Schildereien aus Mecklenburg
Das achtzehnte Jahrhundert beugte fast überall in Deutschland die Adelsmacht und den Adelsübermuth. Nur in Mecklenburg geschah dieses nicht, im Gegentheil ging die dortige Ritterschaft aus allen Kämpfen, die sich zwischen ihr und der fürstlichen Gewalt entsponnen hatten, als vollständige Siegerin, mit vielfach vermehrten und neuverbrieften Privilegien, hervor. Diese Privilegien sind denn auch bis auf den heutigen Tag conservirt worden, und die Ausnahmestellung, welche der mecklenburgische Adel dadurch vor seinen Standesgenossen in allen übrigen Culturländern einnimmt, hat es zu einer natürlichen Folge gehabt, daß seine Ansichten über staatliche und andere menschliche Verhältnisse und demnach auch seine Handlungen oft seltsam von denjenigen abweichen, welche anderswo gebräuchlich sind. Die nachfolgende, kaum glaubliche und doch buchstäblich wahre Geschichte wird dies darthun.
Mecklenburg, durchweg sehr schwach bevölkert, ist es am schwächsten in seinem südöstlichen, an die Mark grenzenden Theile. Hier finden sich zwischen zahlreichen, mannigfach verschlungenen Landseen meistens nur sandige Aecker, große Waldungen, morastige Brüche und ausgedehnte Wiesenflächen. In den hier belegenen ritterschaftlichen Aemtern Lübz, Slan und Wredenhagen wohnen auf der Quadratmeile kaum eintausend Menschen.
Die einzelnen Güter sind groß und oft befinden sich mehrere zusammengrenzende in den Händen eines Besitzers. Die Bauern, welche ehedem zahlreich darin wohnten, sind bis auf einige wenige, die zu Kossathen abgemindert und meistens in die abgelegensten und unfruchtbarsten Flecke der Feldmark ausgebaut sind, während der letzten achtzig Jahre von den Gutsherren abgeschlachtet worden und auf den Aeckern, welche sie ehemals inne hatten, sind neue Gutshöfe entstanden. So ist denn in den meisten Gütern der sämmtliche, in den übrigen aber fast aller Grund und Boden ein directes Eigenthum des Gutsherrn, und ebenso sind auch alle im Gute wohnenden Menschen, mit Ausnahme von Predigern und Küstern, vollständig abhängig von ihm, ihm zur täglichen Arbeit verpflichtet, seiner Polizeigewalt und seinem Patrimonialgericht unterworfen.
Domanialbesitzungen finden sich in dieser Gegend nur wenige. Größere Städte fehlen gänzlich und auch die kleineren sind dünner gesäet, als in den übrigen Landestheilen. Die Städte, obschon keine derselben sich jetzt noch unter adliger Herrschaft oder Gerichtsbarkeit befindet, sind doch mehr oder minder abhängig von einem oder einigen der umwohnenden Herren: Malchow von den Flotows, Röbel von dem Grafen Blücher-Finken und dem Baron von Langermann, Mirow von dem Baron von Hammerstein-Retzow und dem Herrn von Arenstorff-Krümmel, Wesenberg von dem Herrn von Voß-Ahrensberg. Denn da die genannten Herren die bedeutendsten Güterbesitzer im Umkreis der betreffenden Städte sind und diese ihre körperliche Nahrung meist aus jenen entnehmen müssen, so haben die Gutsherren das Wohl und Wehe jener Städte in ihrer Hand. Sie dürfen ihren Verbrauch nur anderswo entnehmen und ihren Tagelöhnern ein Verbot zugehen lassen, die betreffende Stadt zu besuchen, und diese wird sich, falls sie nicht ruinirt sein will, gar bald in den Willen der Gnädigen schicken. Die Stadt Hagenow, obschon dieselbe doch schon viele Domanialdörfer in ihrer Umgegend hat, wurde vor etwa fünfzehn Jahren von den benachbarten adeligen Familien in Verruf gethan, und dies wirkte derartig, daß die Bürger nach Kurzem die beleidigten Herren durch Deputationen um Verzeihung und um Zurückschenkung der ehedem genossenen Gunst inständigst anflehen ließen.
