Romanzen vom Rosenkranz/Romanze VII: Kosmes Buße I
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Kosmes Buße I
Allem Tagewerk sei Frieden,
Keine Art erschallt im Wald,
Alle Farbe ist geschieden,
Und es raget die Gestalt.
Ihrer Kelche süßen Kranz,
Und die schlummertrunknen Wiesen
Wiegen sich in Traumes Glanz.
Wo die wilden Quellen zielen
Ziehn die Hirsche frei und spielen
Freudig in dem blanken Sand.
In der Düfte Schwermut wiegen
Sich die Rosen in den Schlaf,
Das sie in den Busen traf.
Und es wandeln, die sich lieben,
Flüsternd auf dem selgen Pfad,
Wo sie gestern Scherze trieben,
Die Sirene stimmet wieder
Ihre giften Lieder an,
Und die Herzen tauchen nieder
In untiefen süßen Wahn.
In der ewgen Flammen Pracht,
Und es hebt die dunklen Glieder
Abermals die alte Nacht.
Und die Erde aufgeriegelt
Um das Haupt schwebt sternbesiegelt
Ihm der blaue Weltenplan.
Und des Waldes dunkle Riesen
Drängen sich ums enge Tal,
Sterne geisterhaften Strahl.
Aus der Tiefe aufgewiegelt
Wachsen stumme Brunnen an,
Drinnen schaun sich mondumspiegelt
Vor der Hütte setzt sich nieder
Kosme, lauschet nach dem Wald,
Ob nicht aus der Ferne wieder
Seines Kindes Stimme schallt.
An dem schroffen Felsenhang,
Nicht das treue Echo riefe
In dem nächtlich späten Gang.
Aber nur die Melodieen
Und zu seinem Herzen ziehen
Nicht der Töne Flug und Fall.
Ihm ergießet keinen Frieden
Der prophetschen Sterne Strahl,
Eines bösen Schwertes Stahl.
Die Milchstraße sieht er liegen
In des blauen Himmels Bahn;
Da stehn aller Waisen Wiegen,
Und er denkt der bösen Liebe
Und der Früchte, die sie gab,
Die in sündlich frechem Triebe
Er dem Schicksal übergab.
Fesselt ihn in schwerer Acht,
Und mit bitterem Gefieder
Rauscht um ihn die böse Nacht.
Tief in Ängsten schon erlieget
Denn in dieser Nacht gewieget
Wird verhängnisvoll ein Tag.
Denn das Weib, das er geliebet,
Ging zu Grabe diese Nacht,
Kam zum Leben diese Nacht.
Und die Sünde, nie besieget
Durch der Reue bittre Macht,
Jene Schuld, der er erlieget,
Und er wühlet in der Tiefe
Seiner Brust der Sünde nach,
Daß die Reue nicht entschliefe,
Schreit er seine Tote wach.
Wie er sie durchs Gitter sah,
Sieht sie dann die Glocke ziehen,
Da der böse Feind ihm nah,
Der die Farben ihm gerieben,
Und den Schuldbrief ihm geschrieben,
Den nur ewger Tod bezahlt.
Ach! auch sie ist da erschienen
Seinen Augen keusch und klar,
Zu dem Bilde am Altar.
Mit den frommen heilgen Mienen,
Mit den Rosen in dem Haar;
Seinen Augen, brünstgen Bienen,
Lust und Sünde sieht er wieder,
Bis sie tief im Elend starb,
Die Verzweiflung reißt ihn nieder,
Weil er sie durch Lust verdarb.
Und bedeckten ihn im Tal!
Wollten doch die Blitze zielen
Auf sein nacktes Haupt zumal!
Ach, daß alle Wasser stiegen,
Öde, weite Fluten liegen,
Wo er heute weinend lag!
Möchte dann die Taube fliegen
Mit dem milden Frühlingsblatt,
Wo er schwer gebüßet hat.
Aber weh! das Nachtgefieder
Schwingt der Rabe wild und hart,
Stürzt sich auf sein Haupt hernieder
Kalte Schrecken um ihn fließen,
Und Entsetzen sträubt sein Haar:
Wehe, dorten auf den Wiesen
Werden die Gesichte wahr!
Eine weibliche Gestalt,
Von dem Haupte mondbeschienen
Das Gewand herniederwallt.
Gleich wie weiße Schwäne fliehen
Sieht er eine Nonne ziehen
Längs des Gartens Schattenwand.
Jetzt sieht er den Schleier fließen,
Sieht die Füße blank und bar,
Und die Rosen in dem Haar.
„Wehe, wehe, noch hienieden
Schwebst du, teure Seele, arm!
Wehe, wehe, noch kein Frieden!
Und der Schrecken reißt ihn nieder,
Doch ihn faßt kein kalter Arm:
„Vater, find ich so dich wieder?
O, daß Gott sich dein erbarm!“
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