Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen: Maxen

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Textdaten
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Autor: M. G.
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Titel: Maxen
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aus: Meissner Kreis, in: Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen. Band 2, Seite 195–197
Herausgeber: Gustav Adolf Poenicke
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Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1856
Verlag: Expedition des Albums Sächsischer Rittergüter und Schlösser
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Erscheinungsort: Leipzig
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Maxen


in alten Urkunden auch Maxin genannt, liegt 2½ Stunde von der Stadt Pirna, ebenso weit von Dippoldiswalde nur etwas über drei Stunden von Dresden, zum Theil auf einem ziemlich hohen Berge, der nördlich von dem sogenannten Scheer und südlich von der bekannten Maxener Anhöhe überragt wird, zum Theil an dem Abhange dieses Berges, der sich von Westen südöstlich herabzieht bis zum Müglitzthale. Der Ort ist regelmässig sehr schön gebaut und ist seinem Ursprunge nach, der weit, weit in die Zeiten vor der Reformation hinausreicht, ein berühmter Rittersitz, der zuerst burggräflich Dohnaisches Lehn, späterhin aber, nach Vertreibung der Burggrafen von Dohna durch den Markgrafen Wilhelm von Meissen im Jahre 1401 markgräflich Meissnisches Lehn wurde.

Die ersten Begründer der Burg und des Ortes nannten sich die Herren von Maxen, welche vorzüglich in der Oberlausitz blühten, und grosse Besitzungen hatten.

Zu Anfang des 14. Jahrhunderts finden wir schon die Herren von Karras mit Maxen beliehen. Ein Reinhard von Karras besass es 1397, der sich selbst Herr in Maxen nennt. Das Gut blieb dann noch bis in die Mitte des 16. Jahrhunderts bei diesem Geschlechte. Erst im Jahre 1548 verkaufte es Hans von Karras an Wolf von Schönberg, von welcher Zeit an Maxen bis zum Jahre 1819 der von Schönberg’schen Familie ununterbrochen angehörte. Dessen letzter Besitzer, Herr Carl Friedrich Ehrenreich von Schönberg, königlich sächsischer Lieutenant der Cavallerie, starb im Jahre 1813, 38 Jahre alt, an dem in Dresden grassirenden Nervenfieber und wurde in der dasigen Schönberg’schen Familiengruft beigesetzt. Er hinterliess eine Wittwe Auguste, geb. von Döring, aus dem Hause Zollwitz bei Colditz, mit sechs unerzogenen Kindern, zwei Söhnen und vier Töchtern.

Seit dem Tode des Vaters der Letzteren wurde das Rittergut Maxen von dem Aeltesten der Familie aus dem Hause Maxen, dem damaligen Herrn Kammerherrn Rudolph von Schönberg, Erb-, Lehn- und Gerichtsherrn auf Purschenstein, wie auch Majoratsherrn von Reichstädt, administrirt. Durch die im Jahre 1819 erfolgte Subhastation des Gutes kam es in die Hände seines dermaligen Herrn Besitzers, des königlich preussischen Majors Friedrich Anton Serre, der das Gut schon trefflich verbessert und verschönert hat.

Das Schloss, vom schönen Ziergarten grösstentheils umfangen, steht [196] am Abhange, am Süd-Ost-Rande des Ortes und begreift, ausser einem alten hölzernen Hinterflügel, einem dicken, alten, niedrigen Thurmgebäude und einem kurzen, neuen Seitenflügel, besonders ein prachtvolles, 13 Fenster breites, in edlem Style ausgeführtes Hauptgebäude nach dem sehr grossen Wirthschaftshofe hin, dem das neue und musterhaft gebaute Rinderstallgebäude, sowie die schöne Wirthschafterwohnung nicht wenig zieren; er begreift zugleich die Schäferei und die starke Essigfabrik. Daneben steht die Jägerwohnung. An den Gehängen im Osten und Süd-Osten verbreiten sich grosse Obstpflanzungen. Auch gehören die sehr einträglichen Kalkbrüche dazu (die schon vor 400 Jahren in starkem Betriebe waren) und Kalköfen, sowie das nordostwärts unterm Orte etwas entfernt stehende, neu eingerichtete Mineralbad. Sonst war auch ein Weinberg hier, wozu ein Winzerhaus gehörte. Der Weinberg ist in eine Kirschplantage und das Winzerhaus in ein Hahnhaus verwandelt worden. Ausgezeichnet ist die Schäferei, aus welcher Stähre nach Schweden, Italien, Ungarn, ja selbst Südamerika geschafft worden sind.

Der Boden ist ziemlich gut und der Wiesen giebt es genug; das Laubholz und Schwarzholz ist in bestem Zustande; der Obstbau aber vortrefflich zu nennen. Man zieht hier die besten Arten von Kirschen, Pflaumen und Nüssen, sowie treffliche Kastanien. Das Getreide ist sehr mehlreich und dünnschälig, weshalb es hier lieber gekauft wird, als an andern Orten.

