Die braunen rötlich überkupferten Haare fielen ihr mähnig über die Stirn

195
Wie einem Pony.


Tanz stampf tritt den Boden
Tritt die Erde daß sie dir untertan sei
Die Erde dem Weibe
Wie seit Urbeginn

200
So heute

Zertritt die Butterblumen im Tanz
Was tuts
Zermalme die kleinen roten Käfer im tollsten Takt
Töte die dir aufspielen zum Tanz mit deinen tanzenden Sohlen

205
Töte Grille und Heupferd

Tanze tanze
Töte töte
Schon springst du mir in den Nacken
Puma

210
Und tanzest auf meinen Knabenschultern

Yes Sir yes Sir
Den Jazz des Sommers.

Genug genug wilde Nymphe
Zieh dir den schwarzrotgestreiften Bademantel an

215
Und komm auf den Tennisplatz

Henry der Trainer wartet schon auf die gnädige Frau
Du schlägst die Bälle
Zwei Dutzend Bälle
Zwei Dutzend Menschenköpfe

220
Haarscharf übers Netz

Keinen Liebesblick
Keinen Ball
Läßt du aus.

Abends nach dem Essen

225
Yes Sir yes Sir

Steppst du im blauen Pyjama
Blauer Pyjama blauer Himmel blauer See – Wie ein japanischer Ringer
Mit dem dicken gebräunten Sharakugesicht
Boxt der gewaltige Herr des Gutes

230
Rittergutes

Raubrittergutes
Zeesen
(Nach der Volkszählung von 1905 besaß der 352 Hektar umfassende Gutsbezirk Zeesen 25 Einwohner)
Boxt die erhabene märkische Majestät

235
Den Raum

Boxt mit Träumen mathematischen Reihen Börsenkursen und wilden Ziffern
Oberbedarf
Unterbedarf
Mannesmann

240
Weibesweib

Die Firmen Frisch Frank Fröhlich Frei haben Geschäftsaufsicht angemeldet
Yes Sir that/s my baby
Noch ein Glas Bowle
Elektrisches Licht überm Garten

245
Sommernachtstraum
[58]
Ein Gang noch mit den englischen Terriern

Kitty Bill Tipsy Bosko Fatty Step Fap
Licht aus
Happy-end

250
Week-end.


Nachts
Schlafe ich schlecht
Durch geöffnete Fenster
Wandert die ganze Unterwelt

255
Weiße Spinner kommen geflattert mit riesigen roten Augen

Spanische Fliegen mit fetten grünen Bäuchen
Braune Motten und kleine Perlmutterfalter
Summende Mücken sirrende Gnitzen
Ihnen nach die Königin des Dunkels

260
Ihre Herrin und Vertilgerin

Die gefräßige
Die Fledermaus
Und am Boden raschelts: schwarze Schwaben
Aus der Mauer kriechen Tausendfüßler

265
Alles lärmt und knackt und surrt und raschelt

Plötzlich trappt und trippelt’s auf den Bohlen
Wie ein Pony trappelt und ein weißes
Tier steht wie gebäumt im Rabenschwarzen
Wie ein Schimmel auf den Hinterbeinen

270
Hebt die Vorderhufe drohend

Schnaubt gar grimmig durch die Nüstern
Schreien will ich mir verschlägts die Sprache
Da – ein Sprung – das Tier hockt auf dem Bettrand
Und umschlingt mich mit den weißen Armen

275
Drückt die heißen Lippen auf die meinen

Yes Sir that/s my baby.

Mein steinernes Herz – – –
Du glühst noch –