RE:Constitutiones Sirmondi

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Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Sammlung kaiserlicher Constitutiones kirchenrechtlichen Inhalts
Band IV,1 (1900) S. 11101111
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Constitutiones Sirmondi. Der französische Geistliche Jacques Sirmond (1559–1651) gab unter dem Titel Appendix Codicis Theodosiani novis constitutionibus cumulatior (Paris 1631) eine Sammlung von 21 kaiserlichen Constitutionen kirchenrechtlichen Inhalts heraus, die seitdem nach ihm die obige Bezeichnung führt. Von diesen Constitutionen sind die drei letzten ein von Sirmond aus anderen Quellen hinzugefügter Anhang (Haenel 410), die übrigen 18 rühren aus einer besonderen Sammlung her, welche für kirchliche Zwecke in Gallien angefertigt zu sein scheint (Haenel 422f. Krüger 294). In den älteren Hss. sind sie einer Sammlung gallischer Concilienbeschlüsse angehängt (Haenel 414f.). Die beiden letzten (17. 18) bezeichnen sich ausdrücklich in der Überschrift als aus dem Cod. Theod. entlehnt. Von den übrigen (1–16) finden sich sechs (1. 3. 5. 7. 8. 13) überhaupt nicht im Cod. Theod., soweit er uns erhalten ist, die andern zehn (2 = Cod. Theod. XVI 2, 35. 4 = XVI 9, 1; 8, 5. 6 = XVI 2, 47; 5, 62. 64. 9 = XVI 2, 39. 10 = XVI 2, 44. 11 = XVI 2, 40. 12 = XVI 5, 43; 10, 19. 14 = XVI 2, 31; 5, 46; 15 = XVI 2, 41; 16 = V 5, 2) erscheinen in den C. S. in einer vollständigeren und darum ohne Frage ursprünglicheren Fassung als im Cod. Theod. Man darf daraus schliessen, dass die Sammlung ursprünglich nur aus diesen 16 Stücken bestanden hat und vor dem Cod. Theod., oder genauer, da die jüngste hier mitgeteilte Constitution (6) dem J. 425 angehört, zwischen 425 und 438 entstanden ist, und dass c. 17. 18 nach dem Erlasse des Cod. Theod. daraus (vielleicht bei einer neuen Redaction der Sammlung) hinzugefügt sind. Zurückzuweisen ist die Ansicht von Haenel 424, der aus der Überlieferung im Zusammenhang mit den Concilien, deren jüngstes dem J. 581 angehört, folgert, dass auch die Sammlung der Constitutionen erst nach diesem Jahre entstanden sei, weil es dann schwer erklärlich bleibt, wie sich hier eine augenscheinlich ältere Form der Gesetze als im Cod. Theod. erhalten haben sollte und warum die Sammlung keine jüngeren Constitutionen des 5. oder 6. Jhdts. aufzuweisen hat.

Wiederholt ist die Echtheit der C. S. in Frage gestellt worden (Nachweise s. bei Haenel) und zwar hauptsächlich deshalb, weil die erste und älteste von ihnen (Constantin vom J. 331) eine Ausdehnung der bischöflichen Gerichtsbarkeit darstellt, die mit dem, was aus der späteren Zeit darüber bekannt ist (vgl. Arcad. u. Honor. Cod. Iust. I 4, 7. Cod. Theod. XVI 11, 1; auch Iustinian. Nov. 79. 83. 86, 4 ging nicht so weit), schwer vereinbar ist. Dass die kirchliche Machtentfaltung in dieser Zeit eine Einschränkung erfahren haben sollte, stimmt allerdings wenig zu ihrer Stellung in jener Zeit. Jedenfalls würden diese Bedenken doch immer nur eine Constitution [1111] betreffen, gegen die übrigen, von denen ein Teil ja ausserdem durch den Cod. Theod. sicher gestellt ist, ist nichts Stichhaltiges vorgebracht worden. Äussere Momente, die gegen die Echtheit sprächen, fehlen; eine sichere Entscheidung der Frage ist nach unseren Quellen nicht möglich. Vgl. hierzu Haenel a. a. O. Krüger 294f. Karlowa 968.

Über die Überlieferung s. Haenel 410ff. Ausgabe G. Haenel De constitutionibus quas J. Sirmondus edidit (1840) und im Bonner Corp. iur. anteiust. II 405ff. (über ältere Ausgaben s. ebd. 405f.). Maassen 792.

Neuere Litteratur: Haenel a. a. O. (die Citate im Vorstehenden beziehen sich auf das Bonner Corp. iur.). Heimbach Leipz. Repertorium IX 215ff. (1843. 1). Puchta Inst. I10 § 126. Rudorff R. R.-G. I 282f. Karlowa R. R.-G. I 966. Krüger Quell. u. Litt. 293f. Maassen Quell. u. Litt. d. Canon. R. I 792ff. Conrat Gesch. d. Quell. u. Litt. d. R. R. im früh. Mittelalter I 93f. 146f.

[Jörs. ]