Prachtstück altdeutscher Architectur im Norden

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Autor: Elise Püttner
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Titel: Prachtstück altdeutscher Architectur im Norden
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aus: Die Gartenlaube, Heft 16, S. 271–274
Herausgeber: Ernst Keil
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Erscheinungsdatum: 1875
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Prachtstück altdeutscher Architectur im Norden.


Im vielgerühmten und mehr noch geschmähten Danzig wird sich ein Fremder heute vergebens nach mancher ihm als charakteristisch genannten Eigenschaft der alten Stadt mit Aug’ und Nase umthun. Keine unschönen Vorbauten engen mehr die Straßen ein. Die tiefen, mit Bohlen bedeckten Drummen und grabenartigen Rinnsteine, deren Miasma, in Verbindung mit dem berüchtigten schlechten Wasser, die Einwohnerschaft allsommerlich decimirte – der Schrecken Aller, die geliebter Schlendrian nicht daran gewöhnt hatte –, haben der Canalisation weichen müssen. Trottoirs durchziehen die sauberen Straßen, zu denen reine Luft jetzt ungehindert Zutritt hat; wüste Plätze sind zu Gartenanlagen umgewandelt, und statt der altem Pumpen spenden gußeiserne Ständer mittelst Röhren von Prangenau hergeleitetes krystallklares Quellwasser, das in den Häusern durch natürlichen Druck bis zu den höchsten Stockwerken hinaufsteigt. Seitdem dieses reine, köstliche Wasser der Stadt zugeführt ist, hat sich ihr Gesundheitszustand bedeutend gehoben. Keine Epidemie, selbst nicht die Cholera, fand auf diesem ihrem alten Lieblingsplatze seitdem eine Stätte, so drohend sie auch zu wiederholten Malen herangezogen kam.

Diese Wasserleitung und die Canalisation sichern dem Oberbürgermeister von Winter vor allen anderen humanen Einrichtungen seiner Verwaltung ein dankbares Andenken in Danzig für alle Zeiten. Sie sind sein eigenstes Werk, das er unter tausendfältigen Schwierigkeiten und Hindernissen, mit jener eisernen Willenskraft und Ausdauer, die man auch in weiteren Kreisen an ihm kennt, vollführte. Neue, hohe, helle Schulhäuser in allen Stadttheilen legen zugleich Zeugniß davon ab, daß des meisterhaften Organisators Walten sich nicht mit der Förderung des materiellen Wohls der Stadt allein begnügte, sondern ihrem intellectuellen Gedeihen die gleiche Sorgfalt widmete. Unter ihm hat Danzig eine neue, intelligentere Physiognomie erhalten.

Aber dem Schaffen von Luft, Licht und Raum für den gewaltigen, drängenden treibenden Verkehr der Jetztzeit ist auch eine charakteristische Schönheit der Stadt zum Opfer gefallen. So schmerzvoll Danzig seine Beischläge mit den kunstvollen Balustraden von Stein und messinggezierten Eisengittern, den gewaltigen Löwen und Granitkugeln an den Ausläufern ihrer Steinstufen dem allgemeinen Interesse geopfert hat, so schmerzlich wird sie der Gast vermissen, der Auge und Verständniß für diese seltenen architektonischen Schätze hatte, die stolz-trotzig den Sinn des alten Danziger Patricierthums illustrirten, das gleich dem Sohne Alt-Englands sprach: „Mein Haus ist mein Schloß.“

Was in stilleren Straßen davon erhalten ist, genügt auch heute noch, das Auge des kunstverständigen Fremdlings zu entzücken, aber es kann ihm nur noch einen unvollkommenen Begriff von dem geben, was z. B. die Langgasse früher bot. In ihr, als der Hauptverkehrsader der Stadt, hat am Ersten gänzlich damit aufgeräumt werden müssen.

