Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen: Limbach (Oberfrohna)
Rittergut und Marcktflecken Limbach, in früheren Zeiten Leimbach genannt, liegen im erzgebirgischen Kreise, im Amte Chemnitz, 3 Stunden westlich von Chemnitz selbst entfernt, gegen Waldenburg zu, am Wege nach Penig. Von Letzterem ist Limbach zwei Stunden und eben so weit von Hohenstein entfernt. Seine Lage ist bedeutend höher, als die von Chemnitz, daher auch das Klima merklich rauher, dabei aber gesund, und der Boden, der zwischen der Mulde und der Chemnitz gelegenen Hochebene (1250–1270 Par. F. über dem Meere) ziemlich fruchtbar.
Das Rittergut ist altschriftsässig (seit 1703) und besitzt auch die unmittelbar angebauten Dörfer Dorotheen- und Helenenberg, dann Oberfrohna, Mittelfrohna und Köthensdorf, sowie Antheile an Bräunsdorf, Burkersdorf und Kändler (vergl. d.)
Ueber die ältere Geschichte von Limbach läst sich nur wenig sagen, da das Gerichtsarchiv zum grössten Theile bei einem Brande untergegangen ist, der 1769 die Nebengebäude des Rittergutes in Asche legte. Auch die noch vorhandenen Kirchenbücher gehen nur bis zum Jahre 1564. So viel scheint zwar gewiss zu sein, dass Limbach zu den ältesten Ortschaften gehört, indess lässt sich nicht bestimmt beweisen, ob die Behauptung begründet sei, dass es früher einmal im Besitz des Klosters zu Chemnitz war. Mit Gewissheit weiss man, dass das Rittergut einst der Familie von Meccau (Möckau, Meckau) gehörte. Als diese im Jahre 1536 (nach Anderen 1538) mit Dietrich von Meccau ausstarb, fiel Limbach nebst Wolperndorf, Grüna und Reichenbrand, in Folge 1526 erlangter Anwartschaft, dem Schönburgschen Oberhauptmann zu Glauchau, Wolf von Schönberg auf Neusorge und Frankenberg, zu. Damals gehörte zu dem Rittergute auch die Jagd auf 7 Dorffluren und vor dem Rabensteiner Walde, doch Georg von Schönberg verkaufte diese Gerechtsame im Jahre 1564 um den Preis von 3000 Mark.
Der Enkel des erwähnten Oberhauptmann von Schönberg, Georg von Schönberg, der seit 1585 ausser Limbach auch Oberfrohna besass, baute das herrschaftliche Schloss durchaus neu, verbesserte Gut und Kirche und liegt in der letzteren seit 1588 begraben. Dessen Enkel, der verdienstvolle Berghauptmann Georg Friedrich von Schönberg, starb 1650, und das Gut fiel an dessen Bruder Anton, von dessen Gesammterben sein gleichnamiger Sohn im Jahre 1668 Limbach allein erkaufte und es seinem Sohne Anton, auf Kändler, hinterliess. Einen Antheil an dem Gute hatte indess noch eine andere Linie des Geschlechtes, nämlich der Oheim des erwähnten Berghauptmannes, Hans Dietrich († 1616) sein Bruder Kaspar († in dem seltenen Alter von 101 Jahren) und dessen Sohn Georg Kaspar. Auch des Letzteren Mutter war eine geborene von Schönberg.
Limbach blieb nun bis 1799 im Besitz der Familie von Schönberg und ging dann von der Wittwe des Obristlieutenant Georg Anton von Schönberg, Helene Dorothee, geborne von Walwitz, durch Erbschaft an das Walwitzische [66] Haus über und zwar zunächst an den Kursächsischen Finanzminister, Georg Reinhart Graf von Walwitz. Im Jahre 1830 war der Kammerherr, Graf von Walwitz, Besitzer; der Enkel des Finanzministers Friedrich Georg, Graf von Walwitz auf Borthen und Schmorkau, besass es im Jahre 1840.
Limbach ist meistentheils gut, in den älteren Theilen etwas winkelig, in den neueren dagegen vollkommen regelmässig gebaut und hat sowohl dadurch, als auch durch zahlreiche grössere Gebäude ein sehr freundliches Ansehen. Das herrschaftliche Schloss hat drei Etagen, ist jedoch nicht gleichzeitig erbaut, was dem Eindrucke, den es hervorbringt, Eintrag thut.
