Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen: Schloss Osterstein

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Titel: Schloss Osterstein
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aus: Erzgebirgischer Kreis, in: Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen. Band 4, Seite 207–208
Herausgeber: Gustav Adolf Poenicke
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Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: [1856]
Verlag: Expedition des Ritterschaftlichen Album-Vereins
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Erscheinungsort: Leipzig
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Das Schloss Osterstein.


Das Schloss Osterstein in Zwickau ist auf derselben Stelle erbaut, auf welcher schon vorher das regierende Oberhaupt des Gau Zwickown seinen Regierungssitz hatte. Der Gauherr hiess Zupan, und die Veste des Zupan führte mit dem ganzen Gau den Namen Zwickown. In der Nähe der Veste hatten sich Sorben angesiedelt, trieben Ackerbau, Viehzucht und Handel.

Zu Ende des 9. Jahrhunderts machten die Sorben ein Bündniss mit den Böhmen und Daleminziern, versuchten ums Jahr 880 nach Thüringen einzudringen, wurden aber vom Herzog Popo geschlagen, der den Landstrich von der Elster bis an die Mulde, mithin auch Zwickau unter deutsche Botmässigkeit brachte, verschiedene Burgen anlegte und wohl auch den Zupan von Zwickau vertrieb, indess das Heidenthum aus dieser Gegend nicht ganz vertilgen konnte, und mit den heidnischen Sorben noch manchen harten Kampf bestehen musste, bis endlich im 10. Jahrhundert es dem mächtigen König Heinrich I. gelang, die Sorben auch im Gau Zwickau unter seine Oberherrschaft zu bringen, dem neu eroberten Gebiete, das von nun an Osterland hiess, mehrere Burgen zu geben und im Lande dem Christenthume Eingang zu erzwingen.

Heinrich bezwang die Böhmen, stellte die durch den Krieg und Wasserüberschwemmung zerstörte Veste und Stadt Zwickown oder Cyna wieder her, befestigte sie, und nannte sie wohl, weil dieselbe dem Osterlande zugehörte, Osterstein (östliche Burg), setzte in die Burg einen Voigt oder Burggraf, von denen der erste Cunico geheissen hat, welcher im Namen des Kaisers den Gau regierte, die Advocatia ausübte, und an den die Unterthanen in vorkommenden Fällen appelliren konnten.

Die Nichtadeligen wurden als erbliche Burgvoigte und Burggemeinen für den Garnisondienst in der landesherrlichen Veste bestellt, erhieltet dafür den Genuss des Burglebens, zu welchem ihnen entweder gewisse Grundstücke innerhalb des Reviers der Veste angewiesen, oder solche in einer gewissen Summe für immer vergütet waren.

Der Voigt hatte eine Menge Deutsche in seine Veste gezogen, welche mit ihren Familien ein solches Burglehn erhielten, und daher als Knappen, theils innerhalb der Mauern und Umgehungen, theils auch ausserhalb derselben, in der Nähe des Schlosses wohnten.

Zu diesen Bürgern, welche den Osterstein schützten und mehrere Freiheiten genossen, gesellten sich viele schon früher hier wohnhaft gewesene, zum Christenthum bekehrte Sorben, sowie auch andere Deutsche und betrieben in dieser für Ackerbau, Viehzucht und besonders dem kaufmännischen Verkehr so günstigen Gegend ihre Geschäfte.

Im Jahre 1085 erhielt vom Kaiser Heinrich IV., Graf Wipprecht von Groitzsch die Voigtei Zwickau. Von ihm ging solche auf Bertha Wipprecht, des älteren Tochter, Gemahlin des Grafen Dedo III. von Wettin über.

Bertha war eine fromme Frau und wirkte namentlich in ihrem langen Wittwenstande eifrig durch Stiftungen von Kirchen und Klöstern für Ausbreitung des Christenthums.

Bertha verschenkte später die Voigtei Zwickau an den Neffen ihres verstorbenen Gatten, Dedo IV., Grafen von Rochlitz.

