Samenbildung in abgeschnittenen Blumen

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Titel: Samenbildung in abgeschnittenen Blumen
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 19, S. 608, 610
Herausgeber: Adolf Kröner
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Erscheinungsdatum: 1898
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger G. m. b. H. in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
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[608] Samenbildung an abgeschnittenen Blumen. Es ist eine eigentümliche Erscheinung, daß eine ganze Reihe von Pflanzen, namentlich Zwiebel- und Knollengewächse, wie Lilien, Hyacinthen, Amaryllen etc., trotz aller Sorgfalt, die man ihnen angedeihen läßt, in der Regel keinen Samen hervorbringen. Das hat nicht etwa seinen Grund darin, daß die Blüten unvollkommen ausgebildet sind und so eine Befruchtung unmöglich machen, vielmehr zeigt die Untersuchung, daß diese Organe völlig in Ordnung sind. Und trotzdem, auch wenn man sie noch so kräftig bestäubt, setzen sie keine Samen an. Schneidet [610] man dagegen Blumenstengel z. B. von Hyacinthen oder Amaryllis ab und stellt sie in Wasser, so beobachtet man nach einem gewissen Zeitraum nicht allein, daß der Stengel Samen ansetzt, sondern auch vollkommen ausreift. Ja noch mehr, als Hugo Lindemuth die ihrer Blüten beraubten Blumenstengel allein in Wasser stellte, bildeten sich an der im Wasser stehenden Stengeloberfläche Zwiebelchen, aus denen sich, wenn man sie weiter kultiviert, Pflanzen entwickeln.

Worin haben nun diese auffälligen Erscheinungen ihren Grund?

Alle diese Pflanzen, von denen die Rede war, vermehren sich sowohl in der freien Natur, als auch in der Kultur durch die Neubildung von Knollen oder Zwiebeln. Sie haben sich früher einmal, das darf sicher angenommen werden, auch durch Samen vermehrt, und es steht dahin, ob Schwierigkeiten in der Befruchtung oder sonstige, nicht mehr nachweisbare Einwirkungen sie zu der Abänderung in der Art ihrer Fortpflanzung veranlaßt haben. Jedenfalls genügt ihnen aber die jetzige Art, sich zu vermehren, so vollständig, daß sie das Samentragen verlernt haben. Bei ihnen gehen die Nährstoffe, die sonst nach den Blüten wandern und zur Ernährung des reifenden Samens dienen, in die Knollen und Zwiebeln zurück und werden zur Neubildung junger derartiger Organe verwandt. Wird nun ein solcher Blumenstengel abgeschnitten, so können die in ihm enthaltenen und in dem krautigen, saftigen grünen Stengel fortdauernd neugebildeten Nährstoffe nicht mehr in die Knollen zurückwandern; verwandt müssen sie aber doch werden, und nun besinnt sich d:e Pflanze gewissermaßen auf längst vergangene Zeiten, es tritt ein Rückschlag ein, und sie kehrt zu einer Art der Fortpflanzung zurück, die sie sonst nicht mehr übt. Die Bildung der Zwiebelchen an den ihrer Blüten beraubten Blumenstengeln ist auf ähnliche Weise zu erklären.

Die geschilderten Vorgänge bilden einen Beweis für die ungeheure Zeugungskraft der Natur, für die Energie, mit der unter ungünstigen Verhältnissen die Art sich zu erhalten bestrebt ist, sie zeigen, wie auch im Notfall die Pflanzen noch Mittel und Wege für ihre Vermehrung besitzt.