Limbach hat über 200 Häuser, beinahe durchgängig mit Schiefer gedeckt, und zählt 2850 Einwohner, im ganzen Gerichtssprengel aber 3700 Köpfe. Nordöstlich von Limbach liegt Klein-Limbach oder das Dörfchen, welches aus nur fünf Häusern besteht.
In nächster Umgebung Limbachs, dessen Gegend sehr bebaut ist, müssen wir der Grützmühle und der Knaumühle erwähnen, sowie zahlreicher Teiche, und unter diesen als besonders wichtig den Keller-, Mühl- ‚ Knau- und Schaf-Teich.
In der Nähe von Limbach sind Serpentinsteinbrüche.
Wie man aus der Einwohnerzahl ersieht, ist Limbach ein sehr bedeutender Ort und in der That nimmt es unter den industriellen Ortschaften Sachsens einen ehrenvollen Platz ein. Doch erst seit dem Anfange des achtzehnten Jahrhunderts ist es mehr emporgeblüht. Diesen Flor verdankt es wesentlich zwei Personen, die deshalb in dem dankbaren Andenken seiner Bewohner fortleben sollten.
Die erste dieser Personen ist David Esche, Bedienter des damaligen Besitzers von Limbach, aus dem Hause von Schönberg. Dieser thätige, unternehmende und geschickte Mann war Ursache, dass Limbach in der Fabrikgeschichte Sachsens eine wichtige Rolle spielt, und zwar als erster Hauptsitz der sächsischen[WS 1] seidenen Strumpfmanufactur, die lange Zeit hindurch in grosser Blüthe stand.
Zu der Zeit David Esches befand sich der erste und einzige seidene Strumpfwirkerstuhl Sachsens in Dresden, im Besitze eines Franzosen. Esche war mit seinem Herrn zum Landtage in Dresden, als Herr von Schönberg ihn zu jenem Franzosen schickte, um ein Paar seidene Strümpfe zu kaufen. Bei dieser Gelegenheit sah Esche den Webstuhl des Franzosen, und ohne es diesen merken zu lassen, betrachtete er ihn sich genau und prägte die ganze Structur seinem Gedächtnisse ein. Wieder nach Limbach zurückgekehrt, stellte Esche Versuche an, den Stuhl und dessen Arbeit nachzuahmen. Sie glückte zwar, indess doch noch nicht ganz nach Wunsch. Esche entdeckte sich daher seinem Herrn und bat denselben, ihm nochmals Gelegenheit zu geben, den Webstuhl des Franzosen in Dresden zu sehen. Herr von Schönberg ging bereitwillig auf seines Dieners Wunsch ein, Esche besah sich den Dresdener Webstuhl nochmals ganz genau, merkte sich, was er das erste Mal nicht scharf aufgefasst hatte, und war seiner Sache jetzt vollkommen gewiss. Herr von Schönberg entliess ihn hierauf nicht nur aus seinem Dienst, sondern unterstützte ihn auch reichlich zu seinem Unternehmen. So entstand der erste Keim zu einem namhaften Industriezweige Sachsens. Schon nach wenigen Jahren hatte sich das Geschäft Esches so weit gehoben, dass er jährlich 10000 Pfund Seide verarbeitete. Noch jetzt gereicht das schöne Eschesche Haus zur wahren Zierde des Hauptdorfes, und diese Manufactur beschäftigt zum Theil Esches Nachkommen noch gegenwärtig. Der ganze Ort aber wurde dadurch rasch gehoben, so dass im Jahre 1764 die Seidenwirkerei bereits 80 Meister beschäftigte.
Die zweite Person, welcher Limbach sein Aufblühen verdankt, war die letzte Besitzerin des Rittergutes aus dem Geschlechte von Schönberg, Helene Dorothee, geborne Gräfin von Walwitz. Sie liess sich angelegen sein, die durch Esche begründete Industrie zu heben und zu erweitern. Sie erleichterte den Anbau der neuen, jetzt volkreichsten Gemeindetheile auf herrschaftlichem Grund und Boden, und begründete so die beiden nach ihr benannten Dörfer Helenen- und Dorotheenberg. Besondern Vorschub aber leistete sie dem Gewerbe dadurch, dass sie die Errichtung einer eigenen Strumpfwirkerinnung beförderte, die Dank ihrer Fürsorge im Jahre 1785 zu Stande kam und 1835, bei der Feier ihres 50jährigen Jubiläums, über 500 Meister zählte. Auch die Niederlassung anderer Handwerker begünstigte und erleichterte sie, als der Gewerbetrieb auf dem Lande noch vielfach erschwert war. Auch dadurch trug die edle Frau, der das Wohl ihrer Unterthanen am Herzen lag, viel zur Hebung Limbachs bei, dass sie zwei Jahrmärkte stiftete, zu denen seit 1837 auch noch ein Wochenmarkt hinzukam. Sie erhob daher Limbach zu dem Range eines Marktfleckens.