In seinem Franziskanerkloster zählt Danzig jedoch jetzt mit gerechtem Stolz einen architektonischen Kunstschatz mehr. Die majestätische Marienkirche, die sich wie eine Sphinx über das Häusermeer der Stadt erhebt und ihre zahlreichen kleineren, aber gleichfalls merkwürdigen Schwestern, das Rathhaus mit seinem schlanken Thurm, der gothisch aus der Hauptfaçade aufsteigt, und dann halmartig zur Spitze wächst, die zum Reizendsten und Anmuthigsten gehört, was der Styl der Renaissance geschaffen hat, der trotzige Stockthurm, das Zeughaus mit seinen Giebeln und reichgegliederten Façaden, die imposante Halle des Artushofes, das Hohe, das Langgasser-, das Grüne Thor, – das Alles ist dem Kunstverständigen in weitester Ferne, gleich den Monumenten Roms bekannt; von dem Franziskanerkloster in Danzig aber berichtete ihm bisher kein kunstgeschichtliches Werk. Und das ist natürlich, denn erst der neuen Zeit war die Entdeckung seiner kunsthistorischen Bedeutung, der allerneuesten sein Auferwecken aus Schutt und Graus zu verjüngter Schönheit vorbehalten.

Wohl nur wenige Fremde, die in den letzten Jahrzehnten Danzig besucht haben, entsinnen sich des armselig genug aussehenden ruinenhaften Gebäudecomplexes neben der Trinitatiskirche in der Fleischergasse, der an der Südseite von einem wüsten, trümmerbesäeten Platze begrenzt war, welcher bei dem großen Brande von 1857 seine Mauer eingebüßt hatte, und nur durch einen abscheulichen Bretterzaun von der Straße getrennt war. Es sei denn, ein glücklicher Zufall habe sie mit dem silberhaarigen kleinen freundlichen Manne bekannt gemacht, der seit 1845 sich darin mit den Anfängen eines Museums eingenistet hatte und der Genius loci der Klosterruine geworden war, wie Passarge ihn treffend in seinen Reiseskizzen „Aus dem Weichseldelta“ nennt. Dann freilich waren sie bereits eingeweiht in die Wunder, die jene altersschwarzen, geborstenen Mauern bargen, wußten sie von den Schätzen, die dort ihrer Hebung harrten, trugen sie wohl gar selbst zu dieser Hebung bei, indem sie auf des Genius Geheiß einige von den Ziegelsteinen mit sich fortnahmen, die der Unermüdliche von dem Mauerwerk losgebrochen hatte, wodurch Jahrhunderte die Gewölbe der Hallen und Kreuzgänge des Klosters entstellt hatten.

Blättern wir, ehe wir seine Hallen betreten, einen Augenblick in den geschichtlichen Aufzeichnungen dieses Klosters, welches im Anfange des fünfzehnten Jahrhunderts unter dem Erzbischof Theodorich von Köln von den Barfüßlern des Franziskanerordens gegründet wurde. Seine Geschichte ist die der meisten Klöster des Mittelalters: zuerst war es eine Pflanzstätte der Aufklärung und Bildung, dann ein Heerd der Entartung und des Lasters.

Die Mönche hegten und pflegten in der ersten Zeit Künste und Wissenschaften. In dem sogenannten Palatium, über dem Kreuzgange des nördlichen Flügels gelegen, hatten sie eine Zuchtschule gegründet, an der selbst der Guardian Nicolaus Lachmann unterrichtete und aus der bedeutende Männer hervorgegangen sind.

Aber die Blüthe des Klosters war nicht von Dauer. Die Mehrzahl der Brüder gab sich Ausschweifungen hin und fachte dadurch den stillen Groll der protestantisch gesinnten Bevölkerung [272] der Stadt zu heller Flamme des Hasses an, der es trotz des Beistandes von Sigismund August und des Bischofs Mathias

Der östliche Kreuzgang mit Einblick in die ehemalige Bibliothek.

von Cujawien nicht lange zu widerstehen vermochte. Am 30. September 1555 fand seine Uebergabe durch den Guardian und Custos der Minoriten in Preußen, Johannes Rollau, an den Rath statt, der 1557 darin ein Gymnasium, als „Bollwerk und Pflanzstätte der neuen Lehre“, einrichtete. Bis zum Ausbruch des deutsch-französischen Krieges 1806 wirkte die Lehrtätigkeit protestantischer Professoren ungestört in den alten Klosterräumen. Da aber wurde ein Theil derselben zum Lazareth für das preußische Militair eingerichtet, und 1811 nahmen die Franzosen das ganze Kloster zu gleichem Zwecke in Beschlag. Von dieser Zeit datirt sein Verfall.

