Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen: Reinsdorf

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Textdaten
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Autor: Otto Moser, Redact.
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Titel: Reinsdorf
Untertitel:
aus: Voigtländischer Kreis, in: Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen. Band 5, Seite 20–21
Herausgeber: Gustav Adolf Poenicke
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: o. J. [1859]
Verlag: Expedition des Ritterschaftlichen Album-Vereins
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Erscheinungsort: Leipzig
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Reinsdorf.


Mag der Reisende das früher so wenig gekannte und doch an Naturschönheiten‚ wie an mannigfachen Vorzügen und Schätzen anderer Art so reiche Sächsische Voigtland auf der hier den Norden mit dem Süden Deutschlands verbindenden Eisenbahn‚ oder auf der grossen Strasse von Böhmen her berühren‚ so wird er, angelangt bei der immermehr aufblühenden Kreis- und Industriestadt Plauen‚ – dem Mittelpunkte des alten Landes der Voigte – sich aufs Angenehmste durch die vor seinen Augen ausgebreitete Landschaft‚ und zwar nicht minder durch das Neue und Freundliche und dabei Solide der Bauart der Stadt mit ihren Thürmen und grossartigen Schloss- und Fabrikgebäuden‚ als vorzüglich durch das Liebliche des Thalgrundes, in dem sich die Stadt bis zum Elsterflusse herabzieht, und durch das Romantische und Abwechselnde seiner Umgebungen überrascht finden.

Hier hat sich vor Jahrtausenden der Elsterfluss‚ der vor dem da einen See gebildet‚ ein tiefes Rinnsaal‚ den Eingang zu der unfern der Stadt beginnenden Voigtländischen Schweiz, durch Felsen und Berge gebrochen und eine herrliche Aue‚ umsäumt von bewaldeten Anhöhen und jetzt bedeckt von Wiesengeländen‚ Gärten und Fruchtfeldern‚ in deren Mitte sich die Stadt gelagert‚ zurückgelassen.

Hier münden auch eine Menge der anmuthigsten Seitenthäler mit ihren sie befruchtenden und belebenden Bachen‚ hier kreuzen sich belebte und von allen Himmelsgegenden her kommende Strassen‚ und soweit das Auge reicht‚ findet es die Gegend mit Dörfern und Landhäusern, – darunter auch stattlichen Schlössern – besäet.

Einer der schönsten Punkte in der Umgebung Plauens und unmittelbar vor dessen Thoren – kaum eine halbe Stunde davon entfernt‚ – ist das Rittergut Reinsdorf, eines der bedeutendsten‚ aber auch am Anmuthigsten gelegenen Güter des Voigtlandes. Dasselbe‚ ursprünglich Reinoldsdorf genannt‚ war in früheren Zeiten und bis zum Jahre 1602 ein landesherrliches Vorwerk‚ ein sogenanntes Küchengut. Im Jahre 1278 finden wir in einer Urkunde, das Dorf Strassberg betreffend, als Zeugen aufgeführt, zwei Herren des Namens Albertus de Reinoldsdorf, senior et junior, welche milites im Dienste des damaligen Voigts Heinrich von Plauen und wahrscheinlich nur Verwalter, nicht Besitzer von Reinoldsdorf waren. Aber wenn sie auch das Letztere gewesen waren‚ so muss doch das Vorwerk Reinsdorf später wieder in die Hände des Landesherrn gekommen sein. Unter der Sächsischen Herrschaft seit 1466 und resp. 1569 wurde es durch den Amtsschösser von Plauen verwaltet. Der Churfürst August verpachtete dasselbe 1578 an den Stadtrath von Plauen auf 12 Jahre. Dass nach Ablauf dieser Pachtzeit im Jahre 1590 der Pacht auf eine gleiche Zahl von Jahren erneuert worden sei‚ ist deshalb wahrscheinlich, weil gerade nach Verlauf von wieder 12 Jahren 1602 eine Veränderung mit Reinsdorf vorging. Es machte nämlich der Churfürst Christian II. das Vorwerk Reinsdorf seinem Oberküchenmeister (und nachmaligen Amtmann, sowie Amtshauptmann zu Zwickau) Sebastian von Metzsch auf Plohn zum Geschenk „für seine zwar geringen‚ aber unterthänigsten treuen Dienste‚“ wie Metzsch selbst sagt. Doch hatte Metzsch bei dieser Begnadigung 5000 Gulden an die Churfürstliche Rentkammer zu bezahlen. Hierauf wurde 1604 das Vorwerk Reinsdorf zu einem schriftsässigen Rittergut mit einem wegen der Landessteuer darauf gelegten Ritterpferde laut churfürstlichen Befehls vom 5. Mai d. A. erhoben. – Nachdem Sebastian von Metzsch 1606 mehrere Grundstücke, Besitzungen und Gerechtsame‚ die zu Reinsdorf gehörig gewesen‚ als: den Hofacker hinter dem Schlosse zu Plauen‚ die zwei Mahlmühlen in der Stadt mit Erb- und Obergerichten‚ sowie die Gerichtsbarkeit über die Vorthören von Plauen‚ (die Bewohner der Vorstädte) – an die Stadt Planen um 12,400 Gülden verkauft hatte, so verkaufte er auch 1613 das Gut selbst wieder an den Landesherrn‚ den Churfürsten Johann Georg I. um 12,000 Gulden‚ der es 1614 an die Stadt Plauen um 15,500 Gülden veräusserte und dabei einige dazu gehörige Hölzer sich vorbehielt. Die Stadt Plauen blieb im Besitz von Reinsdorf bis zum Jahre 1635‚ wo der Stadtrath aus mehrfachen Gründen [21] (die arge Verwüstung des Gutes durch die kaiserlichen Truppen in den Jahren 1632‚ 33 und 34‚ die Unmöglichkeit‚ die darauf noch stehenden Kaufgelder zu bezahlen – die in Folge des Kriegs gehäufte Schuldenlast der Stadt) das Gut an Joachim von Reibold auf Neundorf, Strassberg‚ Kloschwitz, Rössnitz, Gutenfürst und Tannhof verkaufte‚ doch wurde sich Seiten der Stadt „zwei Tagwerk uff der Hoffwiessen‚ beneben den Erbgerichten darauf, so wegen der Schleer bleichen (Schleierbleichen für die baumwollenen Waaren‚ die damals schon in Plauen fabricirt wurden)‚ die Stadt nicht wohl entrathen kann‚“ dabei vorbehalten.

