RE:Lactuca
Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft | |||
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Gemüsepflanze Lattich | |||
Band XII,1 (1924) S. 367–369 | |||
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Lactuca, Θρίδαξ (attisch nach Athen. II 68 f θριδακίνη. L. sativa L. (Romana Gars), Lattich, heute in Griechenland τὸ μαροῦλι und τὰ μαρούλια genannt, wohl nur Kulturform der in Europa bis Nordafrika und Mittelasien verbreiteten L. scariola, einer Pflanze aus der Familie der Kompositen (Cichorieae–Crepidinae, Engler-Prantl Nat. Pflanzenfam. IV 5, 371). Vermutlich schon im alten Ägypten bekannt (Buschan Vorgeschichtl. Bot. 143) wird sie in der erhaltenen griechischen Literatur zuerst erwähnt von Alkman frg. 20 (θριδακίσκας) und Herodot III 32. Theophrastos, der die Formen θριδακίνη und θρίδαξ gebraucht, sagt: Sie gehört zu den Gemüsepflanzen (h. pl. I 12, 2), hat eine Haarkrone auf den Früchten (III 3, 2), läßt mehrere Aussaaten zu (VII 1, 2); beschnitten treibt sie wieder aus und wird hiedurch besser, denn die jungen Sprossen sind schmackhafter, während die älteren zuviel Milchsaft haben und daher bitter sind: andere freilich behaupten, gerade die jungen seien saftreicher und erschienen nur süßer, solange sie jung seien (h. pl. VII 2, 4; c. pl. II 15, 6). Sie und die ἀνδράχνη hätten die Wurzeln kurz, sowohl die Hauptwurzel als auch die Verzweigungen, erstere hat statt dieser nur Fasern, aber auch bei versetzten Pflanzen seien die Wurzeln kürzer als bei gesäten, denn sie treiben mehr seitwärts aus (h. pl. VII 2, 9). Bei der zahmen Gattung unterscheidet er eine dunkle und eine helle Art und von dieser wieder drei Formen, die breitstengelige, die rundstengelige und die lakonische, diese hat ein Blatt wie die Artischocke und wächst stark und aufrecht ohne Seitentriebe. Die Stengel der breiten Art werden manchmal so stark, daß man sie zu Gartentürchen nehmen kann; die dunkle hat viel Milchsaft, kleine Blätter und gleicht der wilden (h. pl. VII 4, 5 = Athen. II 69 a). Diese wilde Art hat ein kürzeres Blatt, das voll entwickelt mit Stacheln besetzt ist wie auch der Stengel und wächst auf Feldern. Der Milchsaft ist scharf und giftig, man sammelt ihn um die Zeit der Weizenernte, er soll gegen Wassersucht gut sein und mit Frauenmilch das Fell und die Flecken auf den Augen beseitigen (h. pl. VII 6, 2. IX 8, 2. I 10, 7 u. a. Dioscur. m. m. II 136 W.). Das hat schon Fraas Syn. flor. class. S. 200 von L. coriacea Schultz erkannt, doch dürfte auch L. virosa L. darunter fallen. Als Schädling nennt Theophrastos die πρασοκουρίδες (h. pl. VII 5, 4). Plin. n. h. XIX 177 urucae et vermiculi, limaces et cocleae. Den lateinischen Namen leitet schon Varro de l. l. V 104 von lac ab wegen des Milchsaftgehaltes, ihm folgen Plin. n. h. XIX 116 und Isid. orig. XVII 10, 11 u. a.
