Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen: Quoos
3 Stunden nördlich von Bautzen unter Radibor gelegen, heisst wendisch Kostow; auf Streit’s Atlas wird der Ort irrig Quoas genannt.
Das massive Schloss ist eben so bequem als schön gebaut, die Wirthschaftsgebäude sind neu und massiv.
Der Ort selbst gehörte vor der neuen Gerichtsorganisation zu dem Rittergute Radibor.
Die hiesige Gegend, obwohl etwas hügelig, ist fruchtbar, abwechselnd und nicht unangenehm, das Klima mild; die Meereshöhe beträgt gegen 700 pariser Fuss.
Quoos war früher Vorwerk von Radibor und ist in neuern Zeiten erst in ein besonderes Gut umgewandelt worden. Die Familie von Schönberg, die schon in den frühesten Zeiten in der Lausitz bedeutende Besitzungen und grosse Herrschaften behaupteten, besitzen solches seit Anfang dieses Jahrhunderts. Der Klostervoigt von Marienstern, Johann Friedrich Heinrich von Schönberg auf Weisskulm und Commerau und Luga vererbfällte Quoos an seinen Sohn, dem Herrn Egon Friedrich Gustav Freiherrn von Schönberg-Bibran, Königl. Sächs. Kammerherrn Ritter des St. Johanniter- und Maltheser-Ordens, welcher auch Ober-, Mittel- und Nieder-Geismannsdorf und Herzogswalde besitzt und ebenfalls jetzt Quoos sein Eigenthum nennt.
Quoos als früheres Vorwerk von Radibor besass im Jahre 1397 Siegismundus Behr. Im Jahre 1489 waren zwei Brüder Johannes und Bernhard von Plaunitz damit beliehen. Diese von Plaunitz besassen es noch bis zum Jahre 1588.
Im Jahre 1589 acquirirte solches Chistophorus von Haugwitz. Von welchem der Besitz im Jahre 1605 an Christophorus von Minkwitz überging. Diesem folgte im Besitzthum ums Jahr 1640 Ericus von Minkwitz. Dem folgte ums Jahr 1615 Georgius von Minkwitz; 1685 Johannes Julius von Burkersroda. Dann kam die Besitzung an Friedrich Wilhelm von Schack ums Jahr 1707, der das Schloss in Ratibor erbaute. Im Jahre 1765 verkaufte der letzte[WS 1] aus der Schackischen Familie das Gut Radibor an den Reichsgeneral Joseph Baron von Ried für 80,000 Rthlr. Ried stammte aus der Reichsstadt Offenbach im Reiche. Nach ihm war sein Bruder der Oberst-Lieutenant Ludwig Baron von Ried Besitzer. Im Jahre 1783 kam die Besitzung an die 17jährige Maria Johanna Nepomucana, Comtess von Bolza, durch deren Vormund, dem Sächs. Minister Herrn von Wurmb. Der Vater der Besitzerin hatte bedeutende Güter in Böhmen, wie Arnau, Kossmanos und war Banquier zu Dresden. Im Jahre 1787 verheirathete sich die Besitzerin mit dem Grafen Ludwig von Gondrecourt, einem Franzosen von der amerikanischen, damals den Franzosen gehörigen Insel Gaudeluppe, wo er geboren war und Zucker-Plantagen hatte.
Die Besitzerin fing an, einige Bauergüter einzuziehen, andere kauften sich frei, die Grenzhüfner wurden in Halbhüfner und Gärtner verwandelt, die Spanndienste wurden in Handdienste umgeändert. Im Jahre 1802 ging der Graf mit der Gräfin nach Paris; und jetzt wurden Quoos und Bornitz nebst mehrern Feldgrundstücken für 60,000 Rthlr. verkauft, und von dieser Zeit an wurde Quoos ein selbstständiges Rittergut. Die Gerichtsuntergebenen in Quoos bestanden in 9 Garten- und 23 Häuslernahrungen mit ungefähr 130 Einwohnern.
Bornitz ist ebenfalls ein selbstständiges Rittergut geworden und nach Radibor eingepfarrt, dagegen Quoos nach Neschwitz mit 33 andern dahin eingepfarrten Orten in die Kirche geht.
Die Kirche zu Neschwitz steht in der Mitte des Dorfes. Ueber das Alter der Kirche und ihrer Erbauung, lässt sich etwas Bestimmtes nicht angeben; nur[WS 2] soviel ist gewiss, dass der mittlere und kleinste Theil derselben schon zu Anfange des 14. Jahrhunderts als Capelle, die von Göda aus administrirt worden ist, gestanden hat.