Unter der von Schönberg’schen Familie war das Schloss Maxen der Sammelplatz der berühmtesten Gelehrten und Diplomaten, die als Einheimische oder Fremde in Dresden sich aufhielten. Vorzüglich war dies der Fall während der Besitzzeit der Hofmarschallin von Schönberg, einer gebornen Reichsfreiin von Erffa, einer sehr gelehrten und geistreichen Dame. Von jener Zeit existirt auch folgende Anekdote: Die Hofmarschallin von Schönberg erhielt einen Besuch vom Oberhofprediger Reinhardt. Letztrer liess sich das Innere der Kirche zeigen und dieser fand unter den Gemälden Melanchthons, Jonas und anderer Reformatoren und vieler sogenannter Heiligen an der Decke einen seiner Vorgänger, den bekannten sächsischen Oberhofprediger Hoe von Honeck. Bei seiner Rückkehr aus der Kirche wurde er von der ersten Hofmarschallin gefragt, wie es ihm gefallen habe? worauf er antwortete: Sehr wohl, Ihre Excellenz, ich habe mich selbst sehr geschmeichelt in Ihrer Kirche gefunden, denn noch nirgends habe ich einen sächsischen Oberhofprediger unter die Heiligen versetzt gesehen, wie hier den Hoe von Honeck!

Die von Schönberg’sche Familie hat sich um Alles, was Gutes hier geschehen ist, grosse Verdienste erworben und unter den Bewohnern von Maxen und der dazu gehörigen Ortschaften lebt das Andenken an solche fort und fort. Wohin man tritt, wohin man sieht, so erblickt man Früchte von dem ausgesäeten Samen dieses Geschlechts.

Zum Rittergute Maxen gehörten bis zur Einführung der neuen Gerichtsorganisation die Dörfer Mühlbach mit Häselich, Schmorsdorf und Crotta, Hausdorf und der grösste Theil von Schlottwitz.

Der Besitzer von Maxen ist auch Collator über die dasige Kirche und Schule. In die Erstere sind die der Gerichtsbarkeit von Maxen einverleibt gewesenen Dörfer gepfarrt. In dieser Kirche befinden sich viele Inschriften und Gemälde, welche sich auf die von Schönberg’sche Familie, sowie auf mehrere andere mit ihnen verwandte Geschlechter beziehen.

Zum Andenken an die von Schönberg’sche Familie ist eine Gedächtnisspredigt gestiftet, die alljährlich in dieser Kirche abgehalten wird.

In topographischer Hinsicht ist Maxen vor vielen andern Orten ausgezeichnet durch seine ausserordentlich schöne und fruchtbare Lage und durch seine mannichfaltigen Erzeugnisse sowohl über als unter der Erde.

Die Erzeugnisse über der Erde haben wir schon erwähnt und wir haben blos noch zu untersuchen, was unter der Erde hier liegt. Es sind die oben schon erwähnten Kalkstein- und ausserdem die Marmorgebirge, die im Süden zwischen den Dörfern Gersdorf, Borna, Nenntmannsdorf und besonders Maxen in horizontaler Richtung von verschiedener Stärke aufgesetzt sind.

Früher wurde der hier gebrochene Marmor viel häufiger benutzt. Es ist bekannt, dass zum Bau der kathol. Kirche in Dresden Maxener Marmor verwendet worden ist. Herr Major Serre liess auch vor einigen Jahren eine Marmorschleiferei hier errichten, die aber wieder eingegangen ist. Jetzt wird sämmtlicher Marmor theils mit Holz, theils mit Steinkohlen zu Kalk gebrannt.

Die herrschaftlichen Kalkwerke, zu welchen auch eine besondere Bergschmiede gehört, werden bergmännisch betrieben, unter der Leitung eines Ober- und Untersteigers, eines Oberbrenners und mehrerer Unterbrenner und der Absatz des gebrannten Kalks, wovon in Dresden eine eigne Niederlage ist, die den meisten Bedarf zur Gasbeleuchtung daselbst liefert, ist sehr bedeutend. Der hiesige Holzkalk ist vorzüglich zum Bauen vortrefflich.

In den frühern Jahren, wo die Herren von Schönberg Besitzer von Maxen waren und die hiesigen Kalksteinbrecher als Bergleute förmlich eingekleidet jährlich mehrere Male bei Geburtstagen und andern feierlichen Gelegenheiten solenne Bergaufzüge mit Fackeln und Grubenlichtern veranstalteten, wurde auch jährlich am 9. Januar, als dem Geburtstage der Frau von Schönberg, geb. von Döring, eine besondere Bergpredigt in hiesiger Kirche gehalten.

[197] In den vierziger Jahren ist auch auf einem hiesigen, nördlich an der Dresdner Strasse gelegenen Bauerngute, eine sehr reichhaltige und ergiebige Eisensteingrube von dem Herrn Dathe von Burgk eröffnet worden, welche jetzt schwunghaft bebaut wird.

