Pomologische Monatshefte:1. Band:5. Heft:Zwei neue Werkzeuge für den Obst- und Gartenbau

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Pomologische Monatshefte
Band 1, Heft 5, Seite 196–198
Eduard Lucas
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Erfahrungen und Maßregeln eines Obstbaumzüchters
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Ueber den Schnitt des Leitzweiges in Baumschulen
[196]
Zwei neue Werkzeuge für den Obst- und Gartenbau.
Aus der Fabrik der Herren Gebrüder Dittmar in Heilbronn.
1. Die Dittmar’sche Messerzange.

Die verschiedenen bis jetzt bekannt gewordenen Baumscheeren (Secateurs), sowohl die mit feststehender Schraube, als die bei denen die Schraube sich während des Schnittes bewegt (à coulant), haben trotz ihrem großen praktischen Werth den Nachtheil, daß sie mehr oder weniger bei dem Schnitt quetschen und daher eine unreine Wunde hinterließen, und daß mit denselben seitlich stehende Zweige nicht dicht am Entstehungspunkt weggeschnitten werden können. Daß ersteres bei dem Einstutzen von Seitenzweigen in der Baumschule nichts zu sagen hat, bedarf wohl nicht der Erwähnung, so wie überhaupt alle jene Schnitte, welche nicht dicht über einem Auge geführt werden müssen, recht wohl mit scharfen Baum- oder Zweigscheeren (Rebscheeren) ausgeführt werden können.

Zum Beschneiden der Spalierbäume aber, oder anderer symmetrischen Baumformen, so wie zu sehr vielfachen Schnitten in der Baumschule, eignet sich für solche Freunde des Obstbaus, die eine Scheere wegen ihrer bequemeren Handhabung dem Messer vorziehen, die hier abgebildete Dittmar’sche Messerzange, die größtentheils so wie sie jetzt ist, als Erfindung der Herren Dittmar betrachtet werden muß. Dieselbe hat vor allen anderen Scheeren den wesentlichen Vorzug, daß durch eine eigenthümliche [197] Biegung unmittelbar über der Schraube, sich die Schneide seitwärts befindet

und daher bei dem Beschneiden dem Auge stets sichtbar bleibt, so wie, daß man alle Nebenzweige glatt und dicht vom alten Holze wegzunehmen im Stande ist, was andere Scheeren, wie gesagt, nur sehr unvollkommen gestatten und daß eine Quetschung, wenn das Werkzeug scharf gehalten wird und schnell damit geschnitten wird, nicht mehr vorkommt.

Wenn sich der Baumzüchter von Fach nun wohl auch durch die beste Scheere nicht von seinem Gartenmesser wird abwendig machen lassen, so hat dieses Werkzeug doch für den Gartenfreund, besonders zum Beschneiden der Zwergbäume und Spaliere, da man überall damit hingelangen und alle Arten von Schnitten sehr gut damit ausführen kann, große Vortheile und verdient deßhalb mit allem Rechte in diesem Archiv des Obstbaus rühmlichst erwähnt zu werden. Daß man dürre alte Zapfen u. dgl. stärkeres abgestorbenes Holz mit einem solchen fein schneidenden Werkzeug nicht wegnehmen darf, um es in guter Beschaffenheit zu erhalten, braucht wohl nicht erst erwähnt zu werden. Der Preis ist 2 fl. 48 kr. Unsere Abbildung zeigt die Dittmar’sche Messerzange in ½ der wirklichen Größe.

2. Die Ablegerzange.

Es ist, wie ich hörte, dieses Werkzeug eine neuere französische Erfindung und wurde aber durch die Herren Dittmar sehr vortheilhaft abgeändert, so daß dasselbe an praktischem Werthe wesentlich gewonnen hat. Daß die Ablegerzange sowohl zum Ablegen von jungen krautigen Trieben, z. B. zum Ablegen der Stachelbeeren im Sommer, so wie bei Quitten u. dgl. im Frühjahr gebraucht werden kann, versteht sich von selbst, so auch ist zur Vermehrung der Nelken u. a. zarterer Gewächse dieses Instrument von entschiedenem Nutzen.

Die Ablegerzange besteht aus einem fein ausgearbeiteten, einen rechten Winkel bildenden Messerchen, welches den bekannten Einschnitt durch die abzusenkenden Zweige macht. Den zu durchschneidenden Zweig bringt man auf die Stelle, wo er eingeschnitten werden soll, auf den unteren Theil der Zange, wo sich ein kleines Polster von Leder befindet.

Nach kurzer Uebung wird Jeder, der weiß, wie ein Ableger geschnitten werden muß, die Vortheile des hier abgebildeten Werkzeugs erkannt haben. Als eine wesentliche Verbesserung, die den Herren Dittmar zu verdanken ist, verdient genannt zu werden, daß der untere Arm der Zange, der das Polster trägt, nur sehr wenig gebogen [198] ist, wodurch man Zweige, die nahe am Boden sich befinden, viel besser einzuschneiden

im Stande ist, als wenn, wie früher, beide Arme gleich stark oberhalb der Schraube gebogen sind. Sicherheit und Schnelligkeit des Schnitts machen auch dieses Werkzeug für den Baumzüchter recht schätzbar.

Die Abbildung zeigt die Ablegerzange in 1/3 ihrer Größe; dieselbe kostet bei Dittmar 3 fl. 12 kr.

Ed. Lucas.