Pomologische Monatshefte:1. Band:9. Heft:Allgemeines Gartenbuch

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Pomologische Monatshefte
Band 1, Heft 9, Seite 427–428
Eduard Lucas
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Kurze pomologische Bemerkungen
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Schlußwort

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Allgemeines Gartenbuch. Ein Lehr- und Handbuch für Gärtner und Gartenfreunde. Herausgegeben von Dr. Eduard Regel, Redakteur der Gartenflora, bis jetzt Obergärtner am botanischen Garten und Privatdozent in Zürich, nun wissenschaftlicher Director des kaiserlich botanischen Gartens zu St. Petersburg. Erster Band: Die Pflanze und ihr Leben in ihrer Beziehung zum praktischen Gartenbau. Mit 92 in den Text gedruckten Holzschnitten. Zürich bei Schultes. 27 Bg. gr. 8. 2 fl. 36 kr.[WS 1]

Seit dem Erscheinen der zwei Uebersetzungen von Lindley’s Theorie der Gartenkunde vor mehr denn 15 Jahren ist kein Werk in Deutschland herausgegeben worden, welches eine ausführlichere wissenschaftliche Begründung des Gartenbaues enthält. Die landwirthschaftliche verwandte Literatur weist eine ganze Reihe derartiger Schriften nach, welche sowohl eine allgemeine Bildung des Landwirths anstreben, als besonders auch den Betrieb der gesammten Landwirthschaft auf einen festeren Standpunkt und zugleich zu höherer Rentabilität bringen sollen und auch schon vielfältig gebracht haben. Gerade in unseren deutschen Gartenbüchern aber ist der Abschnitt, welcher als allgemeiner Theil sich die Aufgabe stellt, die wissenschaftlichen Grundlagen zu erörtern, so unwissenschaftlich[1] – ich könnte aus einem erst voriges Jahr von einem rühmlich bekannten Gärtner erschienenen Werk Belege aufführen – daß es besser wäre, solche allgemeine Theile fielen ganz weg. Sogar Metzgers Gartenbuch enthält in seinem allgemeinen naturwissenschaftlichen Abschnitt Angaben, welche in’s vorige Jahrhundert gehören.

Ich habe vielleicht, da ich seit einer Reihe von Jahren an der hiesigen Gartenbauschule den Curs mit der allgemeinen Pflanzenproduktionslehre beginne, diese Lücke in unserer Gartenliteratur mehr gefühlt und mehr empfunden, als viele Andere, und war besonders in den letzten Jahren immer genöthigt, als Grundlage zu jenem Unterricht theils landwirthschaftliche Schriften, theils rein naturwissenschaftliche zu benützen.

Allein gerade dieser allgemeine Theil des Gartenbaues, diese naturwissenschaftliche Begründung, diese klare Darstellung der Theorie des Gartenbaues ist und bleibt für den gebildeten Gärtner und denjenigen, der ein solcher zu werden strebt, der allerwichtigste; es ist die Grundlage des vielstockigen Gebäudes, welches wir Gärtnerei und Gartenkunst nennen.

Mein hochverehrter Freund Regel hat sich durch die Bearbeitung dieser ungleich schwierigsten Abtheilung der gesammten Gartenbaulehre ein wahres Verdienst erworben; möge es erkannt werden, möge seine vortreffliche Schrift besonders von allen jüngern strebsamen Kunstgenossen gelesen und fleißig studirt werden; der Nutzen wird und kann nicht ausbleiben. Aber nicht nur die jüngeren Gärtner, auch die in ihrem Berufe gereiften Männer dürften ohne Ausnahme in diesem Buch einen reichen Quell der Belehrung finden, da sie die neuesten Theorien und Erfahrungen enthält, wie ich denn gern gestehen will, daß es mir, der sich mehr, als es wohl der Mehrzahl meiner Kunstgenossen möglich ist, mit der Theorie des Gartenbaues beschäftigt und als Lehrer beschäftigen muß, in der That ungemein viel Neues und Lehrreiches darbietet.

Der Pomolog wird nun wohl fragen, enthält die Schrift auch für mich hervorragend Nützliches und Nothwendiges? Hierauf die Gegenfrage: ist die Lehre von der Ernährung der Pflanzen, von den Funktionen, ihrer einzelnen Theile, der Wurzeln, der Blätter, die Lehre von der Vermehrung derselben, von der Veredlung insbesondere, vom Einfluß der Unterlagen u. s. w. nicht von der größten Wichtigkeit?

Der Raum gestattet nicht, auf die einzelnen Theile dieser durchaus interessanten und lehrreichen Schrift näher einzugehen, es ist auch bei der koncisen Darstellung, die uns überall begegnet, kaum möglich, einen Abschnitt im Auszug zu besprechen. Wir geben nur kurz den Inhalt und behalten uns vor, später als Probe Einiges aus einem geeigneten Abschnitte mitzutheilen.

1) Die verschiedenen Theile der entwickelten Pflanze – Morphologie.
2) Innerer Bau der Pflanzen – Pflanzenanatomie.
3) Lebenserscheinungen in der Pflanzenwelt, die Physiologie der Gewächse in ihrer Beziehung zum Land- und Gartenbau.
a) Ursachen der Lebenserscheinungen, Zellenleben und Aufbau der Pflanze aus Zellen.
b) Lebenserscheinungen im Pflanzenorganismus in ihrer Beziehung zur Ernährung u. s. w. – Horticultur-Chemie.
c) Lebenserscheinungen in Bezug auf Periodizität, Ablagerung von Stoffen, Wärme und Lichtentwicklung.
d) Fortpflanzung, Dauer und Tod der Pflanze.

Das vorliegende Buch ist als abgeschlossenes Ganzes zu betrachten und als Allgemeiner Theil zu jeder die Praxis des Gartenbaus, sei es als Blumen-, Obst- oder Gemüsecultur, behandelnden Gartenschrift; es ist aber auch ein integrirender [428] Theil eines großen Gesammtwerks, und zwar der erste, dessen folgende Theile die Blumen-, Gemüse- und Obstgärtnerei enthalten sollen.

Die zahlreichen in den Text gedruckten Holzschnitte sind sehr gut gearbeitet und tragen wesentlich zum leichteren Verständniß der Schrift bei.

Ein schätzbareres Andenken hätte Regel, der jetzt wohl schon auf der Reise in seine neue ferne Heimath sich befindet, uns nicht hinterlassen können, als dieses Allgemeine Gartenbuch, dessen möglichste Verbreitung wir im Interesse unsers deutschen Gartenbaus sehnlichst wünschen.

Hohenheim, im September 1855.


  1. Anm. Ein neueres, sehr empfohlenes Gartenbuch sagt z. B.: der Sandboden ist ein trockener und hitziger Boden, weil er das Wasser nur schwer aufnimmt! – Die Streusandbüchse jedes Schreibers hätte dieß widerlegen können.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. E. Regel (Hrsg.): Die Pflanze und ihr Leben in ihrer Beziehung zum praktischen Gartenbau (= Allgemeines Gartenbuch. 1. Band). Friedrich Schultheß, Zürich 1855 Google