Dieser Landestheil, welcher weitab von jeder Eisenbahn liegt und den auch nicht einmal eine irgend beträchtlichere Handelsstraße durchstreicht, wurde früherhin nicht selten das mecklenburgische Sibirien genannt. Mit einem weit größeren Rechte könnte man ihn [442] aber die mecklenburgische Mancha nennen, denn die curiosesten Ritterthaten, so in Mecklenburg während der letzten vierzig Jahre ausgeführt worden sind, hatten hier ihren Schauplatz. Hier war es, wo der Herr Major von Flotow auf Walow seinen Prediger in Satow durch Abschneidung des Wassers zum Verkaufen seines Pfarrdienstes zu bringen gedachte und fast auch gebracht hätte; hier spielte (1854-1855) der Suckow-Zislow’sche Schafkrieg, dessen Gedächtniß ein Siegeszeichen mit lateinischer Zuschrift der Nachwelt bewahrt, und hier wohnte auch jener Herr von Arenstorff, der im Jahre 1842 den Flecken Mirow mit Fehde überzog.
Zu Anfang der vierziger Jahre hielt ich mich öfter in diesem Theile Mecklenburgs auf und verkehrte viel zu W. auf dem dortigen Domanialpachthofe. Der Pächter, eine durch ganz Mecklenburg und die Mark weithin bekannte Persönlichkeit, war zwar kein Edelmann, dennoch aber nahm er, durch seine finanzielle Lage, weit mehr aber noch durch seine außergewöhnlichen körperlichen und geistigen Eigenschaften begünstigt, zu jener Zeit eine bedeutende Stellung in den gesellschaftlichen Kreisen ein. Er verkehrte fast nur mit adeligen Grundbesitzern, höheren Beamten und preußischen Cavalerieofficieren. Zur Jagdzeit logirten nicht selten dreißig bis vierzig Gäste mit der doppelten Anzahl Pferde zu W. und ohne irgend welchen Besuch war das Haus eigentlich nie.
Der Hof zu W. liegt hoch auf einem alten Burgwalle, und es stehen noch mehrere Baulichkeiten, welche den Fehdezeiten entstammen. Alte und neue Localitäten hatte der Pächter geschmackvoll und komfortabel eingerichtet, ein großer, wohlgehaltener Park schloß sich ihnen an. Wurden Gäste zu festlichen Gelagen erwartet, dann begrüßte die Kommenden vom Burgthurme her Hörnerschall, und sobald sie auf den Hof einfuhren, umkläfften die Wagen zahlreiche Meuten von Dachshunden, Saupackern und Windhunden, alle in ihrer Art von seltener Schönheit und merkwürdig gut dressirt. Auf der großen Freitreppe des Haupthauses empfing der Wirth seine Gäste. Er war, obschon damals bereits ein starker Vierziger, der schönste und kräftigste Mann, der mir jemals zu Gesicht gekommen ist, auch hat er lange Jahre hindurch für den verwegensten Reiter und geschicktesten Schützen Norddeutschlands gegolten, und in allen anderen körperlichen Künsten suchte er gleichfalls seinen Meister.
Damen fanden sich zu jener Zeit nur selten in W. ein, denn Herr X. lebte von seiner Frau getrennt. Die Honneurs seines Hauses machte eine alte adelige Dame, und diese bemutterte auch die erwachsenen Töchter, letztere kamen bei den meisten Diners nicht zum Vorschein; die Frau von B. repräsentirte dann allein das schöne Geschlecht, zog sich aber auch, sobald sie es irgend konnte, hinter die Coulissen zurück.
Wer zum ersten Male in den Speisesaal trat, pflegte sich immer über die Masse des aufgestellten Weins und über die Gläser, von denen die kleinsten das Sechstel einer Flasche faßten, zu verwundern. Die Speisen waren stets vortrefflich und außer Bedienten und Jägern warteten auch Mädchen auf, die fast immer als Houris in einem muhamedanischen Paradiese hätten passiren können. Nicht allzu lange hielt man sich beim feinen Bordeaux, beim Chambertin, Hochheimer und Portwein auf; sobald der Bratengang seinen Anfang nahm, commandirte Herr X. seinem Leibdiener: „Heinrich, Bowle!“ Dann schleppte Heinrich, oft mit Hülfe eines Collegen, ein ungeheures Porcelangeschirr herbei. Nie wurde nämlich eine kleinere Bowle gemacht, als eine solche, wobei auf jeden Tischgast zwei Flaschen gerechnet waren. Vierzig und noch mehr Flaschen Champagner wurden auch oft gleichzeitig in Eis gelegt, das in großen Kufen in der Ecke des Speisezimmers stand.
