2)Cyprianus Gallus poeta. Unter diesem Namen hat R. Peiper (Corpus script. ecclesiast. lat. Vindob. XXIII) 1891 ein grösseres Dichtwerk herausgegeben, dessen Hauptmasse zuerst, freilich in höchst mangelhaftem Zustande, durch J. B. Pitra 1852 veröffentlicht worden war. Es ist das eine Bearbeitung der sieben ersten Bücher des Alten Testaments – daher der Name heptateuchos – in heroischem Versmass, die indes schon hier lückenhaft überliefert ist und ursprünglich, da einzelne Verse auch aus andern Büchern noch vorhanden sind, vielleicht sämtliche Geschichtsbücher des Alten, wenn nicht auch des Neuen Testaments umfasst hat. Das Versemachen wird dem Verfasser leicht, der die poetischen Bestandteile z. B. von Exodus und Deuteronomium nicht ungeschickt aus dem übrigen heraushebt, indem er hier trochaeische Hendecasyllaben anwendet; doch hat seine Sorgfalt im Laufe der Arbeit sichtlich nachgelassen. Inhaltlich ist sein Buch von geringem Wert; er beschränkt sich meist darauf, den Wortlaut der Bibel zu umschreiben. Die Idee der Arbeit, die doch wohl für den Schulunterricht christliche Stoffe in classischer Form bieten sollte, die benutzte Litteratur, der Geschmack des Dichters; alles spricht dafür, dass er ein Gallier, etwa um 425, ist. Ob er aber C. geheissen hat, ist recht ungewiss. Soweit die hsl. Überlieferung einen Verfasser nennt, ist es der hl. C. von Karthago; diesem sind aber so viele ganz anonyme oder von Verfassern mit anderem Namen herrührende Werke untergeschoben worden, dass wir geringen Anlass haben, hier einen jüngeren C. zu postulieren. Vgl. John Mayor The latin heptateuch, Cantabr. 1889 und die Dissertationen von C. Becker De metris in heptateuchum, Bonn 1889 und H. Best De Cypriani quae feruntur metris in hept., Marbg. 1891. Bests Hypothese, wonach das erste Buch (die Genesis) von einem andern Dichter herrühre als die übrigen, der Anfänger des Werkes in Italien, der Fortsetzer oder Vollender in Gallien – wenn auch nur wenig später – zu suchen sei, entbehrt aller Wahrscheinlichkeit; sie gründet sich auf ganz falsche Vorstellungen von der Itala.
Wäre die Existenz des Cyprianus Gallus poeta erwiesen, so müsste erwogen werden, ob nicht noch andere von den unter die Werke des karthagischen C. geschobenen Gedichten auf jenen zurückgehen. Noch Harnack scheint dies zu glauben (Altchristl. Litt.-Gesch. I 721: ‚ein Cyprian saec. V ist der Verfasser einiger dieser Gedichte‘); Peiper dürfte mit Recht dagegen die erhebliche Verschiedenheit in den metrischen Gewohnheiten geltend gemacht haben. Die beiden bedeutendsten unter den fraglichen Stücken, Sodoma und de Iona, die zweifellos von einem Verfasser herstammen, weichen auch in der Behandlung der biblischen Vorlage durchaus vom Heptateuchos ab – und zwar in der Richtung auf freie Umgestaltung und Lebendigkeit; die [1942] 85 Verse ad senatorem sind wohl nur eine Stilübung. Peiper hat diese drei carmina a. a. O. 212–230 abgedruckt; de pascha (bei Hartel III 305ff.) und de resurrectione mortuorum (III 308ff.) haben verschiedene Verfasser, von denen keiner dem Schreiber des heptateuchos ähnelt, die auch beide späterer Zeit angehören.