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RE:Hippodromos 4

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Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Sophist 2./3. Jh. n. Chr.
Band VIII,2 (1913) S. 17451747
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4) Hippodromos, Sophist, blühend um die Wende des 2. und 3. Jhdts., von Philostrat. vit. soph. II 27 p. 115, 12ff. behandelt (ein Suidasartikel fehlt). H., Sohn des Olympiodoros, des reichsten thessalischen Pferdezüchters jener Zeiten, aus Larissa (Phil. p. 115, 16; des H. ländliche Herkunft bezeugte sein Leben lang sein Aussehen, ἀγροικότερος ὢν τὸ εἶδος p. 118, 7), wurde in die Sophistik eingeführt durch Chrestos (p. 94, 32; s. o. Βd. III S. 2450 Nr. 5), einen Schüler [1746] des großen Herodes selbst. Als fertiger σοφιστής war H. vier Jahre lang Inhaber des kaiserlichen Lehrstuhls für Sophistik in Athen (p. 117, 21). Später wurde er von seiner überaus energischen und haushälterischen Frau veranlaßt, auf seine thessalischen Besitzungen sich zurückzuziehen, um diese nicht durch längere Abwesenheit verwahrlosen zu lassen. Dabei pflegte er aber auch weiterhin eifrigst seine rhetorischen Studien (Phil. p. 117, 30 rühmt von ihm, πλεῖστα μὲν ἐξέμαθεν Ἑλλήνων τῶν γε μετὰ τὸν Καππαδόκην Ἀλέξανδρον [?] μνήμην εὐτυχησάντων, πλεῖστα δὲ ἀνέγνω μετά γε Ἀμμώνιον τὸν ἀπὸ τοῦ Περιπάτου [s. o. Bd. I S. 1862 Nr. 13]; die Übung, μελέτη, nannte er – nach Amphions Ausspruch in Euripides Antiope TGF² 191 – ein κρεῖττον ὄλβου κτῆμα) und besuchte vielfach die Festversammlungen, um durch seine Epideixeis sich Ruhm zu gewinnen. Zweimal leitete H. als Ἐλλαδάρχης τῶν ἀμφικτυόνων (s. o. Bd. I S. 1927, 3) mit besonderem Glanze die pythischen Spiele, und zwar einmal zur Zeit der Belagerung von Byzanz durch Septimius Severus im J. 195 (Clinton Fasti Rom. I 197); einem aus Byzanz stammenden tragischen Schauspieler Clemens (s. o. Bd. IV S. 10 Nr. 4), dem die Amphiktyonen den wohlverdienten Preis aus Rücksicht auf Severus nicht zuerkennen wollten, verschaffte H. durch sein energisches Auftreten sein Recht und hatte auch den Erfolg, die Beschwerde des konkurrierenden Schauspielers vom Kaiser abgewiesen zu sehen (p. 115, 24ff.). Noch im J. 213 war H. in Olympia, zugleich mit seinem γνώριμος, dem jüngeren Philostratos Lemnios III.: dieser trat damals als 22jähriger junger Mann mit einer Extemporalrede erfolgreich auf (Zeitbestimmung bei Münscher Philol. Suppl. X 499), und H. lehnte es ab, sich unmittelbar nach ihm hören zu lassen mit den liebenswürdigen Worten: οὐκ ἐπαποδύσομαι τοῖς ἐμαυτοῦ σπλάγχνοις (p. 117, 10ff.). Gestorben ist H. in seiner Heimat 70jährig; er hinterließ einen Sohn, der sich wieder ganz der Verwaltung des ererbten Besitzes widmete, von Philostrat deshalb παραπλήξ und ἄφρων bezeichnet wird (p. 120, 3). Da also H. 213 noch tätig war, andererseits tot war, als Philostrat in den J. 230–238 seine Bioi schrieb, fällt H.s Geburt zwischen 143 und 160, wahrscheinlich näher an 160 heran als an 143, da Philostrat den um 140 geborenen Proklos von Naukratis (s. d.) als πρεσβύτερος dem H. gegenüber bezeichnet (Münscher 474). H.s Lehrtätigkeit fällt also ins letzte Viertel des 