Wollte nach des Wirthes Ansicht nicht rechte Lustigkeit und Trinklust in seine Gäste kommen, so empfing Heinrich einen Wink, und es wurden nunmehr Gläser präsentirt, die eine gute halbe Flasche faßten und die man wohl oder übel rasch austrinken mußte, weil sie so eingerichtet waren, daß man sie nicht niedersetzen konnte, ohne den Wein zu verschütten. Oft ließ Herr X. sich auch große Pocale bringen, die mehr als eine Flasche faßten, leerte einen solchen in einem Zuge auf das Wohl seiner Gäste und trank dann einen frischgefüllten einem seiner Tischnachbarn zu. So war das Bacchanal dann bald im Gange und man meinte, „lasterhaft“ mäßig gewesen zu sein. wenn man sich vom Tische erhob, bevor die zweite oder dritte Bowle getrunken war. Vom Tische erhob sich selber aber immer nur ein Theil der Gäste; viele mußten erhoben und aufgehoben werden, und dieses letztere Schicksal betraf am häufigsten die Beamten, welche trunken und dann zu Zielscheiben des Spottes zu machen Hausordnung war.
Herr X. selber wurde nie betrunken. Unmittelbar nach einem Bacchanal, in welchem er wenigstens zwölf Flaschen geleert hatte, habe ich ihn Billard spielen sehen und einen jeden Ball hatte er in seiner Gewalt. „Heinrich, bringe mir meine Pistolen!“ Dann hielt der Diener auf zwanzig Schritte Entfernung ein Endchen Licht zwischen Daumen und Zeigefinger, und der Herr schoß ihm solches dazwischen heraus. „Halten Sie mir auch einmal ein Licht so hin!“ heischte dann wohl einer der Gäste, aber Heinrich war schlau und ließ sich auf derartige Forderungen nicht ein.
Eines Tages kam bei der Tafel die Rede auf’s Reiten. Es befanden sich gerade einige der berühmtesten Pferdezüchter und steeple-chase-Reiter zu W., unter ihnen der Baron W… M…. Zwischen Letzterem und dem Hausherrn kam es zu einer sehr beträchtlichen Wette, weil dieser es in Zweifel gezogen hatte, daß jener ihm allenthalben hin nachreiten werde.
Der Speisesaal zu W. stößt an einen Altan, welcher mit einer drei Fuß hohen Balustrade umgeben ist und etwa zwölf Fuß höher als der Garten liegt. Dieser fällt kaum eine Ruthe jenseits des Altans in hohen, steilen Terrassen ab, die mit Wein, der an Pfählen gezogen ist, bepflanzt sind. Die Pferde wurden gebracht. Herr X. ritt nunmehr die vordere Treppe hinauf über den Hausflur in den Speisesaal und setzte dort zunächst über die Tafel hinüber. Dann ritt er auf den Altan und von dort ging es nun über die Balustrade in den Garten hinab. Es glückte ihm auch, sein Pferd auf dem schmalen Raume dahinter zu halten, und wunderbarer Weise hatte auch weder er noch jenes sich verletzt. Lachend forderte er nun den Baron auf, ihm dies Stück nachzumachen, aber dieser stand kläglich davon ab und bezahlte die Wette. Einige Jahre später wurde Herr X. beim Hubertusfest nur mit großer Mühe davon abgehalten, daß er nicht aus dem oberen Stockwerk eines Gasthauses zu Röbel durch das Fenster mit seinem Pferde auf die Straße hinuntersetzte.
Herr X. gerieth mehrfach mit den benachbarten preußischen Behörden, obschon, wie gesagt, die höheren Beamten viel bei ihm gastirten, in Conflicte. Einmal war er im Rheinsberger Forst mit dem Oberstlieutenant v. K. auf’s Pirschen gefahren, als plötzlich die Wilderer sich von dem Jagdgefolge des Prinzen, welcher damals diese Domaine nutzte, umringt sahen. Der Oberstlieutenant v. K. wurde auch bald gefangen, aber Herr X. hielt in vollster Carrière gerade auf den Prinzen und sein Gefolge ein. „Heda! Halten! Wer sind Sie?“ wurde ihm zugeschrieen. – „Sultan Mahmud!“ erwiderte er, und obschon die ganze Hetze sich auf seine Verfolgung machte, erreichte er dennoch wohlbehalten die Grenze.
