Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen: Obernitzschka

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Textdaten
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Autor: M. G.
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Titel: Obernitzschka
Untertitel:
aus: Leipziger Kreis, in: Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen. Band I, Seite 133–134
Herausgeber: Gustav Adolf Poenicke
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Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1860
Verlag: Expedition des Albums Sächsischer Rittergüter und Schlösser
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Commons = SLUB Dresden
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Obernitzschka.


Obernitzschka, welches mit Unternitzschka beinahe zusammenhängt, liegt eine Meile von Grimma und 1 Stunde oberhalb Wurzen und ½ Stunde von Trebsen am rechten Ufer der Mulde, unweit der Strasse von Wurzen nach Leisnig, in einer breiten, wiesenreichen angenehmen Aue gegen 440 Pariser Fuss über dem Meere. Von den jenseitigen Höhen bei Walzig und Pausitz giebt der Ort eine vortreffliche Ansicht. Die Einwohnerzahl beträgt über 400 Seelen. In Obernitzschka ist eine sehr schöne Kirche, die Schwesterkirche des mehr im Süden liegenden Neichen. Hinzugepfarrt sind Unternitzschka, Oelzsch und die Sonnenmühle. Obernitzschka hatte auch seinen eigenen Pfarrer früher, weshalb heute noch Letzterer sein Wohnhaus auch Grundstücke und Garten zur Benutzung und Pflege innen hat. Die Kirche gehört unter die Präpositur und Sedes Wurzen.

Im Jahre 1546 sind beide Kirchen vereinigt worden. Der damalige Herr Besitzer von Obernitzschka, Herr von Minkwitz, stellte nämlich nach dem Abgange des Pfarrers in Obernitzschka, und nach dem gleichzeitigen Ableben des Pfarrers in Neichen nur einen Pfarrer für beide Kirchen an, weil die Stellen zu gering waren und zwei nicht davon leben konnten.

Nach dem Tode des Herrn von Minkwitz, welcher neben Obernitzschka zugleich Trebsen besass, wohin Neichen gehört, kam das letztere Gut (Trebsen) in andere Hände und es entstand Streit zwischen dem Besitzer desselben und dem von Obernitzschka über die Besitzung der Pfarre, indem beide Besitzer ihre Kirche für die Hauptkirche erklärten, also beide das Besitzungsrecht in Anspruch nahmen.

Das damalige Consistorium zu Leipzig entschied dahin, dass bei solcher Sachlage das Collaturrecht zwischen beiden Besitzern abwechseln solle. Und so ist es heute noch. An beiden Kirchen ist ein Pfarrer geblieben, der in Neichen wohnt, aber in beiden Kirchen gleiche Functionen hat.

Was die Kirche von Obernitzschka selbst anlangt, so ist solche auf einem hohen Platz erbaut, von welchem man eine weite schöne Aussicht hat. Sie grenzt unmittelbar mit dem Herrenhause des Ritterguts. Die Zeit ihrer Erbauung kann nicht genau bestimmt werden. Nach allen Andeutungen zu schliessen ist dieselbe vor der Reformation schon erbaut worden. Sie hat manches Schicksal erfahren. Im Jahre 1674 stürzte der Thurm ein, wodurch das Chor bis an die Hälfte der Canzel mit herunter gerissen wurde, ohne jedoch das Rittergut zu beschädigen. Die Maurer suchten die Ursache des Einsturzes in den dem Grunde des Thurmes zu nahe gebrachten Gräbern. Bis zum Jahre 1677 ist an dem neuen Thurm dann gebaut und das Innere der Kirche nach und nach hergestellt worden.

