RE:Bona caduca

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Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Hinfällig gewordene Gaben, jurist. t.t.
Band III,1 (1897) S. 685 (IA)–686 (IA)
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Bona caduca heissen hinfällig gewordene Gaben, die von der ihnen letztwillig zugewiesenen Stelle an einen andern Platz fallen, den Eicheln vergleichbar, die sich vom Baume loslösen, Dig. L 16, 30, 4: glans caduca est, quae ex arbore cecidit. Etwas abweichend Isidorus orig. V 25: Caduca inde dicuntur, quia heredes eius ceciderunt. Zu den B. c. gehören nicht letztwillige Gaben, die von Anfang an ungiltig sind (Dig. XXXIV 8 de his, quae pro non scriptis habentur). Sie werden nicht hinfällig, sondern gelten von Anfang an nichts, Cod. VI 51 c. un. § 2a. Ulp. XVII 1: quod quis testamento relictum ita [686] ut iure civili capere possit aliqua ex causa non ceperit, caducum appellatur, velut cecidit ab eo. In der aliqua ex causa dieser Stelle wird von Rudorff (Anm. b zu Puchta Institutionen¹º II 483 § 326) nur ein solcher Unfähigkeitsgrund gesehen, der nicht schon im alten Civilrechte enthalten ist. Dies steht im Widerspruche mit Ulp. I 21: loco non adeuntis legatarii patres heredes fiunt; denn Hinfälligkeit einer Erbschaft durch Nichtantritt gehörte schon dem alten Rechte an. Eine weitere Unterscheidung sonderte das, quod aperta voce caducum nuncupatur, von dem, quod veteres appellabant in causa caduci (Cod. V 51 c. un. § 2), je nachdem nämlich der Unfähigkeitsgrund, der den Erwerb unmöglich machte, nach oder vor dem Tode des Testators eintrat. Diese Redeweise erklärt sich wohl daraus, dass letztwillige Gaben vor dem Tode des Erblassers widerruflich, also noch nicht sicher sind, so dass sie auch streng genommen nicht hinfällig werden können. Trotzdem stellte man auch sie, wenn ein Hinfälligkeitsgrund eintrat, den wirklich (d. h. erst nach des Erblassers Tode) hinfälligen Zuwendungen gleich, so dass sie zwar nicht caduca, aber doch in causa caducorum waren. In der Behandlung der B. c. gab es ein (von Iustinian wiederhergestelltes) ius antiquum. Ihm zufolge wuchsen die hinfälligen Erbteile den Miterben an, während hinfällige Vermächtnisse denen zu gute kamen, die mit ihnen belastet waren. Dies änderte sich in der Kaiserzeit im Zusammenhange mit der (von Augustus begonnenen) gesetzlichen Benachteiligung der Ehe- und der Kinderlosen im letztwilligen Erwerbe. Die hiernach hinfälligen Gaben wurden im Widerspruche mit dem ius antiquum teils als Kindererzeugungsprämie verwendet, teils fielen sie an die Staatskasse (lex Iulia caducaria Ulp. XXVIII 7). Dieses Sonderrecht der caduca erfuhr im Laute der Zeit mehrfache Abänderungen (vgl. Puchta-Krüger Institutionen¹º II § 326), wurde aber seit Constantin beschränkt und von Iustinian aufgehoben (Cod. Theod. VIII 16 de infirmandis poenis coelibatus et orbitatis. L. Seuffert Konstantins Gesetze 15). Damit verloren der Begriff und der Name der B. c. ihr practisches Interesse, s. rubrica Cod. VI 51: de caducis tollendis. Vgl. zu der Geschichte der B. c. noch Cic. Phil. X 5; de orat. III 31. Orelli 3647. Tac. ann. III 25. 28. Plin. paneg. 42. Iuven. IX 70ff. Cass. Dio LIV 16. Ulp. XXVII. XVIII. XIX 17. XXV 17. I 21. XXVIII 7. Gai. II 111. 144. 286. 207f. Litteratur: Heineccius Ad legem Iuliam et Papiam Poppaeam commentarius, Amstelaedami 1726. Rudorff Zeitschr. f. gesch. Rechtsw. VI 397ff. Jörs Das Verhältnis der lex Iulia de maritandis ordinibus zur lex Papia Poppaea, Diss. Bonn 1882; Die Ehegesetze des Augustus, Marburg 1894, und daselbst nähere Angaben Anm. 1, ferner Puchta-Krüger Institutionen¹º II § 326 Anm. a. Windscheid Pandekten⁷ III. § 604 A. 1. Leonhard Institutionen 96. 126. 203ff. § 27 III. 31. 53.