Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen: Heinersgrün

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Textdaten
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Autor: Otto Moser, Redact.
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Titel: Heinersgrün
Untertitel:
aus: Voigtländischer Kreis, in: Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen. Band 5, Seite 21–22
Herausgeber: Gustav Adolf Poenicke
Auflage:
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Erscheinungsdatum: o. J. [1859]
Verlag: Expedition des Ritterschaftlichen Album-Vereins
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Erscheinungsort: Leipzig
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Heinersgrün.


Mit dem zehnten Jahrhundert erscheint im Voigtlande eine neue Epoche des Anbaus. Um diese Zeit bildeten die von den Sorben angelegten Ortschaften kaum den dritten Theil der jetzt vorhandenen, als aber die Deutschen mit gewaffneter Hand die Slavenstämme zum Christenthum bekehrt‚ und zur Knechtschaft gezwungen hatten‚ entstanden überall Ortschaften und Ansiedelungen‚ deren Namen noch jetzt ihren deutschen Ursprung leicht erkennen lassen. Hierher gehören auch alle Dörfer, deren Namen sich mit grün endigen, wie Christgrün, Hartmannsgrün‚ Reichardsgrün‚ Bernsgrün und Heinersgrün; man bezeichnete damit eine im Walde gemachte Ansiedelung‚ der man den Namen des Anbaues beifügte‚ und so würde Heinersgrün einen Ort bedeuten, den auf ausgerodetem Walde ein Mann‚ des Namens Heinrich gründete.

Die ältesten‚ bekannten Besitzer des Rittergutes und Dorfes Heinersgrün sind die Herren von Feilitzsch. Diese uralte Voigtländische Familie, deren Stammgut Feilitzsch nicht weit von Hof in Baiern liegt, gehörte zu den reichbegütertsten Geschlechtern unseres Vaterlandes, und die Geschichte nennt eine grosse Anzahl Männer dieses Namens, die im Kriege, wie im Rathszimmer ihren Fürsten gute Dienste leisteten. Der erste bekannte Herr von Feilitzsch auf Heinersgrün war Ritter Reinhold von Feilitzsch, Sachsgrün, Gutenfürst, Kemnitz und Trögen, der um das Jahr 1330 urkundlich erwähnt wird. Ihm folgte sein Sohn‚ Reinhold von Feilitzsch‚ und als dieser 1380 mit Tode abging‚ sein Enkel, Ritter Hans von Feilitzsch. Ein Grossneffe des Ritters Hans war Herzog Wilhelms von Thüringen Rath‚ und gründete zwei Linien‚ die Gutenfürster und Heinersgrüner‚ aus welchen namentlich der kaiserliche Oberhofmarschal und Oberstallmeister Hans Christoph von Feilitzsch auf Gutenfürst, [22] Heinersgrün‚ Troschenreuth‚ Kemnitz‚ Posseck‚ Wiedersberg, Zedtwitz und Weischlitz sich auszeichnete. Der älteste Sohn desselben, Adam von Feilitzsch, stand in französischen Kriegsdiensten, und besass 1568 Oberweischlitz, Rosenberg‚ Heinersgrün und Blosenberg, welches letztere‚ ehedem ein besonderes Gut, schon längst mit Heinersgrün verbunden ist. Einer von Adams Söhnen veräusserte Heinersgrün an einen Herrn von Pöllnitz‚ bei dessen Familie das Gut bis zum Anfang dieses Jahrhunderts blieb. Heinersgrün gehörte 1713 dem Kammerrath Jonas Bruno von Pöllnitz auf Sparnberg und Blintendorf, bis 1758 dem Ansbacher Geheimrath‚ Generalmajor und Festungscommandanten August Friedrich von Pöllnitz‚ der ebenfalls Sparnberg und Blintendorf besass‚ und 1790 dem Hessen-Darmstädtschen Kammerjunker Friedrich Christoph von Pöllnitz auf Blosenberg. Hierauf kam das Gut wieder an die Feilitzsche Familie zurück. Der jetzige Besitzer von Heinersgrün ist der Kammerherr‚ Herr Ernst Georg Heinrich Lazarus von Feilitzsch.

Das Rittergut Heinersgrün liegt etwas abgesondert vom Orte‚ und besitzt ausser den Vorwerken Blosenberg und Marxgrün Antheile von den Dörfern Ramboldsreuth‚ Englasgrün‚ Zettlasgrün‚ Berglas, Wiedersberg und Kemnitz, sowie die einzelnen Häuser Wolfsstaude, Oessa und die Hammermühle mit zwei Mahlgängen‚ Schneide-‚ Oel- und Graupenmühle. Einer der Thürme des Schlosses zeigt in seinem Innern noch Spuren eines früheren Burgverliesses.

Das Dorf Heinersgrün gehört zum Amte Voigtsberg, und liegt nahe an der von Plauen nach Hof führenden Poststrasse, nicht weit entfernt von der Bairischen Grenze. Es enthält etwa sechzig Feuerstätten mit ungefähr dreihundert Einwohnern‚ von denen die meisten sich früher, als das Maschinenwesen noch nicht eine Anzahl von Menschenhänden überflüssig gemacht hatte, durch Baumwollenspinnerei ernährten.