Zu einer anderen Zeit holte Herr X., in Folge einer Wette mit einem Justizbeamten, einen mecklenburgischen Commissionsrath, der bei gewerbsmäßig betriebener Schmuggelei in Preußen abgefaßt war und Tags darauf nach Spandau abgeführt werden sollte, aus dem Thurm zu Wittstock., wo er eingesperrt lag, heraus, und später äffte er wochenlang mehrere preußische Gensdarmen, die nur, um ihn zu fangen, nach Wittstock commandirt waren, dadurch, daß er täglich dort einritt. Einmal fand er beim Wegreiten das Thor verschlossen, aber ohne sich zu bedenken, setzte er von der Brücke in den Mühlenteich hinunter und kam, denselben durchschwimmend, glücklich davon. Endlich wurde er zwar gefangen, aber da hin und wieder auch Prinzen in W. gejagt und gehaust hatten, so kam er noch ziemlich milde davon.
Mit seinen Landesbehörden und Gerichten gerieth Herr X. fast nie in ernstlichere Conflicte, obschon es oft geschah, daß er Knechte, Mägde und selbst Wirtschafterinnen grausam mit der Peitsche tractirte und es oft aussprach, wie er es als sein Herrenrecht fordere, daß seine gesammten weiblichen Dienstboten ihm in jeglicher Weise zu Willen wären.
Zu W. war auch der Herr von Arenstorff auf Krümmel, Ichlim und Troja ein häufiger Gast, und er suchte Herrn T., welcher überhaupt der Abgott der jeunesse dorée der ganzen Gegend war, nach besten Kräften nachzustreben. Herr von Arenstorff trug auch einen bis auf die Brust herabhängenden Vollbart und suchte ebenfalls im Trinken, in Liebesabenteuern und in kühnen Reiter- und Ritterstücken zu excelliren, was ihm aber doch lange [443] nicht so wie seinem Vorbilde gelingen wollte. Während Herr X. mehr oder minder immer die äußeren Formen eines Gentlemans bewahrte, artete Herrn von Arenstorff’s Betragen oft in unmäßige Rohheit aus. Er zerschlug in Wirthshäusern oft Fenster, Thüren und Mobilien, prügelte und tribulirte die Kellner und Mädchen, bezahlte aber schließlich Alles, denn seine Mittel erlaubten ihm das.
Bei einem mehrtägigen Bacchanal, welches im April des Jahres 1842 im Schloß zu Krümmel abgehalten wurde, geschah es, daß endlich der Champagner im Burgkeller ausging, und so wurden denn zwei Reiter in den eine halbe Meile entfernten Flecken Mirow gesandt, um dem Mangel abzuhelfen. Die Reiter jagten in rasender Carrière in Mirow ein, was einige Bürger veranlaßte ihnen solches zu verweisen. „Man könne gar füglich Champagner holen, ohne wie toll und blind durch die Straßen zu sprengen.“ Die Reiter, stolz einem Herrn, wie der ihrige, zu dienen, replicirten mit Schimpfreden und Peitschenhieben und verfügten sich dann mit dem Weine auf die Burg.
Einige Stunden später kamen sie wieder, nunmehr mit Säbeln bewaffnet, um auf’s Neue Champagner zu holen. Sie rasten wieder wie vorhin durch die Straßen, verwundeten auch einen Bürger mit ihren Säbeln, und das hatte zur Folge, daß schließlich der eine von ihnen arretirt wurde, während der andere entkam und seinem Herrn das Geschehene meldete. Dieser gerieth darüber in grimmigen Zorn, und obschon es bereits Nacht war, wurden doch sofort alle männlichen Bewohner von Ichlim, Troja und Krümmel auf den Burghof entboten und mußten sich dort mit Sensen, Mistgabeln und Säbeln bewaffnen. An ihre Spitze stellte sich der edle Ritter hoch zu Roß und bis an die Zähne bewaffnet. Mehrere kleine Kanonen, welche bis dahin nur die Kunde von hochadeligen Geburtstagen und anderen Freudenfesten in’s Land hineingeknallt hatten, wurden auf einen Wagen gesetzt, und so rückte das Heer denn wider Mirow und seine eintausendundsiebenhundert Einwohner.