Columella r. r. XI 3, 26 kennt mehr Arten, eine mit brauner und sozusagen purpurner und [368] grüner Farbe und krausem Blatt, den caecilianischen Salat, der im Januar zu säen ist, zweitens den kappadokischen Salat mit bleichen, kammförmig eingeschnittenen und dichtstehenden Blättern, im Februar zu säen, drittens einen mit weißen und sehr krausen Blättern aus Südspanien, im März zu säen, und endlich einen rötlich-weißen mit glatten, sehr zarten Blättern aus Cypern, der bis Mitte April verpflanzt werden kann. Plinius folgt teils Theophrastos, dessen lakonische Art er als sessilis bezeichnet (XIX 125 vgl. Martial. III 47, 8. X 48, 9. Priap. 51, 19), und der Quelle des Columella; eine Bestimmung solcher unsteten Kulturformen ist nicht wohl möglich, erkennen lassen sich nur die Formen des Schnitt- und Bindsalates, nicht dabei ist unser Kopfsalat; dafür spricht auch, daß er in Griechenland erst aus Deutschland eingeführt wurde und γερμανικὴ σαλάτα heißt (Heldreich Nutzpflanzen 28). Über den Anbau bemerkt Columella, man solle die Stecklinge verpflanzen, wenn sie sechs Blätter haben, und zwar in sonnigen Küstenlagen im Herbst, im Binnenland im Frühjahr, die Wurzel sei mit Mist zu umhüllen. Im Winter empfiehlt sich das Verziehen weniger; doch könne man sie in warmem Klima bei reichlicher Bewässerung fast das ganze Jahr aussäen; um den Wipfelsproß am Aufschießen zu hindern und die Entwicklung in die Breite zu fördern, solle man in der Mitte eine Scherbe auflegen. Weitere Vorschriften bieten Pall. agric. II 14. III 24 und die Georgika XII 13ff. Eine Anweisung, die L. mit Würzkräutern und Bohnen in Salzlake und Essig einzumachen, gibt Col. r. r. XII 9; vgl. Plin. n. h. XIX 128. Zu Rom gab man die L. früher am Schluß der Mahlzeit wegen ihrer kühlenden Eigenschaften, später aber als Vorspeise (Horat. sat. II 7, 59. 8, 8. Verg. mor. 76. Martial. XIII 141ff. III 50, 4. XI 52, 5. XII 19 u. a.). Dieses kühlende Gefühl, das die Pflanze infolge ihres Wassergehaltes erzeugt, ist schon Hippocr. de diaeta II 54 erwähnt (vgl. Cels. de med. II 32). Nach dem Pythagoreer Lykos nannten diese die breitblätterige Art εὐνοῦχος, die Frauen aber ἀστυτίς wegen ihrer abstumpfenden Wirkung auf den Geschlechtstrieb (Athen. II 69 e = Plin. n. h. XIX 127). Diphilos von Syphnos nennt sie ebenda εὐστόμαχος, ψυκτική, εὐκοίλιος (Martial. XI 52, 5. Cels. II 24), ὑπνωτινή (Cels. II 32. Hist. aug. Tacit. 11), εὔχυλος, ἐφεκτικὴ τῆς πρὸς τὰ ἀφροδίσια ὁρμῆς. Die gleichen und weitere Wirkungen verzeichnen Dioscur. m. m. II 136 W. Garg. Mart. 11. Ps.-Orib. I 15 = A. Mai VII 411. Ruf. ed. Ruelle 430. 481. 544. 650. Sim. Seth s. v. μαρούλλια. Geop. XII 13. Psap. 31 und ausgeschrieben von Galen XI 887. Aetios I s. v. Paul. Aegin. VII 3 s. v. (vgl. Gal. VI 624) Wellmann. Plin. n. h. XIX 128 erzählt auch, daß der Arzt Antonius Musa den Augustus in einer Krankheit durch die L. gerettet habe. Die antierotische Wirkung wurde sagenhaft damit erklärt, daß Aphrodite den Adonis in einer L. verborgen habe, so von Kallimachos, Eubulos, Kratinos (Athen. a. O.), Murr Pflanzenwelt 168. Von der wilden L. sagt Dioskur. (a. O.) mit Recht, daß ihr Milchsaft ähnlich dem Mohnsafte einschläfernd und schmerzstillend wirke (vgl. Binz Grundz. der Arzneimittellehre9 10. Berg Pharmazeut. Warenkunde2 [369] 490. Heute ist dieser eingetrocknete Saft (lactucarium) nicht mehr gebräuchlich.
Plinius nennt (n. h. XIX 59) Lactucini als Zweig der Gens Valeria, und Hieronymos ep. VII 5 erwähnt ein Sprichwort: similem habent labra lactucam. Schuch Gemüse u. Salate d. Alten, Rastatt 1853.
Celsus de med. II 12, 1. V 7, 8 und III 21 (108, 17 Daremberg) spricht von einer l. marina, die nach Columella r. r. VI 15, 2 die Griechen τιθύμαλλος hießen. Ob diese gleichgesetzt werden darf mit der l. caprina des Plinius (XIX 128. XX 58) ist fraglich, bei Ps.-Dioscur. m. m. IV 164 heißt der ἡλιοσκόπιος τιθυμαλλος: λακτοῦκα καπρίνα und der κυπαρισσίας: μουλτιλάγω καπρίνα und καπράγω.