Die schönen Säle und Kreuzgänge wurden durch Einbauten zu Krankenzellen und Wirthschaftsräumen umgeschaffen. Es blieb Garnisonlazareth, nachdem Danzig an Preußen zurückgefallen war, und ging schließlich als Montirungskammer seinem gänzlichen Ruin entgegen. Es wäre verloren gewesen, wenn ihm nicht in dem 1845 als Lehrer der Sculptur an die Kunst- und Gewerbeschule zu Danzig berufenen Bildhauer Rudolph Freitag jener schützende Genius geworden wäre, der für die alte unter Schutt und Graus verborgene Pracht seines Innern in heller Begeisterung entbrannte und es sich zur Lebensaufgabe machte, angespornt durch die Ermunterungen, die ihm dazu von Seiten des kunstliebenden Königs Friedrich Wilhelm des Vierten wurden, für die Erhaltung des Kunstbaues zu Kunstzwecken zu werben und zu wirken.

Der Gouverneur von Danzig, von Rüchel-Kleist, und dessen Nachfolger, von Grabow, vergönnten ihm und den Uranfängen seiner Sammlung vaterländischer Kunstproducte in einigen Räumen des Klosters eine Heimstätte, wo er hauste, bis nach einer Reihe von Kämpfen zwischen den Ministerien des Krieges, des Cultus und der Justiz unter sich und mit der Stadt um den ruinenhaften Bau, auf die einzugehen hier nicht der Ort ist, endlich letztere denselben als Eigenthum mit der Verpflichtung übernahm, seine kunsthistorischen Räume in angemessener Weise für Zwecke des Unterrichts und der Kunst wiederherzustellen.

Es ist wesentlich zweien Männer, ihrer Energie und Pietät für die Vermächtnisse der großen Vergangenheit der Stadt und ihrer Geschichte zu verdanken, daß dieser großartige Restaurationsbau unternommen und trotz aller ihm entgegenstehenden

Südfaçade des ehemaligen Franziskanerklosters in Danzig.

[273] Hindernisse, wozu vor Allem seine Kostspieligkeit gehörte, durchgeführt worden ist: dem um Danzig schon außerdem so hochverdienten bereits erwähnten Oberbürgermeister von Winter und

Nordostecke des Klosterhofes.

dem Kaufmann Herrn Hennings, der unter dem Namen der „Klose’-schen Stiftung“ ein Capital von sechszigtausend Thalern für den Ausbau des Klosters und die Begründung eines Museums in seinen Räumen hergab und die städtischen Behörden durch diese Schenkung zur Bewilligung der weiteren, sehr bedeutenden Geldmittel anregte und bestimmte.

Mit unermüdlichem Eifer und begeisterter Hingabe unterzog sich der geniale Wiederhersteller des alten Kunstbaues, Stadtbaurath Licht, der Lösung seiner hohen Aufgabe. Das Werk, im Jahre 1867 begonnen, wurde trotz der Stürme des französischen Krieges 1871 vollendet.

Treten wir näher. Keine hohen Mauern und Zäune versperren, wie ehemals, den Einblick in die Höfe und Hallen des Klosters. Gußeiserne Gitter, zum Theil Nachahmungen von alten Danziger Meisterwerken, zwischen gemauerten, über Eck gestellten Plinthen öffnen ihre Pforten auf neugeschaffene botanische und andere Gartenanlagen, die das Gebäude von drei Seiten freundlich umkränzen. Dieses lehnt sich als massiges, fast gleichmäßiges Viereck an die Trinitatiskirche; nur seine Südostecke, welche den großen Remter enthält, springt bis dicht an die Straße vor, und die Einförmigkeit seiner langen, dem botanischen Garten zugekehrten Südfront wird durch einen Treppenhausanbau unterbrochen.

Ostseite des Refectoriums.

Gothische Bogenfenster im unteren Stocke, steil ansteigende Pfannendächer mit nasenartig vorspringenden Luken, Giebel, welche mit den berühmten der benachbarten Kirche harmoniren, wenn sie dieselben in ihrer reichen phantastischen Architektur auch bei Weitem nicht erreichen, sind die äußeren charakteristischen Merkmale des Klosters.

