Philosophie (Tucholsky)
Von Theobald Tiger
Der Weise liest in einem Buch.
Und denkt: Dies ist ein Erdenfluch,
daß wir zwar mit dem Kopf im Blauen
den Zimt da unten überschauen;
hienieden auf dem Asphaltdamm.
So las ich jüngst in einem Blatte,
das meine Frau aus Pommern hatte:
„Der Mensch lebt nicht von Kunst allein –
Welch weises Wort! Der Mann, beseligt,
weil er das niedre Volk befehligt,
nimmt hier und da gelegentlich
ein Bad im Moor. Drin aalt er sich.
(es reimt sich hierauf Brüder Sklarz).
Der reinste Mann, am stillen Ort,
befolgt er jenes weise Wort:
„Der Mensch lebt nicht von Kunst allein –
Und die Theater? Lieben Leute,
wie kommts, daß sich der Thespis scheute,
daß er am ganzen Leibe zittert,
wenn er die Kunst von fern nur wittert?
und denkt an die Theaterkasse.
Und fern von Goethe winkt zum Glück
das Operettenserienstück …
„Der Mensch lebt nicht von Kunst allein –
So wars im Frieden, wars im Krieg.
Und auch mit jener Politik –
Wer hat uns in den Sumpf gerudert?
Die Clowns sind mehlweiß überpudert:
und das kommt alle Tage besser.
Für die Erheiterung sorgt doch schon
der Tanz der lieben Reaktion …
„Der Mensch lebt nicht von Kunst allein –