Allein Kaiser Friedrich I. zog die Voigtei über Zwickau wieder zum Reich, weil sie als Reichsmannlehn nicht auf Bertha hätte übergehen und von dieser nicht hätte verschenkt werden können.

Auch legte er dem Voigt zu Zwickau den frühern Rang eines Burggrafen bei.

Diese Burggrafen waren kaiserliche Beamte, ohne irgend ein Eigenthum an der Voigtei zu erhalten, und dem kaiserlichen Oberhofrichter zu Altenburg untergeben; meistens bekleideten Grafen von Starkenberg diese Würde, die sich als Inhaber eines Reichslehns, Burggrafen von Starkenberg nannten.

Im Jahre 1197 ward vom Kaiser Philipp die Voigtei Zwickau an Theodor Dedo IV., des Fetten Sohn, verkauft, ging mit Theodors Tode 1207 auf dessen Bruder Conrad, und als mit Conrads Ableben die Rochlitzische Linie des Hauses Wettin erloschen, auf Dietrich II., den Bedrängten über.

Dietrich dem Bedrängten folgte 1221 Heinrich der Erlauchte, dem die kaiserlichen Kammergüter im Pleissnerlande nebst Zwickau, Chemnitz und Altenburg vom Kaiser Friedrich II. um 10,000 Mark Silber verpfändet wurden, als Mitgabe der zweijährigen Tochter des Kaisers, die mit Heinrichs Sohn, Albert, verlobt war.

Nach der Abtheilung Heinrichs mit seinen Söhnen erhielt Albert (der Unartige), Landgraf von Thüringen, diesen Pfandbesitz, der ihn unter seiner Oberaufsicht später seinem Sohne Heinrich abtrat. Dieser starb schon 1286, und Albert trat wieder als alleiniger Herrscher auf. Kaiser Rudolph von Habsburg erklärte 1273 die drei Städte für ausgeschlossen von der Verpfändung. Kaiser Adolph von Nassau übertrug jedoch 1292 dem Pfandbesitz dieser Städte um 10,000 Mark Silber an König Wenzeslaus von Böhmen, und in Folge einer abermaligen Verpfändung durch Kaiser Albert, lies sich Wenzeslaus 1298 huldigen.

Nach Kaiser Alberts Ermordung, durch seinen Neffen Johann von Schwaben, setzte sich 1309 Friedrich I. in Besitz des Pleissnerlandes, welches sein 1307 ermordeter Bruder Dietzmann seit 1280 für sich in Anspruch genommen hatte.

Die Voigte oder Burggrafen von Zwickau, welche im Schlosse Osterstein ihre Residenz hatten, dauerten bis ins 15. Jahrhundert fort, und führten den Vorsitz im Rathe. Am 22. März 1444 erlangte der Rath für 4000 Mthlr. die volle Gerichtsbarkeit und Schriftsässigkeit, und damit hörte der Vorsitz des Voigtes auf.

Von nun an führte der Voigt den Titel Amtshauptmann und hatte [208] seine Jurisdiction ausser der Stadt, und der Name eines Stadtvoigts ging auf den Vorsitzenden im Stadtgericht über, der aber unter dem Bürgermeister stand.

Das Schloss Osterstein benutzte man bald nicht mehr als Wohnung des Burggrafen oder Voigts, sondern es wurde bei Errichtung der einzelnen Aemter, von der Mitte des 16. Jahrhunderts bis 1770, dahin ein solches gelegt, welches dann in ein Privathaus gelegt wurde, als man von 1775 den Osterstein in ein Zucht- und Arbeitshaus verwandelte.

Dieses Zucht- und Arbeitshaus wurde unter Direction des Oberconsistorial-Vice-Präsidentens Freiherrn von Hohenthal eingerichtet, und damals mit Unterbringung von 200 Züchtlingen eröffnet.