Einige Steinstufen mit eisernem Geländergitterwerke, das auf gewaltigen Granitkugeln ruht, führen durch den schmalen Vorgarten, welcher die Hauptfront von der Fleischergasse trennt, vor das sich inmitten derselben erhebende Hauptportal, das früher, den Abschluß des Tonnengewölbes einer vorspringenden Eingangshalle bildend, dicht an der Straße lag. In goldenen altdeutschen Lettern trägt es die Inschrift: „Stadt-Museum, gegründet von Gottfried Klose und Erben im Jahre 1871“ und führt zu den der Kunst geweihten Räumen des Klosters. Wunderbar ist die Wirkung, welche die Kreuzgänge, besonders der östliche mit dem Einblicke in die sich auf ihn öffnenden Säle – rechts von der Eingangshalle das kleine zweisäulige Refectorium mit den anmuthigen Trichtergewölben, links die ehemalige Bibliothek – und der nördliche mit den phantastischen maurischen Oeffnungen seiner Abschlußgurtbögen, auf den Beschauer machen. Die früher halb vermauerten, jetzt gänzlich in altem Style verglasten Spitzbogenfenster überströmen mit vollem Lichte die von einem Anhauche warmer duftiger Farben belebten Wölbungen, daß deren scharfgratige, tutenartig kräftig ausgestochene Kappchen klar und deutlich hervortreten.

Westlicher Theil des Refectoriums.

[274] Bei der Ausschmückung der Kreuzgänge bekundet sich vielfach die Einwirkung fremdländischer Baumeister, vielleicht italienischer Mönche, welche zeitweise als Techniker bei dem Bau thätig gewesen sein mögen. Die Wände und Gewölbeflächen zeigten beim Restaurationsbau auch deutliche Kennzeichen, daß sie, gleichwie die Räume und Gewölbe des Marienburger Schlosses, über und über mit lebhaften Farben bedeckt gewesen sind, und geben somit einen neuen Beweis für die oft und irrthümlich angezweifelte Thatsache, daß das Mittelalter seine Basiliken, Dome und Klöster, – wie im Alterthume die Griechen ihre Marmortempel und Bildsäulen – mit einem Aufwande von Farbenreichthum, Vergoldung und Versilberung schmückte. In Rücksicht darauf hat auch bei der Restauration der Anstrich der Hallen und Gewölbe Farbentöne erhalten; in leuchtender Pracht bunter Malerei strahlt jedoch nur das kleine Refectorium. Das große Refectorium dehnt sich längs dem südlichen Flügel des Kreuzganges. Die Thür, die es mit diesem verbindet, ist aus Eichenholz mit flachgestochenen gothischen Blätterornamenten (in einigen Zügen Nachahmung der alten schönen Pforte, welche aus dem östlichen Kreuzgange direct in die Trinitatiskirche führt), und hat ein Meisterstück von Schloß aus Alt-Danziger Zeit mit reicher Ciselirung.

Die Tonnengewölbe dieses Saales, durch außerordentlich kräftiges[WS 1] Netzwerk von Graten belebt, sind gegen die Pfeiler der tiefen spitzbogigen Fenster und der diesen gegenüber belegenen spitzbogigen Nischen wie die Falten eines Gewandes zusammengeführt, um in den Mauermassen derselben zu verschwinden. Die unverhältnißmäßige Länge dieses Raumes scheidet ein dreifacher gothischer Bogen zu einer größeren und zu einer kürzeren Halle, die sich zu künstlerischen Ausstellungen aller Art vortrefflich eignen, weniger jedoch ihrer Bestimmung zum Concertsaale entsprechen. Zur Erwärmung dieses Saales hatte ehemals eine unter ihm angebrachte Luftheizungsvorrichtung gedient, die in der einfachen Einrichtung ihrer Heizkammern große Aehnlichkeit mit der bekannten des Marienburger Schlosses hatte.

Der herrlichste und durch seine Schicksale merkwürdigste Raum des Klosters ist der Conventremter. Man gelangt zu ihm durch den Treppenhausanbau und die Vorhalle, auf welche das große Refectorium mündet. Wie eine Lilie anmuthig entfaltet sich sein imposantes Gewölbe auf einer einzigen Säule. Und hier in diesem köstlichen Saale waren die Lazarethküchen eingebaut gewesen! Im Jahre 1851, als der verstorbene König in Danzig erwartet wurde, hatte der alte Freitag, um die ganze Schönheit des Gewölbes für den kunstsinnigen Fürsten frei zu legen, die Kühnheit, mit einem Aufgebote dienstwilliger Soldaten ohne vorher eingeholte Erlaubniß diese Einbauten herauszubrechen.

