Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen: Elster

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Autor: O. Moser
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Titel: Elster
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aus: Voigtländischer Kreis, in: Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen. Band 5, Seite 70–72
Herausgeber: Gustav Adolf Poenicke
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Erscheinungsdatum: o. J. [1859]
Verlag: Expedition des Ritterschaftlichen Album-Vereins
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Erscheinungsort: Leipzig
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Elster.


Elster liegt im Amtsbezirke Voigtsberg eine kleine Stunde südlich von Adorf, zwei Stunden von der Böhmischen Stadt Asch, dicht an der Sächsisch-Böhmischen Grenze, 2000 Fuss über der Nordsee in einem lieblichen, nicht sehr tiefen, mit vielen Einschnitten versehenen und mit waldigen Bergen umschlossenen Wiesenthale, durch das sich in anmuthigen Krümmungen der Elsterfluss hinzieht, welcher zwei und eine halbe Stunde südlich vom Dorfe Elster in einem Walde, der Tannig genannt entspringt. Elster bildet mit den von ihm abgebauten Ortschaften Glashütte, Bärenloh, Kessel, Hessenstein, Reuth und Christiansreuth eine Dorfgemeinde von beinahe zweihundert Häusern und mehr als zwölfhundert Einwohnern, die an Grund und Boden 2253 Acker 144 □Ruthen mit 19,247,64 Steuereinheiten besitzen.

Das Rittergut Elster ist ein schriftsässiges Mannlehngut mit einem Areale von 1389 Ackern 214 □Ruthen, darunter 1249 Acker 26 □Ruthen Waldboden, und hat ausser über das Dorf Elster auch noch Herrschaftsrechte in Gürth, Raun mit Kleedorf und Landwüst. Eine alte Chronik, welche früher in Brambach aufbewahrt wurde, erzählt, dass zur Zeit des Heidenthums die Sorben in hiesiger Gegend eine Göttin des Namens Elstra verehrten, die Veranlassung gegeben habe zur Gründung des Dorfes Elster, und es mag nach Unterjochung der bisherigen Bewohner des Voigtlandes ein deutscher Edelmann hier einen befestigten Hof erbaut und so das Rittergut gebildet haben. Wer die frühesten Besitzer des Gutes waren, ist nicht zu erforschen, erst im Jahre 1276 findet sich eine Urkunde, in welcher Heinrich von Plauen, kaiserlicher Oberhofrichter seinem zweiten Sohne ansehnliche Güter in Böhmen nebst den beiden Reichspfändern Selb und Asch, sowie den ganzen Landstrich zwischen Adorf und Neukirchen überliess, wozu also auch Elster gehörte. Im Jahre 1361 gehörte Elster dem Ritter Conrad von Neuberg (Neidberg) und 1397 Friedrich von Neuberg, 1420 aber kaufte von Hans von Neuberg auf Neuberg und Elster ersteres Gut ein Ritter Heinrich von Zedtwitz. Im Laufe des fünfzehnten Jahrhunderts blieb Elster noch im Besitze der Neuberge, 1515 aber erkauften die Brüder Hans Adam und Berthold von Zedtwitz das Rittergut mit Zubehör von Conrad von Neuberg. Die Nachkommen dieser beiden Herren von Zedtwitz blieben im Besitze des Rittergutes Elster bis zum Jahre 1800, wo ein Graf Franz von Zedtwitz auf Oberneuberg dasselbe an sich kaufte, es aber schon 1806 dem Kaufmann Johann Christian Wolfrum aus Hof überliess, zu dessen Zeit auf der vormaligen Schäferei durch den Kaufmann Johann Müller aus Auerbach eine Glashütte angelegt wurde, die später abbrannte und nicht wieder aufgebaut werden durfte. Im Jahre 1809 erwarb Elster der Kaufmann Nikolaus Vögele aus Mannheim, und 1816 gelangte das Gut sub hasta an den Mühlenbesitzer Johann Simon Penzel. Zur Zeit gehört Elster den Herren Rentamtmann und Hagelversicherungsbankdirector Advokat Brunner in Leipzig und Kanzleidirector Schmidt in Dresden.

[71] Die Kirche zu Elster ist auf einem Hügel erbaut, der sich nördlich vor dem Dorfe erhebt, und von welchem man eine treffliche Aussicht nicht nur über den Ort, sondern auch über das ganze freundliche Elsterthal mit seinen hübschen Abwechslungen geniesst. Das alte Gotteshaus sieht schon seit vielen Jahrhunderten auf dieser Höhe und die Tradition erzählt, dass es bis zur Mitte des sechszehnten Jahrhunderts eine Frühmess- und Wallfahrtskapelle gewesen sei, in welcher der katholische Pfarrer zu Adorf den geistlichen Dienst verrichtete der, als die Gemeinde sich vergrösserte, einen Kaplan zur Unterstützung erhielt. Zur Zeit der Reformation, die hier um 1534 Eingang fand wurde die Ausübung des Pfarramtes dem Kaplan zu Adorf übertragen und ihm die alleinige Einnahme der Stolgebühren zugewiesen, der Stadtrath zu Adorf aber erhielt die Collatur.