In der neuesten Zeit ist zwar die Seidenwirkerei in Abnahme gekommen, indess liefert Limbach dafür auf den Industriemarkt eine grosse Quantität von anderen Waaren, wie Baumwollen- und Westenzeuge, Petinet, Schleier, Franzen und Piqué.
Die Bleichen Limbachs werden schon im Jahre 1530 als wichtig erwähnt, allein nach dem sogenannten Grimmaischen Machtspruche mussten Mangel und Rolle gänzlich abgeschafft und das Bleichen auf den Hausbedarf beschränkt werden, damit Chemnitz nicht durch diese Nebenbuhlerin beeinträchtigt würde, und seitdem ist dieser Industriezweig für Limbach erloschen.
Die in Limbach gefertigten Waaren haben grösstentheils am Orte selbst eigene Verleger, die deshalb schöne Häuser mit Färbereien und anderen Fabriken erbauten, was natürlich das stattliche Ansehen des Fleckens wesentlich erhöht.
Der Kirche, die auf dem ältesten Begräbnissplatze des Ortes steht, ist ein herrschaftliches Erbbegräbniss angebaut. Sie liegt nicht weit von dem Schlosse des Rittergutes entfernt, der erwähnte Begräbnissplatz aber wurde in Gärten verwandelt, nachdem er schon seit 1579 nicht mehr gebraucht worden war.
Die Kirche, deren ursprüngliches Alter sich zwar nicht genau bestimmen lässt, jedenfalls aber sehr hoch ist, wurde im Jahre 1811 erweitert und umgebaut, und gewährt gegenwärtig den Anblick einer freundlichen Landkirche, ihr Raum jedoch entspricht der Grösse der Gemeinde nicht. Von dem früheren Aeussern des Gotteshauses ist bei dem Umbau nichts weiter geblieben, als das Satteldach und über dem Schiffe der achteckige schiefergedeckte Thurm mit Zeltdach. Alterthümer, Kunstwerke oder Denkwürdigkeiten findet man in der Kirche nicht, doch wurde sie bei dem Reformations-Jubelfeste am 31. October 1839 mit verschiedenen Festgaben beschenkt, und zwar mit einer Altar- und Kanzelbekleidung von carmoisinrothem Sammt, mit Silber verziert, mit [67] Altar-Leuchtern und Crucifix von Gusseisen, und mit einer werthvollen neuen Vasa sacra.
Auch der ältere (zweite) Gottesacker, der von 1579 bis 1835 im Gebrauche war, so wie der neue (dritte) Begräbnissplatz, welcher am 13. September 1835 eingeweiht wurde, haben, gleich der Kirche, keine Denkwürdigkeiten aufzuweisen.
Die Kirche besitzt drei Glocken. Die grösste derselben stammt aus dem 16. Jahrhundert; die zweite ist von 1760 und die dritte wurde 1840 umgegossen.
Das Kirchenvermögen beträgt die für einen so bedeutenden Ort sehr geringe Summe von noch nicht ganz 1000 Thalern.
Die recht freundliche Pfarrwohnung wurde 1767 erbaut und 1833 reparirt. Wie sehr Limbach sich vergrössert hat, geht auch daraus hervor, das es sonst nur eine Schule hatte, gegenwärtig aber vier besitzt, und sogar in kurzer Zeit noch eine fünfte erhalten soll.
In Limbach selbst ist eine Knabenschule mit über 200 Schülern und eine seit 1827 errichtete Mädchenschule mit 234 Kindern. Die dritte Schule ist in Oberfrohna mit 134 Kindern und die vierte, seit 1837 errichtete, in Nieder-Kändler mit 152 Kindern.
Unter den erwähnenswerthen Gebäuden Limbachs nennen wir auch noch den Gasthof, der bis 1827 sehr unansehnlich war, dann aber neu und sehr stattlich aufgebaut wurde.
Anmerkungen (Wikisource)
- ↑ Vorlage: sächsichen