RE:Sosius 2
Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft | |||
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C. Feldherr des Antonius | |||
Band III A,1 (1927) S. 1176–1180 | |||
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2) C. Sosius, Feldherr des Antonius.
1. Name. C. Sosius (Act. triumph. Capitol. CIL I2 50. Act. lud. saec. CIL VI 32323 v. 150. Fast. Venus. CIL IX 4855. CIL p I2 62. Suet. Aug. 17. Nep. Attic. 23, 3. Tac. hist. V 9. Vell. pat. II 86, 2; Senec. suas. II 21; vielleicht auch (vgl. unten) Cic. ad Attic. VIII 6, 1. Γάϊος Σόσιος Dio IL 22, 3; ohne Pränomen Fast. Cupr. CIL I2 p. 62. Vell. Pat II 85, 2. Cic. ad Attic. [1177] IX 1, 2 (s. u.); Σόσιος Dio IL 22, 5. 23, 1. 41, 4. L 2, 5. 14, 1. LVI 38, 2; Sosius (mit und ohne Pränomen) Tab. triumph. Barber. CIL I2 76. Fast. Coll. incert. urb. CIL I2 68; Σόσσιος Dio LI 2, 4. Appian bell. civ. V 73. Joseph. Flav. passim.; Κοίλιος Plut. Ant. 34. 65.
2. Leben. a) Vorseinem Consulat Über die Familie des S. ist uns ebensowenig etwas bekannt, wie über seine Jugend. Die Act. triumph. Capitol. CIL I2 p. 50 bezeichnen ihn als C(aii) f(ilius). Mit Recht lehnt Dessau Prosop. imp. Rom. III 253 n. 556 eine Identifizierung unseres S. mit dem bei Cic. ad. Attic. VIII 6, 1 erwähnten Quaestor und Praetor dieses Namens ab, da er auf einer Münze aus dem J, 40 v. Chr. (Babelon II 463 n. 1) wieder als q(uaestor) erscheint (es müßte denn sein, daß der Buchstabe Q auf der Münze anders zu deuten wäre), während er nach Cicero dieses Amt bereits im J. 49 bekleidete (Cic. ad. Attic. VIII 6, 1. C. Sosius praetor in Formianum venit ad M.' Lepidum vicinum nostrum, quoius quaestor fuit; Cic. ad Att. IX 1, 2 prid. Non. Mart. [49] urbem iam refertam esse optimatium audio, Sosium et Lupum, quos Gnaeus noster [sc. Pompeius] ante putabat Brundisium venturos esse quam se ius dicere).
Genaueres erfahren wir über unseren S. etwa erst seit dem J. 40 v. Chr., wo er als Parteigänger des Triumvirn Antonius erscheint. In der Zeit der Neuregelung der Verhältnisse auf der Balkanhalbinsel durch Antonius S. eine eigenartige Stellung auf Zakynthos, die auf mehrere Jahre mit dem Rechte der Münzprägung verknüpft war (Gardthausen Augustus I 358. Bahrfeldt Journ. arch. 1908, 219ff.). Diese Tatsache ergibit sich aus einer Münze mit der Aufschrift ZA (nach Bahrfeldt 221f. wahrscheinlich Zakynthos), die auf der Reversseite die Legende M. Ant(onius) imperator), auf der Aversseite die Inschrift C. Sosius Q(uaestor) trägt. Bahrfeldt 221 gewinnt aus der Darstellung eines auf einem Blitze stehenden Adlers mit geschlossenen Flügeln auf der Reversseite, was entschieden an den Typus der Ptolemaiermünzen erinnert und wohl eine Huldigung für Kleopatra bedeuter, als Zeitpunkt für ihre Prägung das J. 40, indem er sie mit der Anwesenheit des Antonius in Ägypten (Herbst 41) in Zusammenhang bringt. Im Vertrag von Puteoli (715 = 39) erfolgte die Designation des S. und des Cn. Domitius Ahenobarbus zu Consuln für eines der folgenden Jahre (Appia. bell. civ. V 73. Dio XLVIII 35, 1). Auf einer Münze von Zakynthos (Babelon II 463 nr. 3. Bahrfeldt Num. Ztschr. XXIX 1897, 76), nennt sich auch S. co(n)s(ul) desig(natus); ihre Prägung gehört in die Zeit zwischen 39 un dem 1. Jänner 32, dem Antritt seines Consulates (Bahrfeldt 221). Im J. 38 betraute ihn Antonius mit der Statthalterschaft in Syrien (Joseph. ant. Iud. XIV 447. Dio IL 22, 3) und nach Dio IL 22, 3 auch in Cilicien. Maaß Neue Jahrb. XXVII 1911, 43ff. glaubt, daß S. während seiner Statthalterschaft die Niobidengruppe aus dem cilicischen Seleucia, dem Mittelpunkt des Niobekultus für die hellenische Bevölkerung, und ebenso ein Kultbild des Apollo aus Zedernholz von dort entführt hat (Plin n. h. XXXVI 28. XIII 53, s. u.), und stützt [1178] seine Annahme durch den Hinweis, daß Ovis met. VI 298ff. ebenso wie der Künstler des Portalschmuckes des von Augustus errichteten Tempels des palatinischen Apollo die Niobidenstatue gekannt haben muß.