Im Laufe der Zeit mag die Kirche mannigfache Veränderungen erfahren haben, doch kennt man ihre Schicksale nur bis zum Jahre 1581, wo das Archiv angelegt worden ist. In den Jahren 1639 und 1644 änderte man den Altar und 1656 wurde der Thurm angebaut, der 1753 eine Spindel, Knopf, Fahne und Stern erhielt, die 1816 wieder neu vergoldet wurden. Die Kanzel ist aus dem Jahre 1682 und die Orgel von 1770; die Sakristei baute man 1743. – Im dreissigjährigen Kriege hatte die Kirche das Schicksal einigemale geplündert zu werden, auch wurde sie im Baierischen Erbfolgekrieg von beutelustigen Soldaten heimgesucht. Vom zweiten bis neunzehnten Posttrinitatissonntage 1644 blieb wegen der erlittenen Verwüstungen der Gottesdienst ausgesetzt, sowie auch wiederum vom 2. Pfingstfeiertage bis neunten Sonntage nach Trinitatis 1647. Die Herren von Zedtwitz auf Elster haben sich damals durch Vermächtnisse und Geschenke an Geld, Kleinodien und Kirchenschmuck dem Gotteshause als grosse Wohlthäter erzeigt. – Pfarrer allhier war bis zur neuern Zeit der Diakonus zu Adorf. – In die Kirche zu Elster sind eingepfarrt Mühlhausen mit 400 Einwohnern, Raun mit Kleedorf mit 600, Sohl mit 800, Arnsgrün mit 200, Gürth mit 150 und Grün mit 400 Einwohnern.

Das noch vor wenigen Jahren so kleine ärmliche Dörfchen Elster ist in neuerer Zeit zu grosser Berühmtheit gelangt und zwar durch seine Heilquellen, die man wol schon vor Jahrhunderten kannte, aber erst seit 1809 sorgfältiger untersuchte. Schon 1699 schrieb der Stadtarzt Georg Leissner zu Plauen ein Buch unter dem Titel: „Tractatus de acidularum Elistranarum lympha, das ist: Kurzer Bericht des Elster-Säuerlings. Wie solcher durch Chymische prob und praxin medicam sonderlichen in Heilung des Scharbocks, Mali hypochondriaci, Nierensteins und Zipperleins wegen seines Salis Volatilis kräftig gefunden und gerühmet worden. Allen Elster- und Eger-Säuerlings-Patienten zu Nutz aufgesetzt.“ Im Jahre 1819 fanden sich hier gegen hundert Badegäste ein, aber bei der dürftigen Einrichtung und der Nähe anderer renommirten Kurorte konnte das Bad Elster keine besondere Aufmerksamkeit erregen. Erst der neuesten Zeit gelang es das Publikum für Elster zu interessiren, und der innigste Dank gebührt unserer Hohen Staatsregierung, welche im Jahre 1849 die Badeanstalt zu Elster zu besserem Gedeihen selbst übernahm und mit der grössten Munifizenz Alles aufgeboten hat um derselben nach allen Seiten hin die bestmögliche Vollendung zu geben. Dieses wohlthätige Bemühen hat auch bereits so reifliche Früchte getragen, dass im Jahre 1854 fast achthundert Personen die hiesigen Mineralquellen benutzten; an der Spitze der Gäste aber befand sich Ihre königliche Hoheit die Kronprinzessin von Sachsen.

Elster, welches noch vor Kurzem kaum dem Namen nach gekannt war und ein trauriges Bild von ärmlichen Strohhütten darstellte, hat sich seit 1849 bis zur Unkenntlichkeit verändert. Die Mehrzahl der neuentstandenen Häuser besitzt ein wahrhaft grossstädtisches elegantes Aussehen und ist in einem modernen Style erbaut. Ausser dem Badehause, dem Wettiner Hofe und der Rudert’schen Wirthschaft sind noch zu erwähnen Apollo, Morgenröthe, blaue Kugel, Stadt Leipzig, Sächsischer Hof, Stadt Freiberg, Elsterperle, Altenburger Haus, Marienbrunn, Stadt Plauen, Stiftsgebäude, Carlsruhe, Zollhaus, Flora, grüner Baum, Bellevue, Johanna, Bergschlösschen, Aeskulap, Guttenberg und der goldene Schlüssel. Hier, sowie fast in allen Privathäusern, finden die Kurgäste treffliche Zimmer und Betten und freundliche, herzliche, gefällige und zuvorkommende Wirthsleute, denn die Voigtländer sind bei aller Derbheit ein biederer, herrlicher Menschenschlag.