Im Jahre 1604 wurde durch ein grosses Feuer, durch welches die Rittergutsgebäude, 6 Bauergüter, Pfarre und Schule niederbrannten, der Thurm abermals mit zerstört, ohne jedoch der Kirche selbst grossen Schaden zu thun. Die 3 Glocken waren zerschmolzen und herabgefallen. [134] Der neue Guss erfolgte in Dresden und 1845 erfolgte die Weihe der neuen Glocken. Die Inschriften derselben sind folgende:

Auf der grossen:
     Soli deo gloria
Post incendium die XVI Maji 1704
     repente exortum
     haec restauratio facta
Fautore Johanne Laemmel
Consiliario intimo regis Poloniae
     Comissario Zaariano
Collatore Johann Georg de Minkwitz
Capitaneo Praefecturae Grimmensis
     Pastore Johann Michael Bergmann
Per Mettali fussorem regium Dresdensem
     Michael Weinholdt 1705.
Auf der mittleren:
Ich ruf zu Gottesdienst, zu Freud und Leid euch alle
Wie Gott es schickt, kommt oft, damit es Gott gefalle.
1705 goss mich Michael Weinhold in Dresden.
Auf der kleinen:
Ich rufe nur das Volk zu Gottes Ehr allein;
Der lasse sie und mich stets ohne Schaden sein.

So lange der Thurm noch nicht fertig aufgebaut war, hingen diese Glocken in einem auf dem Kirchhofe dazu eigends erbauten Glockenhause. Pfarre und Schule waren schon bis zum Jahre 1713 wieder hergestellt.

Die Kanzel der Kirche ist ebenfalls neu und hinter derselben in der Wand sieht man einen vormaligen Besitzer des Gutes, in Stein gehauen, die Hände gefaltet, sowie auch weiterhin im Schiffe an der Wand das Auge ein steinernes Epitaphium erblickt, welches einem Mitgliede der von Holleufer’schen Familie gesetzt worden ist.

Ausser den oben erwähnten eingepfarrten Dorfschaften gehörte vor dem Jahre 1540 das Dorf Pyrna noch dazu, zu welcher Zeit die eingepfarrten Orte Oelzsch und die Sonnenmühle in die Kirche auf der sogenannten Selnitzmark eingepfarrt gewesen sind. In früherer Zeit existirte nämlich ein Dorf Selnitz und von diesem hat die Selnitzmark den Namen. Ausser der Ruine von der Kirche ist von Allem keine Spur mehr zu finden. Die Besitzer dieser Mark – Bewohner der Orte Oehlschütz, Nemt und Dehnitz – führen heute noch den Namen Selnitznachbarn und Pyrna gehört heute noch zu Obernitzschka.

In der ins 14. Jahrhundert gehörigen Meissner Stifts-Matrikul heisst der Ort blos Nitzschew.

In dieser Zeit gehörte das Rittergut der von Holleufer’schen Familie und von dieser ist es an die aus dem Winkel gekommen, welche es über 100 Jahre besessen haben. Dann im 16. Jahrhundert und zwar schon 1519 war es im Besitze der Herren von Minkwitz, welche noch im Jahre 1720 damit beliehen waren. Von dieser Zeit an kam es an die von Mahlmann’sche Familie. Der erste von Mahlmann war der geniale Dichter und Hofrath Mahlmann zu Leipzig, dessen Dichtungen weit hin heute noch von der Jugend und von dem Alter nicht ohne innere Regung gelesen werden. Welche Begeisterung und Andacht liegt in seinem „Gebet des Herrn.“ Du hast deine Säulen dir aufgebaut und deine Tempel gegründet u. s. w. Der Schwiegersohn dieses gefeierten Dichters Herr E. G. C. Baron von Lorenz ist der jetzige Besitzer dieses herrlichen Gutes.

Den alten in der Nähe des Gutes befindlichen mit einem Wall umgebenen Thurm wollen Einige auch für den Sitz eines Burgwarts ausgeben, wiewohl in den Urkunden nirgends Etwas darüber zu finden ist.

Obernitzschka hat einen starken Wieswachs zum Theil jenseits der Mulde, weshalb das Heu grösstentheils[WS 1] auf Kähnen transportirt werden muss. Es hat gute und vortreffliche Wirthschaft mit schönen Gebäuden und besonders zeichnet sich das Schloss mit seiner angenehmen Lage aus.

M. G.     



Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: grösstenthils