Prolog zu dem Schauspiele: Alte Zeit und neue Zeit

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Textdaten
Autor: Johann Wolfgang von Goethe
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Titel: Prolog zu dem Schauspiele: Alte Zeit und neue Zeit
Untertitel:
aus: Friedrich Schiller:
Musen-Almanach für das Jahr 1796, S. 141 – 143
Herausgeber: Friedrich Schiller
Auflage: 1. Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1796
Verlag: Michaelis
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Erscheinungsort: Neustrelitz
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: HAAB Weimar, Kopie auf Commons
Kurzbeschreibung:
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[141]
Prolog

zu dem Schauspiele:

Alte Zeit und neue Zeit

bei der

Wiedereröfnung des Weimarischen Theaters 1794.

________


(Madame Becker, als Jakob, vor einem

Tische, auf welchem ein Spiegel steht, und

einige Bücher liegen.)


      So hätt’ ich mich denn wieder angezogen,
Mich abermals verkleidet, und nun soll,
Im vielgeliebten Weimar wieder
Zum erstenmal ein neues Stück gegeben werden,

5
Das Alt und neue Zeit zum Titel hat.


      Ja! alt und neue Zeit! das sind fürwahr
Besondre Worte. – Seh ich mich im Spiegel
Als Knabe wieder angezogen, auf dem Zettel
Als Jakob angekündigt; wird mirs wunderlich

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Zu Muthe – Jakob soll ich heißen?
[142]

Ein Knabe seyn? das glaubt kein Mensch.
Wie viele werden nicht mich sehn und kennen,
Besonders die, die mich als kleine Christel
Mit ihrer Freundschaft, ihrer Gunst beglückt.

15
     Was soll das nun? Man zieht sich aus und an,

Der Vorhang hebt sich, da ist alles Licht
Und Lust, und wenn er endlich wieder fällt,
Da gehn die Lampen aus und riechen übel –
Erst ist man klein, wird größer, man gefällt,

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Man liebt – und endlich ist die Frau,

Die Mutter da, die selbst nicht weiß,
Was sie zu ihren Kindern sagen soll –
Und wenns nichts weiter wäre, möchte man
So wenig hier agiren, als da draußen leben.

          (Sie blättert in den Büchern, schlägt sie
               endlich zu und legt sie hin.)


25
     Jakob – was fällt dir ein?

Man sieht doch recht, daß du ein Schüler bist.
Ein guter zwar, doch der zuviel allein

[143]

In seinen Büchern steckt – Hinweg die Grillen,
Hervor mit dir – Begrüße diese Stadt,

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Die alles Gute pflegt, die alles nützt;

Wo sicher und vergnügt sich das Gewerbe
An Wissenschaft und Künste schließt, wo längst
Die stumpfe Dummheit der Geschmack vertrieb,
Wo alles Gute wirkt, wo das Theater

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In diesen Kreis des Guten mitgehört.


     Ja gönnt uns diesen Trost, daß wir nicht ganz umsonst
Hier oben uns bemühn. Wenn Herz und Geist
Sich euch erweitern, wenn ihr zu Geschäften
Euch wieder munter fühlt,

40
Wenn der Geschmack sich allgemeiner zeigt,

Wenn euer Unheil immer sichrer wird,
So denkt: Auch jener kleine Jakob hat
Dazu was beigetragen, und seyd ihm,
Seyd allen, die hier oben mit ihm wirken,

45
Zur neuen Zeit, so wie zur alten günstig.
GÖTHE.