Herr von Arenstorff hatte auch mehrere seiner Gäste gezwungen sich seinem Zuge anzuschließen; einem derselben, einem Justizbeamten, war es jedoch gelungen sich vorher heimlich aus dem Schlosse zu stehlen und er hatte bereits gegen eine erlegte Caution die Freilassung des Arretirten erwirkt, als der Ritter vor der Stadt anlangte. Trotzdem aber ließ derselbe nicht zum Rückzug blasen; die Geschütze wurden auf einen Hügel postirt, aber, wie es später hieß, nur blind damit geschossen, Gartenzäune wurden niedergerissen und Fenster und Thüren eingeschlagen und dann wurde das Gefängniß, das zugleich dem Polizeidiener als Wohnung diente, mit stürmender Hand genommen und noch unsäglicher anderweitiger Unfug angerichtet. Mittlerweile waren einzelne erschrockene Bürger zum Amt gelaufen, und bald bliesen die Nachtwächter Feuerlärm und die Sturmglocke rief alle Schläfer wach. Rasch kam es denn auch zu einem Gefecht zwischen den Bürgern und den Eindringlingen, und nachdem es manche blutige Köpfe gegeben, wurden die letzteren zerstreut und hinausgetrieben, auch mehrere von ihnen gefangen genommen.
Mirow liegt im Strelitzischen Gebiet, während Krümmel unter Schwerinscher Oberbotmäßigkeit steht. Es wurde nun Seitens der Strelitzer Behörden ein Proceß wider die Ruhestörer angestrengt, und die Hintersassen des Herrn von Arenstorff trafen, obschon man die ganze Sache möglichst in’s Gute zu redigiren suchte, scharfe Gefängnißstrafen bei Wasser und Brod etc., während der edle Ritter selber, nach dreijährigem Processe, zu einer viermonatlichen Festungshaft in Dömitz verdonnert wurde. Diese erstand er in der Manier, daß er im ersten Gasthofe aß, täglich in seinem Gefängniß mit zahlreichen Freunden Bacchanalien anstellte und zuweilen auf seinem Roß in die Gastzimmer des Rathskellers einritt, ja es sogar einmal daselbst auf das Billard hinauf spornte. Im Mai 1845 kehrte Herr von Arenstorff aus seiner Festungshaft zu seinen Penaten zurück. Im Freimüthigen Abendblatt, Jahrgang 1845, findet sich darüber Folgendes, was ich, da es mecklenburgische Verhältnisse ganz außerordentlich gut charakterisirt, hierhersetze.
„Aus der Umgegend von Mirow, vom 6. Mai. Nach viermonatlicher Abwesenheit kehrte Herr von Arenstorff auf Krümmel am zweiten d. M. auf seine Besitzung zurück, und der ihm bei dieser Gelegenheit bereitete Empfang war jedenfalls glänzender als seine berühmte nächtliche Expedition gegen den benachbarten Flecken Mirow, deren in öffentlichen Blättern vor Jahren Erwähnung geschah. Nicht nur die Bewohner von K., sondern auch die der benachbarten Dörfer und selbst eine große Anzahl Mirower hatten sich trotz des unfreundlichen Wetters an einer verabredeten Stelle versammelt, um den Herrn von Arenstorff zu begrüßen. Es war um neun ein halb Uhr Abends, als seine Ankunft ein freudiges Jubeln und Hurrahrufen veranlaßte, und in einem prächtigen Fackelzuge, dem ein Musikchor voranschritt, wurde er zu seinem Park geleitet, wo nach Ueberreichung eines Gedichtes bei Verbrennung der Fackeln ein voller Gesang erscholl. Der Donner aus fünf Kanonen, welcher seit vier Monaten nicht mehr gehört worden war, sagte auch den Fernwohnenden, was sich an diesem Abend in K. ereigne. Ein Transparent auf dem Gutshofe zeigte die Inschrift:Wie der edle Ritter von der Mancha starb der Herr von Arenstorff schließlich nicht auf dem Felde der Ehre, sondern ruhig in seinem Bette, ob aber über das eigentliche Wesen seiner Thaten vorher noch aufgeklärt, möchte zu bezweifeln sein.