Canens. Von C. weiss uns Ovid. met. XIV 320ff. ein anmutiges Märchen zu erzählen. Die Nymphe Venilia hat sie dem Ianus auf dem Palatium geboren. Zur schönen Jungfrau erblüht, die durch ihren herrlichen Gesang wie einst Orpheus Wunder wirkt, wird sie die glückliche Gattin des Laurenterkönigs Picus. Doch ihr Glück ist nur von kurzer Dauer, denn in heisser Leidenschaft entbrennend, lockt Circe den jagenden Helden in den tiefen Wald und verwandelt ihn in einen Specht, als er das Geständnis ihrer Liebe mit dem Gelöbnis unwandelbarer Treue gegen seine Gattin erwidert. Vergebens harrt C. seiner Wiederkehr, endlich macht sie selbst sich auf, um ihn zu suchen. Sechs Tage und sechs Nächte irrt sie in ihrem Schmerze ohne Schlaf und Speise umher, bis sie an den Ufern des Tiber erschöpft niedersinkend unter süss tönenden leisen Klagen in die Luft zerfliesst. Es ist eine neue Variante der alten, die Klänge der Natur deutenden Sage, wobei der Name C. und die Gruppierung der Personen wahrscheinlich Ovids Phantasie ihren Ursprung verdankt. Vgl. Wissowa Philol. Abhandl. f. M. Hertz (1888) 163f.