Schulz’s Reisen im Orient

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Titel: Schulz’s Reisen im Orient
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aus: Das Ausland, Nr. 156 S. 624
Herausgeber: Eberhard L. Schuhkrafft
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Entstehungsdatum: 1828
Erscheinungsdatum: 1828
Verlag: Cotta
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Erscheinungsort: München
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Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung: Forschungsreise eines Gießener Professors in Armenien
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Schulz’s Reisen im Orient.

Paris, 25 Mai.

Es sind von Professor Schulz von Gießen, der bekanntlich auf Auftrag der französischen Regierung eine wissenschaftliche Reise im Orient macht, die befriedigendsten Nachrichten hier angekommen. Er brachte den Herbst 1827 damit zu, die Alterthümer von Hoch-Armenien zu untersuchen. Man wußte nämlich aus Moses von Chorene und andern armenischen Schriftstellern, daß Semiramis nach der Eroberung von Armenien eine Sommerresidenz im Gebirge in der Nähe des Sees Wan angelegt. Der Palast lag auf einem Granitfelsen und war von Galerien umgeben, welche in den Felsen gehauen und mit Inschriften bedeckt waren, und deren Größe und schöne Ausführung noch im 2ten Jahrhundert nach Chr. die Bewunderung von Moses erregten. Die christlichen Könige von Armenien verwandten einen Theil der Materialien dieser alten Gebäude zur Erbauung von Kirchen, und Tamerlan verweilte bei seinem Durchzug mehrere Tage dort, und wendete mit der brutalen Zerstörungswuth, welche er überall gezeigt hatte, sein Heer dazu an, die alten Monumente und ihre Inschriften zu vernichten. Nur die Härte des Steins und die Lage der Inschriften retteten einen Theil derselben. Der Charakter der Curden, welche gegenwärtig das Land besitzen, hatte bisher jeden Versuch vereitelt, den Europäer machten, dorthin durchzudringen. Professor Schulz reiste von Erzerum unter dem Schutze des Pascha ab, fand das ganze Land in der größten Verwirrung, einerseits durch den russisch-persischen Krieg, anderseits durch die Nachricht von der Schlacht bei Navarin, welche gerade angekommen war. Unter großer Gefahr und in beständigem Kampfe mit den Curden schlug er sich nach Wan durch, wo ihn der Pascha freundlich aufnahm, ihn beschützte und ihm alle mögliche Erleichterung gab, die Alterthümer zu untersuchen, selbst im Innern des Palastes, in den sonst nie ein Fremder zugelassen wird. So fand er die Möglichkeit, in Wan und der Umgegend 43 Inschriften in Keilschrift zu copiren, welche durch ihr Alter und ihre Ausführlichkeit alle Monumente bei weitem übertreffen, welche wir bisher in dieser Art gekannt haben. Die neueste derselben scheint eine von Xerxes, dem Sohne des Darius zu seyn, welche im Innern des Schlosses eingehauen ist; an vielen ist die Wuth von Tamerlan sichtbar, und an einigen die fromme Unwissenheit der armenischen Christen, welche durch eingehauene Kreuze den Teufel aus diesen höllischen Charakteren zu vertreiben suchten. Der größte Theil dieser Inschriften ist in einem Charakter geschrieben, welcher unter allen Monumenten, welche bisher bekannt waren, sich nur auf einigen Cylindern wieder findet; einige dagegen in drei Charakteren in nebeneinander laufenden Colonnen, wie es unter der Dynastie von Cyrus gebräuchlich gewesen zu seyn scheint; diese sind von besonderer Wichtigkeit, weil durch sie die Kenntniß Eines dieser Alphabete den Schlüssel zu den andern gibt, und sie werden wohl in der Entzifferung der persischen, medischen und babylonischen Inschriften die Dienste leisten, welche der Stein von Rosette bei den Hieroglyphen geleistet hat – Professor Schulz wollte von Wan aus nach Persien gehen, aber der wohlwollende Pascha verweigerte ihm die Erlaubniß, weil er bei der großen Gährung in Curdistan nicht über die türkische Grenze kommen konnte; daher mußte er sich entschließen, über Erzerum und Trebisond nach Constantinopel zurückzukehren, von wo er Copien der Inschriften hieher schickte, und im Begriff war, über Rußland nach Tauris abzureisen, so daß wir mit Zuversicht ähnlichen Entdeckungen entgegensehen dürfen.