Ἄγχουσα (attisch auch ἔγχουσα, anchusa), ist als Färber-Ochsenzunge, Färber-Alkanne, Schminkwurzel, Anchusa tinctoria L. zu deuten (nicht als das in Attica viel seltenere Lithospermum tinctorium L. = Steinsamen, woran Sprengel mit dachte), eine durch den roten Farbstoff, den sie enthält, wichtige Pflanze aus der Familie der Boragineae. Sie ist in Südeuropa verbreitet – besonders häufig auf trockenem, unfruchtbarem, sandigem Boden der Ebenen und Hügel, in Attika selbst bis über 1000 Fuss Höhe – wächst meist wild, wird aber ihrer wertvollen Wurzel wegen hie und da kultiviert; vgl. Fraas Synops. pl. fl. cl. 162. Billerbeck Flora class. 39. Lenz Bot. d. a. Gr. u. R. 535. Leunis Synops. II. Teil³ II § 639, 9. Ihr neugriechischer Name ist βαφοῤῥίζα (Schminkwurz); phoinikisch heisst sie βουινεσάθ (vgl. Sprengel zu Diosc. IV 23). Sie gehört unter die ἐπιγειόφυλλα (Pflanzen mit auf der Erde liegenden Blättern); vgl. Theophr. h. pl. VII 8, 3. Schol. Nic. Ther. 638. Über die Blütezeit s. v. Heldreich Pflanzen d. att. Ebene 495. 531. Wichtig war die Pflanze von jeher, vor allen Dingen in technischer Beziehung. Wie der Krapp besitzt sie eine rote Wurzel. Theophr. h. pl. VII 9, 3. Plin. n. h. XXII 48. Cael. Aur. chron. III 5, 74. IV 8, 127. Pelag. vet. 26. Aus dieser fingerdicken Wurzel, deren Rinde einen purpurroten Farbstoff enthält, bereitete man eine Gesichtsschminke, deren sich vorzugsweise die Frauen bedienten zum Rotfärben der Wangen, der Nägel und der Haare; vgl. Schol. Aristoph. Lysistr. 48; Eccles. 929. Xen. Oec. X 2. 7. Cass. Dio LXXIX 14. Poll. V 101. Hesych. Themist. or. XIII p. 167. Neumann-Partsch Physik. Geogr. v. Griechenl. 456; am ausführlichsten Blümner Terminol. u. Technol. I 215ff. Daher ἀγχουσίζεσθαι[2112] (Hesych.) = sich schminken; vgl. Etym. M. s. ἐγχουσίζω. Wie ἄ. noch jetzt bei Herstellung der roten Lippenpomade Verwendung findet, so diente es schon im Altertum zum Rotfärben von Salben und Ölen (vgl. Theophr. de odor. 31. Plin. XIII 7. 9. 10. XXI 121), sowie zum Färben des Bernsteins (Plin. XXXVII 48), des Holzes und der Wachskerzen (Plin. XXI 99). Dioskorides (IV 23–25) unterscheidet drei Unterarten von ἄ. Die erste führt ausserdem die Bezeichnung κάλυξ oder ὀνοκλεία – dies ist offenbar Anch. tinctoria L.; vgl. Plin. XXVII 59 –, die zweite (mit kleineren Blättern) heisst auch Ἀλκιβιάδιον oder ὀνοχειλές; vgl. Plin. XXII 51. Schol. Nic. Ther. 838. Letztere Pflanze ist wohl auf Echium diffusum Sibth. (Natternkopf, oder Echium elegans Sibth.?) zu beziehen, welches besonders auf Kreta und in Kleinasien wuchs. Den Namen Ἀλκιβιάδιον sollte die Pflanze von einem gewissen Ἀλκίβιος haben, der einst, von einer Schlange gebissen, durch diese Pflanze genas; vgl. Schol. Nic. Ther. 541. Die dritte Abart (mit kleinerer Frucht) des Dioskorides ist nicht genauer bestimmbar; Sprengel vermutet darunter Lithospermum fruticosum. Galen unterschied gar vier Unterarten; vgl. XI 811–813. Über die medicinische Verwendung der Pflanze vgl. ausser Dioskorides und Galen a. a. O. besonders Plinius (XXII 48ff. XXVII 59. XXVIII 151. XXXII 85). Auch zu Medea scheint sie in Beziehung gestanden zu haben, denn sie wurde von ihr mit anderen Pflanzen als Sühnopfer auf dem Scheiterhaufen verbrannt; vgl. Orph. Argon. 964 (ἐρυθρὴ ἄ.). Dierbach Flora myth. 202. Murr Die Pflanzenw. i. d. griech. Myth. 208.