Pomologische Monatshefte:1. Band:3. Heft:Erfahrungen über das Ringeln
Band 1, Heft 3, Seite 102–103 | |
Eduard Lange | |
Ringelung | |
fertig | |
<<< Die Probe- oder Sortenbäume |
>>> Ueber Aufbewahrung von Winterobst im Freien |
Wenn ein Obstfreund eine Anzahl neuer Obstsorten angepflanzt hat, muß er gewöhnlich lange warten, ehe er die ersten Früchte zu sehen bekommt. Besonders setzt das Kernobst unsere Geduld auf eine schwere Probe. Da helfe ich mir mit dem Ringeln, das mir besonders bei den Aepfelbäumen seit 20 Jahren meistentheils wohl gelungen ist. Ich suche mir nämlich an jedem zu prüfenden Baume einen oder ein Paar mindestens zwei Jahre alte Aeste aus, deren Verlust im Fall des Mißlingens der Krone keinen Schaden bringt, und schneide nun im Frühjahre, wenn der vollsaftige Baum seine ersten Blätter treibt, in die ausgewählten Aeste bis auf’s Holz zwei etwa 1/6 Zoll von einander entfernte Ringschnitte ein, nehme dann sogleich rings um den Ast die ganze Schale zwischen den beiden Ringschnitten heraus, so daß das junge Holz darunter hier völlig blos zu liegen kommt, und nun kein Saft mehr in den Bastzellen von unten nach oben steigen kann. Ist die Sache richtig ausgeführt, so geräth in dem über dem Ringelschnitte liegenden Aste die üppige Vegetation alsbald in’s Stocken und es entstehen statt langer Sommertriebe nun eine Menge [103] Blüthenknospen, welche sich, wenn der Ringelschnitt gegen den Herbst hin wieder verwächst, im darauf folgenden Frühjahre frisch und kräftig zu entwickeln und den gewünschten ersten Früchteansatz zu gewähren pflegen. Auf diese Art habe ich schon von manchem herangezogenen Sämlinge das eine Jahr an diesem, das andere an jenem Aste der kräftigen, vollen Krone schöne und zahlreiche Früchte geerndtet, ohne einen einzigen Ast dabei zu verlieren, während die übrigen nicht geringelten Aeste noch nicht eine einzige Frucht brachten. Doch sind mir auch bisweilen einzelne geringelte Aeste im nächsten Winter erfroren, oder im nächsten Frühjahre, bisweilen, schon reichlich mit Früchten behangen, vom Winde an der Ringelstelle geknickt und herabgebrochen worden. Doch läßt sich das Letztere durch sorgfältiges Anbinden vermeiden.