Von 1635–1800 blieb Reinsdorf in den Händen der Reibold’schen Familie. Nach dem Tode des genannten Joachim von Reibold im Jahre 1638 übernahmen seine zwei Söhne Hans Christoph und Hans Philipp das Gut. Des Letztgenannten Sohn gleichen Namens war 1656 Besitzer von Reinsdorf. 1698 folgte ihm sein Sohn‚ der Kammerherr August Gottlob von Reibold, nachdem er sich mit seinen Brüdern verglichen hatte‚ und von ihm erbte das Gut sein Sohn‚ der Kammerjunker und Oberforstmeister Hans von Reibold. Dieser machte 1722 mit seinem Vetter Hans Erdmann von Reibold auf Kloschwitz einen Tausch‚ so dass der Letztgenannte Kloschwitz abtrat‚ und dafür Reinsdorf erhielt. Von ihm kam es 1747 an seinen Sohn‚ den Rittmeister Ferdinand Philipp von Reibold, der es 1800 an seinen Enkel‚ den Lieutnant Ferdinand Christian Wolf von Tümpling verkaufte‚ von dem es im Jahre 1846 durch Schenkung auf seinen Vetter‚ den jetzigen Besitzer, Herrn Kammerherrn und Rittmeister Wolf von Tümpling auf Sorna überging.

Von der Zeit der Gutsübernahme des jetzigen Besitzers an‚ datirt eine neue Aera fur Reinsdorf. An der Stelle der früheren‚ dem Verfall ziemlich nahe gewesenen Gebäude‚ sind neue massive dergleichen – für Jahrhunderte und zwar im schönsten Baustyle erbaut – aus der Erde gestiegen und nehmen den doppelten Raum des früheren Gehöfes ein.

Diese‚ wie die neuangelegten Kunstwiesen hinter dem Schlosse‚ die von Jahr zu Jahr steigenden Erndten‚ die Vervollkommnungen in allen Gutsbranchen‚ geben Zeugniss von dem hohen Stand der Landwirthschaft im Voigtlande im Allgemeinen, wie von dem Verständniss derselben und der Munificenz des dermaligen Besitzers des Gutes insbesondere. Die Gunst der Zeitverhältnisse hat es aber auch gefügt‚ dass die neue von Plauen nach Oelsnitz und in die Bäder führende Chaussee dicht an Reinsdorf vorüber gelegt worden. Hunderte von Wagen‚ Spaziergängern und Reisenden frequentiren diese Passage fast stündlich und beleben das ohnehin reizende Bild. Dabei ist das schöne Alte geblieben. Die uralten Eichen, die herrlichen Laubhölzer, in denen das Gut mit dem Dörfchen liegt‚ dienen ihm heute noch zur Zierde‚ und der alte Bergriese rechts vom Schlosse mit seiner Waldkrone, – in der Volkssprache „Olymp“ genannt, hält treulich Wacht bei ihm, und die Aussicht nach der Stadt hat sich durch den Blick auf das neue Wahrzeichen ihres Aufschwunges – den Bahnhof allda – und die dort vorbeifliegenden Dampfwagenzüge nur verschönt.

Otto Moser, Redact.