Dem Auftrag des Antonius bei der Aufhebung der Belagerung von Samosata, Herodes nach Jerusalem zurückzuführen (Joseph. ant. Iud. XIV 15, 9. Plut. Anton. 24), konnte S., durch die Niederwerfung von Aufständen in der eigenen Provinz in Anspruch genommen (Dio IL 22, 3), vorläufig nur insofern nachkommen, daß er dem Herodes zwei Legionen zur Verfügung stellte (Joseph. bell. Iud. I 7, 2. Gardthausen I 238). Ohne S., der nach dem Falle von Arados freie Hand bekommen hatte (Dio IL 22, 3), abzuwarten, rückte Herodes im Frühjahr 37 vor Jerusalem, das nach der Ankunft des Legaten 11 Legionen und 600 Reiter angriffen (Drumann-Gröbe I 326). Nach dem Falle Jerusalems, der wahrscheinlich in den Juli 37 gehört, da Herodes unmittelbar nach dem Ende des Winters 38/37 (Joseph. ant. Iud. XIV 15, 14 λήξαντος τοῦ χειμῶνος; bell. Iud. I 17, 18 λωφήσαντος τοῦ χειμῶνος) an die Belagerung der Stadt geschritten ist und diese fünf Monate gewährt hat (Joseph. bell. Iud. I 18, 2 πέντε μησὶ διήνεγκεν τῆν πολιορκίαν, vgl. zur Chronologie Kromayer Herm. XXIX [1894] 563f., der die ganze Frage quellenmäßig bespricht), ergab sich Antigonos, wurde aber von S. gefesselt (Tac. hist. V 9. Senec. suas. II 21. Dio IL 22. 3; damit er den Gefangenen auf dem Wege nach Syrien streng bewache, machte ihm Herodes unter dem Scheine der Dankbarkeit große Geschenke (vgl. Otto Art. Herodes o. Suppl.-Bd. II S. 31. Drumann-Groebe I 326f.). An die Tätigkeit des S. in Syrien erinnert auch eine Münze aus Zakynthos, die den Kopf des Antonius ohne weitere Bezeichnung zeigt, den S. aber imp(erator) nennt, wozu er von seinen Legionen nach dem Falle Jerusalems ausgerufen worden war (Babelon II 467 nr. 2, auf ihrer Reversseite das Tropäum mit dem Juden und der Jüdin am Boden kniend, wohl dem Denar Caesars mit den gallischen Gefangenen nachgebildet, Babelon II 467 nr. 11. 12. Bahrfeldt 221).
Über das Leben des S. in den folgenden Jahren ist nichts Näheres bekannt; doch aus der Tatsache, daß er seinen Triumph über die Juden erst am 3 September 720 (= 34) feierte (Fast. triumph. Capitol. CIL I2 p. 76. CIL IX 4855 wird S. triumphalis genannt), geht wohl hervor, daß er bis dahin von Rom fern gewesen ist.
b) In und nach dem Consulat. Am 1. Jänner 722 = 32 trat er zusammen mit Cn. Domitius Ahenobarbus das Consulat an (Fast. Venus. CIL I2 p. 66. Suet. Aug. 17. Nep. Attic. 22, 3. Fast. Coll. CIL I2 p. 68. Dio IL 41, 4 L 2. Münzer Art. Cn. Domitius Ahenobarbus o. Bd. IV Nr. 23 S. 1330. Gardthausen I 214, 8. 238. 240, 13). Sosius erklärte sich noch am Tage des Amtsantrittes für Antonius und gegen Octavian und verließ mit seinem Amtskollegen heimlich Rom (Dio L 3, 6); nur Suet. Aug. 17 berichtet, Octavian habe nachträglich behauptet sie Antonius zugesendet zu haben, mit dem sie im März in Ephesus zusammentrafen (zur [1179] Chronologie Kromayer Herm. XXIII 42, 5, 45). S. blieb nominell auch weiter Consul, obwohl er Rom im J. 32 scheinbar nich mehr betreten hat. Diesem Jahre gehört eine 4. Münze aus Zakynthos mit der Bezeichnung des S. als co(n)s(ul) an (Babelon II 467 nr. 4. Bahrfeldt 221).
