Satyr im Parke
Tief im Park, bei alten Bäumen,
Eingerahmt von vollen Rosen,
Die mit duftgeschwellten Träumen
Seinen ew’gen Schlaf umtosen,
Steht der Satyr – manch’ Jahrhundert
Ist vorüber ihm gerauscht,
Den, nachdenklich und verwundert,
Jetzt ein schönes Kind belauscht:
„Frei und edel diese Züge,
Hoch die Stirn und voll Gedanken,
Doch, als ob zu schwer es trüge,
Leise scheint das Haupt zu schwanken;
Wie von süßem Rausch umflossen,
Den gebroch’nen Blick gesenkt –
Ob an Freuden, die genossen,
Ob er an erhoffte denkt?
Lächelt schon der Mund entgegen
Seiner Nymphe Willkommspende,
Während auf verschlung’nen Wegen
Schleicht zur Stelle die Behende?
Oder mußten sie sich trennen –
Fühlt er noch zum Abschiedsgruß
Heiß auf seinen Lippen brennen
Ihren letzten langen Kuß?
Oder täuscht er meinen Glauben,
Hat nach Liebe kein Verlangen,
Und es hält der Saft der Trauben
Den betäubten Sinn umfangen?
Weinlaub kränzet seinen Scheitel,
Und des Zechers feuchter Mund
Lächelt höhnisch: Alles eitel,
Auf dem schwanken Erdenrund.
Mann, selbst noch in Stein gehauen,
Bleibst ein Räthsel allerorten,
Und das Herz der armen Frauen
Sucht umsonst nach Lösungsworten;
Daß beim hohen Liebesfeste
Niemals uns die Furcht beschleicht:
Seine Stunden hat der Beste,
Da er diesem Satyr gleicht.
Aber durch des Kranzes Fülle
Seh’ ein Hörnerpaar ich ragen.
Sollte hier die Menschenhülle
Trügerisch ein Thier nur tragen?
Und ich war schon so beklommen,
Scheute vor den Männern mich –
Einen hätt’ ich ausgenommen,
Einen Einz’gen, sicherlich.“