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Philosophie (Tucholsky)

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
Autor: Kurt Tucholsky
unter dem Pseudonym
Theobald Tiger
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Titel: Philosophie
Untertitel:
aus: Ulk Jahrgang 48. Nummer 49. Seite 182
Herausgeber:
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 5. Dezember 1919
Verlag: Rudolf Mosse
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Erscheinungsort: Berlin
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Originaltitel:
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Originalherkunft:
Quelle: UB Heidelberg und Scan auf Commons
Kurzbeschreibung:
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 Philosophie

     Von Theobald Tiger

Der Weise liest in einem Buch.
Und denkt: Dies ist ein Erdenfluch,
daß wir zwar mit dem Kopf im Blauen
den Zimt da unten überschauen;

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jedoch die Beine haften klamm

hienieden auf dem Asphaltdamm.
     So las ich jüngst in einem Blatte,
     das meine Frau aus Pommern hatte:
     „Der Mensch lebt nicht von Kunst allein –

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     es muß auch mal ein Foxtrott sein!“


Welch weises Wort! Der Mann, beseligt,
weil er das niedre Volk befehligt,
nimmt hier und da gelegentlich
ein Bad im Moor. Drin aalt er sich.

15
Es klebt die Konnexion wie Harz

(es reimt sich hierauf Brüder Sklarz).
     Der reinste Mann, am stillen Ort,
     befolgt er jenes weise Wort:
     „Der Mensch lebt nicht von Kunst allein –

20
     es muß auch mal ein Foxtrott sein!“


Und die Theater? Lieben Leute,
wie kommts, daß sich der Thespis scheute,
daß er am ganzen Leibe zittert,
wenn er die Kunst von fern nur wittert?

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Er kennt die Kunst – doch auch die Masse

und denkt an die Theaterkasse.
Und fern von Goethe winkt zum Glück
das Operettenserienstück …
     „Der Mensch lebt nicht von Kunst allein –

30
     es muß auch mal ein Foxtrott sein!“


So wars im Frieden, wars im Krieg.
Und auch mit jener Politik –
Wer hat uns in den Sumpf gerudert?
Die Clowns sind mehlweiß überpudert:

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Mal ein Genral, mal ein Professer,

und das kommt alle Tage besser.
     Für die Erheiterung sorgt doch schon
     der Tanz der lieben Reaktion …
     „Der Mensch lebt nicht von Kunst allein –

40
     es muß auch mal ein Foxtrott sein!“