Historisch merkwürdig ist endlich Maxen wegen des hier 1759 vorgefallenen Treffens und der darauf erfolgten Gefangennehmung eines preussischen Corps unter dem General Fink von Finkenstein, weshalb solche unter dem Namen des Finkenfangs bekannt ist. Der König von Preussen hatte den General Fink, einen braven, muthigen Feldherrn, am 15. November über Freiberg nach Dippoldiswalde geschickt, um in hiesiger Gegend den Oesterreichern, welche bei Dresden gelagert waren, die Zufuhr aus Böhmen abzuschneiden. Fink befehligte von Dippoldiswalde aus dem General-Major Wunsch mit der Hälfte seiner aus etwa 18,000 Mann bestehenden Macht, als Vortrapp nach Maxen. Feldmarschall Daun, der Oberbefehlshaber der Oesterreicher, setzte diesem eine Masse leichter Truppen unter dem General-Major Brentano entgegen und zog eine andere Heeresabtheilung nach Rippchen, um den Rücken der Ersteren zu decken.

Am 17. November brach Fink mit dem Reste des Heeres auch nach Maxen auf und später zog er, auf des Königs Befehl sogar die, zu Dippoldiswalde zur Offenhaltung der Strasse nach Freiberg gelassenen drei Bataillons und ein Kürassier-Regiment nach. Daun war, sowie die sächsischen Prinzen Albrecht und Clemens selbst beim kaiserlichen Heere, dessen Marsch in vier Colonnen geschah. Die Höhen von Maltern hatte der General-Feldwachtmeister von Seckendorf besetzt; das Brentano’sche Corps hatte sich nach Röhrsdorf gezogen; die Reichsarmee bei Gieshübel sollte gegen Dohna rücken, um das Finksche Heer auch dort einzuschliessen. Obschon Reinhardtsgrimma von den Preussen besetzt worden war, so verliessen sie doch das Dorf bei dem ersten Angriffe und zogen sich durch den Wald bis Hausdorf. Der Wald wurde nun mit Kroaten und Husaren besetzt und das kaiserliche Corps, welches auf 40,000 Mann stark angegeben wird, rückte in vier Colonnen durch Reinhardtsgrimma und den Wald gegen Maxen vor. Fink, der ausser Acht gelassen hatte, die Anhöhen zu besetzen, wusste von dieser feindlichen Bewegung nichts. Der General-Major Wunsch, der nach Bloschwitz gerückt war, schickte keine Truppen zur Unterstützung. Die Kaiserlichen brachten inzwischen Kanonen auf die Anhöhe vom Walde und fingen an, die preussischen Linien in der Tiefe zu beschiessen.

Von Röhrsdorf her rückte das Corps Brentano’s an und beschoss aus 8pfündigen Feldschlangen bei Wittgendorf das Fink’sche Heer. Eine Stunde darauf ging Daun’s Reiterei in der Tiefe nach und durch Hausdorf. Die Grenadiere und die auf der Anhöhe postirte Batterie trieben die Preussen, welche die Grenadiere in die rechte Flanke nehmen wollten, muthig zurück. Maxen gerieth dabei durch Haubitzen in Brand. Von der entgegengesetzten Seite trieb Brentano die Preussen in die Enge. Mit der Unordnung der Letztern wuchs der Muth der Erstern. In kurzer Zeit hatte man viele Kanonen, Fahnen und Standarten genommen. Das einzige Regiment Jung Modena nahm zwei Bataillons mit allem Geschütz und Ehrenzeichen gefangen.

Von allen Seiten gedrängt, blieb dem preussischen Heerführer nichts übrig, als sich auf die Bergfläche von Falkenhain und Bloschwitz zu ziehen. Die einbrechende Nacht machte dem Treffen ein Ende.

Fink hatte die Absicht, gegen Schmorsdorf sich durchzuschlagen; allein auch dieses wollte nicht gelingen, und auch die Reiterei durch die Reichsarmee bei Sirsen bemühte sich vergebens, durchzukommen. Es blieb dem preussischen Heerführer nichts übrig, als sich zu ergeben. Diese Capitulation unterschrieb Fink am 21. November zu Bloschwitz. Die Gefangenen wurden nach Dresden abgeführt und im grossen Garten bewacht. Nur einzelne Husaren entkamen und brachten dem Könige Kunde von dieser Niederlage und Schmach.

Fink wurde vom Könige zu zweijährigem Festungsarrest verurtheilt und trat dann als General in dänische Dienste.

Der eigentliche Finkenfang erfolgte also nicht, wie das Hauptgefecht, bei Maxen, sondern bei Falkenhain und Bloschwitz.

Auf der Anhöhe von Hausdorf, wo der blutigste Angriff stattfand, liess der verstorbene Hofmarschall von Schönberg einige Linden zum Andenken setzen. Dies das einzige Denkmal dieses so wichtigen Ereignisses.

Maxen mit seinen 76 bewohnten Gebäuden und 707 Einwohnern gehört jetzt zum Gerichtsamt Pirna.

(M. G.)