Auf einer freundlichen Anhöhe, an deren Fusse die Häuser des Dorfes im weitem Kreise sich hinlagern‚ erhebt sich‚ dem Schlosse gegenüber eine zu Letzterem gehörige Kapelle, welche der heiligen Clara gewidmet war, und in früheren Zeiten von zahlreichen Wallfahrern besucht wurde. Vormals musste der Pfarrer von Wiedersberg‚ wohin Heinersgrün eingepfarrt ist‚ in der Kapelle jährlich siebzehn Mal, später drei Mal Gottesdienst halten, wofür er von dem Besitzer des Rittergutes Heinersgrün eine Vergütung empfing. Jetzt wird in der Kapelle nur noch das Kirchweihfest gefeiert‚ welches auf den Sonntag nach Martini fällt. Die Kapelle ist mit einem Thurme geschmückt, in dem früher drei Glocken hingen‚ von welchen aber in neuerer Zeit die beste gestohlen wurde, eine zweite zersprang, und nur die dritte noch vorhanden ist. Aus Besorgniss dass räuberische Hände auch die Orgel entführen könnten, liess der Rittergutsbesitzer dieselbe aus der Kapelle nach dem Schlosse bringen. In der Kapelle befindet sich eine schöne geräumige Gruft, und die Bekleidung des Altars ist reich und geschmackvoll mit Gold besetzt.

Die Kirche zu Wiedersberg ist ein längst vor der Reformation entstandenes Gebäude‚ welches in den Jahren 1730 und 1760 bedeutenden Reparaturen unterworfen wurde. Der Altar enthält viel alterthümliches Schnitzwerk und stammt aus sehr früher Zeit. An beiden Seiten der Kirche sind Kapellen angebaut‚ von denen eine zum Rittergute Heinersgrün‚ die andere aber den Rittergutsbesitzern auf Wiedersberg und Troschenreuth gehört. Das Innere der Kirche ist zwar ziemlich geräumig‚ doch fehlt es an Licht. Der hohe, schöne Thurm trägt drei Glocken und ist eine Zierde des Ortes‚ in dessen Mitte sich das Gotteshaus erhebt. Wiedersberg gehört zu den sogenannten Streitpfarren‚ über welche bis vor einem Jahrzehent das Collaturrecht Sr. Majestät dem König von Baiern, als Markgrafen von Baireuth, zustand. In den frühesten Zeiten wurden nämlich die kirchlichen Verrichtungen im sogenannten Regnitzlande von Hof aus besorgt, und der Pfarrer der dortigen Mutterkirche hatte die dazu erforderlichen Kapläne zu ernennen. Da nun oft durch Witterung oder sonstige Störungen der kirchliche Verkehr unmöglich wurde‚ so erbaute man in den entfernteren Parochieen Kapellen‚ und die Kapläne mussten in dem Orte‚ wo das neue Gotteshaus entstanden war‚ ihre Wohnung nehmen. Viele dieser Kapellen wurden bereits lange vor der Reformation zu Mutterkirchen und selbstständigen Pfarreien erhoben; dagegen blieben andere in enger Verbindung mit der Kirche zu Hof, deren Pfarrer fortwährend das Recht handhabte, Kapläne zu ernennen oder abzusetzen, und sie zu besolden. Vier Mal‚ früher fünf Mal‚ mussten die Kapläne in der Hauptkirche zu Hof Messdienste verrichten‚ und empfingen dafür vom Pfarrherrn eine Mahlzeit. Verlangte der Bischof von den Geistlichen eine Steuer, so zahlten die Kapläne ihren Beitrag an den Pfarrer zu Hof. Diese Verhältnisse‚ welche zugleich Aufschluss über die älteste Collatur der Pfarre zu Wiedersberg geben‚ bestanden bis 1531‚ wo der letzte katholische Pfarrer zu Hof, Domprobst Friedrich von Brandenburg‚ seinem protestantisch gesinnten Bruder‚ dem Markgrafen Georg dem Frommen die Pfarre zu Hof gegen die Probstei Würzburg abtrat. Dieser Tausch hatte eine Umänderung des Parochialverhältnisses zur Folge‚ indem Wiedersberg selbst Mutterkirche wurde. Das Collaturrecht der Pfarrei‚ hatte Domprobst Friedrich mit der Pfarrei seinem Bruder‚ dem Markgrafen‚ abgetreten‚ und so kam es‚ dass die Markgrafen von Baireuth (Brandenburg-Culmbach) dasselbe bis in die neueste Zeit ausübten, womit Sachsen freilich nicht einverstanden war, und in manche Zwistigkeit mit dem Nachbar gerieth. Die Streitpfarren im Sächsischen Voigtlande sind Wiedersberg, Krebes‚ Mislareuth‚ Sachsgrün‚ Eichicht und Grosszöbern; sie werden jetzt nach einer Convention vom Jahre 1844 abwechselnd einmal von Bairischer, das andere Mal von Sächsischer Seite besetzt. Eingepfarrt in die Kirche zu Wiedersberg sind ausser den Dörfern Wiedersberg und Heinersgrün auch noch Troschenreuth‚ Ebersberg‚ Blosenberg und Romolsreuth. In letzterem Orte ist der Pfarrer Lehnsherr über ein Gut‚ der Bargem genannt. Die Parochie zählt ungefähr 1100 Seelen‚ darunter 200 Schulkinder. In neuerer Zeit ist Heinersgrün aus dem Schulverbande mit Wiedersberg getreten und besitzt jetzt einen eigenen Lehrer.

Otto Moser, Redact.