[136] Die weitere Beschreibung dieser Kirche ist schon in diesem Album zum Rittergute „Luga“ erfolgt und würden wir uns Wiederholungen schuldig machen, wenn wir eine nochmalige ausführliche Beschreibung folgen lassen wollten. Zur nähern Verständigung verweisen wir daher auf das 12. Heft. Nur soviel sei noch erwähnt, dass die Kirche viele milde Stiftungen besitzt, wie z. B. das von Ponikauische, das von Thelersche, das von Luttizsche, das Schodische, das Pötschkische Legat.
Quoos war früher mit Doberschütz, Dreikretzcham, Eitrich, Holscha, Holsch-Dubrau, Kasslau, Krinitz, Lissahora, Loga, Lomska, Luga mit Neuluga, Neudorf, Niesendorf, Ponnewitz, Saritzsch, Uebigau, Weidlitz, Zesche nach Neschwitz eingeschult, jetzt hat Luga und Neuluga mit Quoos zusammen eine Schule.
Neschwitz ist berühmt durch sein herrliches Schloss und den prächtigen Schlossgarten, so dass sehr viel Reisende hieher gekommen sind, um solchen zu sehen und zu bewundern, wodurch dem Orte selbst grosse Vortheile erwachsen sind. Die Verschönerung des Gartens erfolgte vorzüglich während der Besitzzeit Friedrich Ludwigs, Herzogs zu Würtemberg. Derselbe erbaute die noch im Garten befindlichen, 4 geräumigen und massiven Pavillons, die er mit vielen werthvollen Statüen von Sandstein verzierte, auch die erste Orangerie – ohngefähr 100 auserlesenen Stämme in ihn bringen liess.
Ausserhalb des Gartens übrigens wurden Alleen und reizende Fernsichten sowie zwei Thiergärten angelegt, von deren älterem man aber jetzt nur noch das geschmackvolle Jagdhäuschen sieht, welches in der Mitte desselben stand, sowie von dem neuern nichts weiter als die denselben umgebenden Wallgräben und Dämme übrig sind.
Die Katholiken von Quoos halten sich dagegen zu Radibor. Radibor hat 2 Kirchen: die Pfarrkirche und die Kreuzkirche oder Kreuz-Kapelle. Die eigentlich eingepfarrten 11 Ortschaften sind theils Katholiken, theils Protestanten. Alle ohne Unterschied lassen die actus ministeriales als taufen, trauen, begraben nach der kathohlischen Agende in wendischer Sprache verrichten.
Die Collatur von Kirche und Schule hat der jedesmalige Rittergutsbesitzer.
Radibor hat ebenfalls ein sehr schönes Schloss, welches jedoch von dem in Neschwitz noch übertroffen wird.
Ueberhaupt giebt es weiter keine Provinz Sachsens und keinen bequemeren Platz für den, der sein Geld gern in Landgütern verwenden will, als die Oberlausitz. Durch ein früher hier errichtetes Indigonat sollten zwar Fremde und Bürgerliche vom Besitz der Rittergüter ausgeschlossen werden: allein man überzeugte sich bald, dass dadurch der Preis derselben gewaltig fiel und es wurde daher diese Bestimmung wieder aufgehoben.
Das Feudalsystem ist ganz dasselbe wie in den übrigen Landestheilen. Stirbt also der Besitzer eines Mannlehnrittergutes ohne männliche Descendenz und ohne Lehnsvettern, so fällt das Gut dem Landesherrn zu. Sah sich ein Besitzer mehrerer Güter in dem Fall, so hatte der Landesadel früher das Privilegium, durch eine besondere Feierlichkeit eines dieser Güter in ein Allodium zu verwandeln und es auf diese Weise seiner weiblichen Descendenz zuzuwenden.
Diese Ceremonie hiess der Rittersprung und bestand darinnen, dass ein solcher in der völligen alten Rüstung sich vor dem Schloss zu Bautzen auf sein Ross schwingen, einige Mal auf dem Platz herumreiten und so gleichsam beweisen musste, dass er noch Ritter- und Manneskraft zur Zeugung eines Sohnes habe. Vor ungefähr 80 Jahren übte ein Graf Hoymb diesen Rittersprung.
Jetzt geschieht, wie in den andern Kreisen, auf vorheriges Ansuchen die Allodification.