Im Jahre 1804 wurde ein 98 Ellen langes, östlich liegendes Seitengebäude aufgeführt, um die Zahl der vermehrten Züchtlinge unterzubringen. Auch das frühere Magazin wurde zur Anstalt gezogen. Die Vermehrung derselben steigerte sich von Jahr zu Jahr, bis endlich im Jahre 1833 insofern eine Veränderung vorging, als diese Anstalt in ein blosses Arbeitshaus umgeschaffen wurde, die männlichen und weiblichen Züchtlinge nach Waldheim kamen, wo schon 1829 die Geisteskranken nach Colditz versetzt worden waren.

An diesem Arbeitshaus auf Schloss Osterstein, sind seit dem Jahre 1833 ein Director, ein Hausverwalter, ein Hausprediger, ein Hausschreiber, ein Hausarzt, zwei Ober- und mehrere Unteraufseher.

Die Aufseher führen die Aufsicht über die Sträflinge in den einzelnen Facturen, wo verschiedene Arbeiten gefertigt werden, wogegen früher das Spinnen an der Tagesordnung war.

Von diesem Arbeitshause sind seit dem Erscheinen des neuen Criminalgesetzbuches auch einzelne Filiale entstanden, wie z. B. in Voigtsberg und in Brambach: Denn die Zahl der Sträflinge hat in neuester Zeit immer noch zugenommen, so dass dieselben nicht mehr alle in Zwickau untergebracht werden konnten.

Andere nennenswerthe Gebäude Zwickaus sind die beiden Provianthäuser, die Militairkaserne, das Steueramt, das Rathhaus, das Gewandhaus. Früher hielten in demselben die Tuchmacher-Innung und andere Handwerker feil, es wurden auch der sämmtlichen Bürgerschaft die landesherrlichen Mandate auf einem Saale publicirt.

Ferner ist das Kreis-Krankenhaus, das Appellationsgerichts-Gebäude besonders zu erwähnen.

Ausserdem hat Zwickau eine der schönsten Kirchen des Landes. Die Marienkirche dieser Stadt verdient des Beschauens von allen Fremden, die durch diese Stadt kommen.

Dann hat die Stadt viele andere grosse Privatgebäude und gemeinnützige Anstalten und durch den ergiebigen Kohlenbau wird Zwickau von Jahr zu Jahr grösser und reicher.

Zum Schlosse Osterstein gehörte bis zum Jahre 1549 eine Mühle, die Schlossmühle genannt, welche im gedachten Jahre durch Tausch an den Stadtrath kam, der sie aber später an Privatpersonen verkaufte. Ausserdem befinden sich im Orte noch 4 Mühlen. Die zwei Polir- und Schleifmühlen, welche besonders berühmt waren, da in ihnen die eisernen Harnische schön polirt wurden, sind seit 1634 ein Raub der Flammen geworden. Eine dritte ging im Jahre 1836 ein, und wurde zu einer Fabrik eingerichtet.

Die chemische Fabrik und zwei Wollspinnfahriken gehören ebenfalls zum Stadtbezirk.

Die Stadt hat 4 Jahrmärkte, zwei Wochen- und Getreidemärkte, auch zwei Wollmärkte im Jahre.

Der Rath hat 3 Freistellen in der Grimmaischen Fürstenschule zu vergeben, übt das Patronat über die Kirchen und Schulen der Stadt, sowie der Parochie St. Moritz, ingleichen über die Dörfer von Weissenborn und Marienthal.

Von Behörden sind in Zwickau die Kreisdirection, das Kreis-Appellationsgericht, das Justizamt, das Rentamt, die zweite Amtshauptmannschaft, das Steuer-Amt, der Stadtrath, das Bezirksgericht mit dem Gerichtsamte, sowie die Superintendentur, gegenwärtig auf 32 Parochien beschränkt.

An Gärten, Wiesen und Feldern ist die Umgebung der Stadt reich und bildet eine schöne fruchtbare Aue.

Die Stadtmauern sind grösstentheils abgetragen, die Stadtgräben in schöne anmuthige, fruchtbringende Gärten verwandelt.

Im Jahre 1697 hatte die Stadt 635 bewohnte Gebäude; im Jahre 1806 768 Häuser; 1830 schon 829; jetzt aber leben in 992 Häusern 16052 Einwohner.

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