Brachylles, ein Boiotier, Sohn des Neon, des Sohnes des Askondas. Wir kennen nur Anfang und Ende des Lebens dieses Mannes, der, wie es scheint, eine sehr hervorragende, wenn nicht gar die erste Rolle in seiner Heimat gespielt hat (vgl. Plut. Tit. 6). Wie sein Grossvater und Vater trat er an die Spitze der makedonischen Partei in Boiotien. In jungen Jahren wurde er von Antigonos Doson[807] zum Dank für einen vom Vater geleisteten Dienst auf einen verantwortungsvollen Posten gestellt; der König liess ihn nach der Eroberung Spartas (im J. 222) als ἐπιστάτης der Stadt zurück (Polyb. XX 5, 12). Erst 25 Jahre später taucht er in der trümmerhaften Tradition wieder auf. Im J. 197 war er als Freund des Philippos V. bei der Zusammenkunft dieses mit Flamininus in Nikaia zugegen (Polyb. XVIII 1, 2). Als dann in demselben Jahre bei Kynoskephalai die Würfel fielen, kämpfte B. an der Spitze der Boiotier auf Philipps Seite (Liv. XXXIII 27, 8). In die Hände des Feindes gefallen, wurde er von Flamininus, der im Hinblick auf Antiochos III. Boiotien zu sich hinüberzuziehen trachtete, freigelassen, worauf ihn seine Landsleute zum Boiotarchen erwählten (Polyb. XVIII 43, 1ff. = Liv. XXXIII 27, 5ff.). Bald darauf fiel er einem Complott der Römerpartei in Boiotien zum Opfer. Er wurde durch gedungene Meuchelmörder aus dem Wege geräumt. Polybios a. O. erzählt, dass Flamininus zwar die directe Teilnahme an der Ermordung abgelehnt, den Verschwörern aber zugesagt habe, sie nicht zu hindern, ja sogar den Henkersknecht ihnen gewiesen habe. Dies ist als historisch zu betrachten, wenn auch Livius a. O., um seinen Landsmann weiss zu waschen, diesen Passus zu übersetzen absichtlich unterlassen hat.