Was die hiesigen klimatischen Verhältnisse anlangt, so theilt Elster den allgemeinen Charakter der Voigtländischen Gebirge. Die Luft ist frisch und belebend, aber auch, namentlich im Frühling und Herbst, wo häufige atmosphärische Niederschläge und Nachtfröste stattfinden, etwas rauh, weshalb auch empfindlichere Obstsorten, wie Pfirsiche, Aprikosen und Wein nur selten, zarte Gemüse aber erst spät zur Reife kommen. Dafür entschädigt aber auch die herrliche, reine Atmosphäre, in der man mit dem grössten Wohlbehagen den Duft der dichten Nadelwälder, vereinigt mit dem Arom der Feld- und Wiesenblumen, einathmet. Es zeichnen sich die hiesigen Einwohner durch eine dauerhafte unerschütterliche Gesundheit aus, und selbst hundertjährige Leute sind eben keine Seltenheit. Erst kürzlich starb in der Nähe der Müllergesell Händel, insgemein der [72] alte Strassburger genannt, einhundert und elf Jahre alt, und der alte Görl in Juchhe bei Elster hatte im Jahre 1854 sein hundertstes Lebensjahr erreicht. Leute von siebzig und achtzig Jahren verrichten noch mit fast jugendlicher Kraft die anstrengendsten Arbeiten und goldene Hochzeiten gehören zu den gewöhnlichsten Ereignissen. Der schon erwähnte alte Görl hatte seine sämmtlichen Kinder überlebt, dagegen umringten den ehrwürdigen Greis zwanzig Enkel und Urenkel, denen der Alte oft erzählte wie er durch Mässigkeit und Sitteneinfachheit zu so hohem und gesundem Alter gelangt. In seinen Jugendjahren hatte Görl als kaiserlicher Soldat gegen die Türken gefochten und lebte der gewissen Hoffnung, dass sein Kaiser, wenn er des alten Soldaten kümmerliche Verhältnisse erführe, ihn gewiss mit einer kleinen Pension bedenken würde.

Der Kurort Elster vereinigt Alles, was zur segensreichen Wirksamkeit einer derartigen Heilanstalt wesentlich beizutragen vermag, nämlich die Qualität und Quantität der zum innerlichen und äusserlichen Gebrauche dienenden Mineralquellen, vortheilhafte Lage, günstige klimatische und atmosphärische Einflüsse, Aufheiterung aller Art, freundliche Umgebungen, gesellige Vergnügungen, behagliche Ruhe, Bequemlichkeit, Sicherheit, gute Bewirthung und – Wohlfeilheit. Die uns bekannten Quellen sind:

1) Der Marienbrunnen (Trinkquelle, neue Hauptquelle, Stahlquelle, sonst auch als zwei verschiedene Quellen unter dem Namen Augustusquelle und Augenquelle bekannt) ist die an freier Kohlensäure, Eisen und – mit Ausnahme der neuentdeckten Salzquelle – auch an festen Bestandtheilen reichste Quelle. Wassermenge 954 Cubikzoll in der Minute; Temperatur + 10° C., spec. Gew. = 1,005.

2) Der Albertsbrunnen (Sauerbrunnen, Augen- oder Salzquell) hinsichtlich der Mischungsverhältnisse dem vorigen nahestehend, aber weniger reich an Kohlensäure. Wassermenge 851 Cubikzoll in der Minute; Temper. + 10° C., spec. Gew. = 1,0043.

3) Königsbrunnen (Gasquelle, Sprudel, neue Badequelle) zwar eben so reich an Eisen und Kohlensäure als der Marienbrunnen, aber eine geringere Quantität anderer Salze enthaltend. Wassermenge 3313 Cubikzoll in der Minute; Temper. + 10° C., spec. Gew. = 1,0039.

4) Salzquelle – ausgezeichnet durch einen sehr beträchtlichen Gehalt an kohlensaurem Natron und anderen Salzen, ärmer aber an Eisen und Kohlensäure, als die drei erstgenannten Quellen. Temper. + 8° C., spec. Gew. = 1,00084.

5) Johannisquelle, an Eisengehalt mit den drei ersten Quellen ziemlich übereinstimmend, die ärmste aber an Salzen und Kohlensäure, dagegen deutliche Spuren von Schwefelwasserstoffgas enthaltend. Temper. + 8,5° C., spec. Gew. = 1,00012.

Die drei erstgenannten Quellen befinden sich in der Trinkhalle der Colonnade vereinigt, die beiden letzteren, welche erst 1851 aufgefunden wurden und wodurch Elster einen bedeutenden Gewinn erlangt hat, etwas oberhalb der Parkanlagen dicht am Elsterdamme, ebenfalls unter einem gemeinschaftlichen Pavillon.

Endlich noch weiter oberhalb auf dem rechten Elsterufer:

6) Der Moritzbrunnen, reich an Kohlensäure aber ärmer an Salzen und Eisen als die anderen Quellen. Temper. + 12° C., spec. Gew. = 1,00015.

Um die einzelnen Mineralquellen vor dem Zuströmen und der Beimischung wilden Wassers zu schützen, hat man neuerdings dieselben gehörig gefasst und abgesperrt. Uebrigens scheint die Gegend um Elster sehr reich an Mineralquellen zu sein, so dass man noch auf manchen segensreichen Fund zu hoffen berechtigt ist. – Amtliche Berichte liefern den Beweis eines in den Quellen vorhandenen so bedeutenden Reichthums und Ueberflusses an Mineralwasser, dass für jetzt und alle Zeiten der Andrang der Hülfesuchenden, so stark er auch immer sein möge, hinlänglich befriedigt werden kann.

O. Moser.