Bei dem großen Brande von 1857, der in dem Stadtviertel wüthete, wäre der Remter, und mit ihm wohl das ganze Kloster, ein Opfer der Flammen geworden, hätte sich nicht der damalige Lieutenant zur See Schau mit seinen Marinesoldaten seiner angenommen und ihn gerettet. Brandstiftung, die an demselben Abende den alten interessanten Bau bedrohte, wurde auch glücklich abgewandt. Heute dient der Remter der Johannisschule (Realschule 1. Ordnung) als Aula. Diese Schule nimmt das zweite, um einige Fuß erhöhte Stockwerk des Klosters im südlichen und östlichen Flügel ein, das mit allen Erfindungen der Neuzeit, die der Gesundheitspflege der Schüler dienen können, auf das Zweckmäßigste ausgestattet ist. Eine breite Granittreppe mit schwerem Steingeländer und weitem Vorflur vermittelt in dem Treppenhausanbau den Zugang zu den Schulräumen. Das Institut hielt hier Ostern 1872 unter seinem Director Dr. Panten seinen festlichen Einzug; während der westliche, dem Stadtwalle zugekehrte Flügel schon 1868 von der Provinzialgewerbeschule bezogen worden war.

Zwei geheime Räume in der Südwestecke des Gebäudes, (da, wo jetzt die neue Steintreppe zur Bildergalerie hinanführt) mit geheimer Wendeltreppe und vermauerten Zugängen und ein kleines Gewölbe zwischen Bibliothek und Remter, in dem der alte Genius loci von den idealen Träumen seiner Vergangenheit und der endlichen Einrichtung einer Modellirclasse an der Kunst- und Gewerbeschule zu Danzig träumt, welche ihm das Geschick bis heute noch nicht hat gönnen wollen, repräsentiren die Romantik des Klosters.

Im inneren Hofe plätschert, umgeben von Blumenanlagen, lustig ein Springbrunnen. In seiner Nordostecke verbindet ein Thurm mit alterthümlicher Wendeltreppe und oben ein an die Kirche angebauter Balcon mit Steingeländer die Wohnung und das Atelier des Conservators des Museums, des Maler Sy, im nördlichen Flügel – das ehemalige Palatium – mit dem Haupthause. Das Dachgeschoß des südlichen und östlichen Flügels enthält die Gemäldegalerien. Sie bestehen aus einzelnen, aneinanderhängenden Compartimenten mit Oberlicht, die sich da, wo sie zusammentreffen, in den Gibelbauten des Remters und Treppenhausanbaues, zu Sälen erweitern.

Die herrlichen Gemälde, die bisher in den Sälen des Rathhauses, in Erwartung zum Museum geweihter Hallen, eine Freistätte gefunden hatten, sind jetzt hier bleibend aufgestellt, darunter das sogenannte „Blaue Wunder“ unseres berühmten Landsmannes Hildebrandt. Sie bilden mit der bekannten Kabrun’schen Gemälde- und Kupferstichsammlung, die auch hierher übergesiedelt worden ist, den Kern unserer städtischen Sammlung, um den sich hoffentlich bald weitere Schätze der Malkunst schaaren werden. In diesen durch moderne Luftheizung erwärmten Galerien veranstaltet jetzt auch der Kunstverein seine Ausstellungen.

Malerei, Wissenschaft und Musik haben ihren Einzug in die geweihten Räume gehalten; nur die schönsten harren noch ihrer Belebung durch die ihnen bestimmten Werke der Sculptur. Die Büsten einiger Helden trauern darin über ihre Einsamkeit, und des großen Friedrich’s Haupt (Abguß von Rauch’s Meisterwerk, von König Friedrich Wilhelm dem Vierten 1852 der Sammlung vaterländischer Kunstgegenstände zu Danzig geschenkt) schaut blitzenden Auges erwartungsvoll durch die gewölbten Hallen nach ebenbürtiger Gesellschaft aus – wohl auch nach Ueberlieferungen altdanziger Kunstbestrebungen, altdanziger Pracht.[1]

E. Püttner.

  1. Die Illustrationen zu dem Aufsatze sind dem Album entnommen, das die Stadt durch den Photographen Ballerstadt von den schönsten Partien des Klosters für den Kaiser, welcher sich gleich seinen königlichen Brüdern und Kindern stets lebhaft für den alten Kunstbau interessirt hat, herstellen ließ.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: kraftiges