2. Jhdts. Um das J. 190 herum machte der Verfasser der Bioi, Fl. Philostratos II., seine Studien in Athen, und wie der Wir-Bericht von der Erwiderung des H. auf eine Schmähschrift des Proklos gegen alle Sophistiklehrer zeigt (diese Erwiderung bestand in einem ἔπαινος εὐφημίας, beginnend mit dem Gedanken, daß der Pfau durch Lob veranlaßt werde, sein Rad zu entfalten, p. 116, 18), gehörte auch dieser ältere Philostrat zu H.s Schülern. Im letzten Jahrzehnt etwa des 2. Jhdts. mag H. den θρόνος in Athen innegehabt haben (vor ihm, noch unter Commodus, war Pausanias [s. d.] Inhaber dieser Stelle, nach ihm Herakleides [Nr. 44, s. o. S. 470], 212 erhielt Philiskos [s. d.] den θρόνος durch den Einfluß der Iulia Domna; vgl. Hertzberg Gesch. Griechenl. unter der Herrschaft [1747] der Römer III 1875, 102. Münscher 480). So selbständig H.s Verhalten dem Kaiser gegenüber war, so sehr weiß Philostrat im übrigen die biedere Bescheidenheit des Mannes zu rühmen, der das übliche Selbstlob in seinen Vorträgen vermied, der den Vergleich mit dem großen Polemon ablehnte (τί μ’ ἀθανάτοισι ἐίσκεις; sagte er [p. 116, 15] wie Odysseus, XVI 187). Noch ein paar Züge überliefert Philostrat (einem ionischen Jüngling, der seinen Lehrer Herakleides übertrieben lobte, trug H. selbst ein verbessertes Lob des Lehrers vor p. 116, 29; um einen hoffnungsvollen Schüler Diodotos aus Kappadokien [s. o. Bd. V S. 715 Nr. 13], der als Ephebe starb, weinte H. Tränen, p. 117, 5), die H. als den πατὴρ τοῦ Ἑλληνικοῦ (p. 117, 8), als ἀνὴρ πεπαιδευμένος φιλάνθρωπός τε καὶ πρᾷος τὸ ἦθος (p. 117, 19) zeigen. Von den 30 μελέται, die von H. publiziert vorlagen, erwähnt Philostrat als die besten: οἱ Καταναῖοι (vgl. Schol. Hermog. VII 795, 19 Walz: ῥεῖ ἐπὶ τὴν Κατάνην ἀπὸ τῆς Αἴτνης τὸ πῦρ· καὶ συμβουλεύει τις μετοικεῖν, s. Paus. X 28, 2), οἱ Σκύθαι (vgl. Alexander Peloplaton bei Phil. p. 78, 20 ὁ τοὺς Σκύθας ἐπανάγων ἐς τὴν προτέραν πλάνην, ἐπειδὴ πόλιν οἰκοῦντες νοσοῦσι), ὁ Δημάδης ὁ μὴ ξυγχωρῶν ἀφίστασθαι Ἀλεξάνδρου ἐν Ἰνδοῖς ὄντος (Demades offenbar gedacht als Gegner des Demosthenes, ähnlich wie in den durch den Index – R. Schöll Herm. III 277 – bezeugten untergeschobenen Demadesdeklamationen). In den Dialexeis lehnte sich H. an Platon und Dion an (was vielleicht auf vielfach philosophischen Inhalt schließen läßt), die μελέται zeigten Stärke wie die Polemons, aber oft mehr Anmut und glatten Fluß (εὔροια, p. 119, 21). Noch im späteren Alter (nach dem Tode des Lykiers Herakleides, s. o. S. 470) ist H. nach Smyrna gereist, um das ἦθος τῆς Ἰωνικῆς ἀκροάσεως bei dem Sophisten Megistias gründlich kennen zu lernen (ausführliche Schilderung dieses Zusammenseins bei Phil. c. 5; das Thema, das Megistias dem H. zunächst stellte, betraf τὸν μάγον τὸν ἀποθνήσκειν ἀξιοῦντα, ἐπειδὴ οὐκ ἐδυνήθη ἀποκτεῖναι μάγον μοιχόν). Interessant ist, daß Philostrat H. nicht nur als einen Kenner der alten Dichter preist (hatte der Sophist Nikagoras die Tragödie die Mutter der Sophisten genannt, so sagte H.: ἐγὼ δὲ πατέρα Ὅμηρον, wie er ein andermal Homer als die φωνὴ σοφιστῶν, Archilochos als ihr πνεῦμα bezeichnete, p. 119, 25ff.), sondern sogar sangbare lyrische Nomoi (Götterhymnen?) von ihm erwähnt (p. 120, 2).