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Schandau im Jahre 1639

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
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Autor: Friedrich Bernhard Störzner
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Titel: Schandau im Jahre 1639
Untertitel:
aus: Was die Heimat erzählt. Sagen, geschichtliche Bilder und denkwürdige Begebenheiten aus Sachsen, S. 431–432
Herausgeber:
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1904
Verlag: Arwed Strauch
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Erscheinungsort: Leipzig
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Originalherkunft:
Quelle: Digitalisat der SLUB Dresden und bei Wikimedia Commons
Kurzbeschreibung:
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186. Schandau im Jahre 1639.

Derjenige Ort, welcher in der Umgebung Pirnas während der Besetzung der Stadt durch die Schweden am meisten hat leiden müssen, ist das weltbekannte Bad Schandau an der Elbe gewesen. Die Bedrückungen, welche die Schandauer von seiten der schwedischen Mordbrenner auszustehen hatten, waren grenzenlos. Schwedische Truppen zogen wiederholt durch das Elbtal nach Böhmen und von da wieder zurück nach Sachsen.

Kirche zu Schandau.

Auf diesem Zuge hin und zurück wurde jedesmal auch Schandau von den Truppen berührt. Es forderten dieselben von den Schandauern fast regelmäßig dasselbe, nämlich Boten und Schiffsleute, dazu auch Wasserfahrzeuge. Der Kommandant der Burg Sonnenstein in Pirna, Christoph v. Liebenau, hatte aber den Bürgern von Schandau bei „Lebensstrafe“ befohlen, alle Schiffe und Kähne unter die Festung Königstein zu bringen und dort zu versenken. Die Schandauer sollten den Feinden in keiner Weise irgendwie behilflich sein. Vergeblich hatte der Oberst Matthäus Jeßwitzky [432] oder Jißnitzky, welcher die Belagerung des Sonnensteines leitete, von den Bürgern Schandaus Kähne und Schiffsknechte gefordert. Da ergrimmte derselbe und sandte eines Tages von Pirna aus einige mit Kriegern besetzte Schiffe hinauf nach Schandau und verlangte (unter Bedrohung des Ausplünderns und Anzündens der Stadt) „50 frische Schiffsleute.“ Doch der Führer der Schweden fand das Städtchen fast leer. Die meisten Bewohner, vor allen Dingen die Schiffer, waren beim Herannahen des Feindes in die umliegenden Wälder geflüchtet – und hielten sich in den Schluchten und Gründen der Umgegend verborgen. Da erzürnte der schwedische Feldherr gar sehr und erklärte, daß er, wenn er nicht Schiffsknechte bekäme, Schandau ausplündern und dann an allen Ecken anbrennen lassen werde. Er wolle nicht eher mit seinen Leuten Schandau verlassen, bis alles ein Aschehaufen sei. Diese Aeußerung des schwedischen Führers verbreitete unter den noch anwesenden Bewohnern Schandaus, unter denen sich auch der Bürgermeister Piersig befand, einen nicht geringen Schrecken. Das Stadtoberhaupt kam herzu und erklärte dem Befehlshaber der Schweden, daß der gestellten Anforderung unmöglich nachgekommen werden könne, da tatsächlich alle Schiffer in die Büsche entwichen wären. So mußten die Schweden ohne Schiffsknechte wieder abziehen, sie legten aber vorher Feuer an, das jedoch bald wieder von den Schandauern erstickt wurde. Den Bürgermeister Piersig banden die Schweden und nahmen ihn mit. Sie gaben denselben erst dann wieder frei, als die Schandauer das Schiff, welches die Schweden aus Mangel an Schiffsknechten hatten stehen lassen müssen, zu ihnen nach Pirna brachten.

Da die Schandauer sich durchaus nicht bewegen ließen, Botendienste den Schweden zu leisten und Schiffsknechte zu überlassen, so wurde das Städtchen wiederholt geplündert und hart bedrängt. Durch diese häufigen Plünderungen wurden aber endlich sämtliche Vorräte erschöpft. Die Folge davon war der Ausbruch einer Hungersnot. Die Häuser standen fast alle leer; denn die meisten Bewohner blieben draußen in den Bergen, um nicht den Qualen von seiten der Schweden ausgesetzt zu sein; denn die in der Stadt Zurückgebliebenen wurden Tag für Tag schwer geängstigt. – Die Schandauer standen bei den Schweden auch in dem Verdachte, Verräter an den Schweden zu sein. Man glaubte von ihnen, daß sie dem Kommandanten der Festung Königstein stets geheime Meldungen machten, wenn schwedische Truppen und Transporte die Elbe hinabgingen. Mehrere Male legten die Schweden Feuer an, um das ihnen verhaßte Städtchen zu vernichten. Aber der Ausbruch des Feuers wurde rechtzeitig entdeckt und das Feuer erstickt. Eine größere Ausbreitung wurde verhindert. Angstvolle Wochen durchlebten die Schandauer. Endlich schlug ihnen die Stunde der Erlösung und zwar mit dem Aufbruche des schwedischen Lagers am 25. September 1639. Die Schweden zogen nach Böhmen und nahmen Standquartier in Leitmeritz. Nach und nach kehrten die entwichenen Bürger, soweit sie nicht vom Nervenfieber und anderen tückischen Krankheiten dahingerafft worden waren, nach Schandau zurück. Als die evangelischen Familien aus Böhmen auswanderten, wandten sich mehrere derselben auch nach Schandau. Diese wurden hier herzlich willkommen geheißen und ersetzten die zurückgegangene Zahl der Bürger wieder.