Ende August 723 = 31 (nach Kromayer Herm. XXXIV 26, 1, der mit Recht aus Dios L 14, 1 Worten ὑπὸ τὴν ἕω, ὁμίχλην βαθεῖαν τηρήσας auf eine schon etwas vorgerückte Jahreszeit schließt) finden wir S. in den Gewässern von Actium. Hier ging er, der langen Untätigkeit müde (Kromayer Herm. XXXIV 26, 5), eines Tages bei dichtem Morgennebel auf die Flotte Octavians los und warf sie in die Flucht, doch Aprippa gelang es, die Antonianer mit großen Verlusten zurückzuwerfen und die anfängliche Niederlage der Seinen in einen Sieg zu verwandeln (Kromayer Herm. XXXIV 21, bei Plut. Ant. 65 steht statt S. Κοΐλιος). Der Bericht Dios L 14, eine der Hauptquellen für die Schlacht bei Actium, ist in mancher Beziehung unklar, möglicherweise die Überlieferung verderbt (Σόσσιος Λουκίου Ταρησίου ναυσὶν ὀλίγαις ἐφορμοῦντος σφίσιν … ἐξανήχθη – καὶ προσδιεφδάρη μετά τε τοῦ Ταρκονδιμότου καὶ μετ᾽ ἂλλων πολλῶν); die in ihm von Vossius vorgeschlagene Änderung des sonst unbekannten Namens des Legaten Ταρήσιος in Ἀρρούντιος verwirft meines Erachtens Gardthausen II 191 mit Recht; denn ganz abgesehen davon, daß sich diese Annahme nicht mit der Überlieferung in Einklang bringen läßt, widersprechen ihr die späteren Schicksale des S.; daher hat die Ansicht Gardthausens II 191 statt Ταρησίου Ταρίου zu lesen, viel für sich, da Tarios ein Legat des Augustus war; auch mit der Bemerkung von Sturz, zu den Worten καὶ προσδιεφθάρη, die sprachlich unbedingt auf S. bezogen werden müssen, ‚alius Sossius, cui Augustus post pugnam dedit veniam‘, erklärt sich Gardthausen II 192 nicht einverstanden, meint vielmehr, daß das Subjekt zu dem Verbum προσδιεφθάρη ausgefallen sei, möglicherweise sich aber hinter den Silben καὶ προς verberge; in der Tat läßt sich ein zweiter S. in dieser Zeit nich nachweisen (vgl. auch Drumann-Groebe I 354f). In der Hauptschlacht befehligte S. den linken Flügel (Vell. Paterc. II 85; vgl. Plut. Ant. 65, der S. irrtümlich Κοίλιος nennt). Mit seinem Flottenkommando bei Actium endet offenbar die militärische Laufbahn des S. Obwohl er sich nach der Schlacht einige Zeit verborgen gehalten hatte, wurde er doch später gefangen genommen (Dio LI 2, 4) und verdankte nur der energischen Fürsprache des Arruntius bei Octavian seine Freilassung (Vell. Paterc. II 86, 2. Dio LI 2, 4. LVI 38, 2). In diese Zeit (Huelsen-Jordan Topogr. Roms I 3 536 ‚aus der Zeit gegen Ende der Republik‘) fällt der Um- oder gar Neubau des Apollotempels beim Marcellustheater durch S., so daß er von nun an den Namen templum Apollinis Sosiani führt (Pascal Studii di antichita 1896, 3. Richter Röm Topogr. 213. Wissowa Röm. Religion 239f.), in dem er die ans dem kilikischen Seleukia entführten Kunstwerke, die Apollostatue und die Niobidengruppe (vgl. oben), aufstellte (Plin. n. h. XIII 53 Cedrinus est Romae in delubro Apollo Sosianus Seleucia [1180] advectus. XXXVI 28 in templo Apollinis Sosiani Niobae liberos morientes). Durch diese Aufstellung verschaffte S. dem vorher nur lokalrömischen Heiligtum Weltbedeutung; es wurde vielleicht am Geburstag des Kaisers (23. September) eingeweiht; zu diesem Tage verzeichnet nämlich das Homorologium der Arvalen Apollini ad theatrum Marcelli (Huelsen-Jordan I 3, 536, 78. Maaß 46). Im J. 737 = 17 wird S. im den Akten der Säkularfeier als XVvir sacris faciundis gennant (Wissowa Ephem. epigr. VIII 241 = CIL VI 32323 v. 150. Mommsen Ges. Schr. VIII 587).
Über das Lebensende des S. ist uns nichts bekannt. Bor seiner Familie kenner wir aus CIL IX 4855 seinen Pronepos L. Nonius Quintilianus.