Schutzhaus Mandronhütte in der Adamellogruppe

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Textdaten
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Autor: Oskar Schumann
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Titel: Schutzhaus Mandronhütte in der Adamellogruppe
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 34, S. 564
Herausgeber: Adolf Kröner
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Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1896
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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[564] Schutzhaus Mandronhütte in der Adamellogruppe. Als vor dreißig Jahren der späterhin so berühmt gewordene Nordpolfahrer Julius v. Payer durch seine vorzüglichen Arbeiten über genauere Erforschung der Ortler- und Adamellogruppe (Petermanns Monatshefte) die Aufmerksamkeit der gebildeten Welt auf sich lenkte, gab er zu gleicher Zeit dem im Entstehen begriffenen Deutschen und Oesterreichischen Alpenvereine den Hinweis auf ein reiches Feld für dessen uneigennützige Thätigkeit.

Bald entschlossen sich die Sektionen Prag und Leipzig dieses Vereins, gemeinschaftlich auf den Tabarettawänden des Ortlers ein Schutzhaus, „Die Payerhütte“, zu erbauen; nachdem jedoch die Prager Sektion erklärte, daß sie allein diesen Bau auszuführen gedenke, errichtete die Sektion Leipzig im Jahre 1878 auf der Mandronalpe inmitten der herrlichen Adamellogruppe, oberhalb des schönsten Gletschers der Ostalpen ihr erstes Schutzhaus und erschloß damit zugleich dieses bis dahin fast unbekannte Hochalpengebiet der Bergsteigerwelt. Dasselbe ist erst vor kurzem (vergl. Jahrg. 1895, S. 654) in Bild und Wort den Lesern der „Gartenlaube“ ausführlich geschildert worden.

Die Hütte, 2470 m über dem Meeresspiegel, nordöstlich von den Laghi di Mandrone gelegen, ist vollständig aus Stein (Tonalit) gebaut, hat 1 m starke Wände und kostete 14 239 Mark (Wegbau 2077 Mark).

Von dem malerischen Städtchen Pinzolo (Judicarien) gelangt man durch das schöne, so oft und mit Recht gepriesene Val di Genova znr Mandronhütte. Am Thaleingange, gleichsam als Waldespforte, liegt idyllisch auf hohem Felsvorsprunge das reizende Kirchlein San Stefano. Der Weg führt nun an dem Ufer der rauschenden Sarca zwischen Waldhängen an zahlreichen, im Sonnenlicht hell glitzernden Wasserfällen vorüber bis zum großen Wiesenplane vor der Casa Bolognini. Dort hemmt der Wanderer unwillkürlich seine Schritte, denn das Bild ihm gegenüber ist in seiner Großartigkeit von einer so packenden Gewalt, daß man es nicht genug bewundern kann. Gleichsam über den Wipfeln der Nadelhölzer, welche das reizend gelegene Tridentiner Schutzhaus umrahmen, neigt sich die prächtige Gletscherzunge der Vedretta del Mandrone, wild zerrissen, fast senkrecht herab, während zu ihrer Linken die rauhen und dunklen Wände des Felskolosses Lobbia bassa massig emporsteigen. Wölbt sich über diese Scenerie ein klares blaues Himmelszelt, so ist das Bild in seinem Farbenspiel das Vollendetste einer alpinen Landschaft. Nach genügender Rast steigt man den vorzüglichen Weg zur Mandronhütte bergan. Zu oben erwähntem Gletscher gesellt sich bald ein zweiter mächtiger Eisstrom, die von Süden in das Thal eindringende Vedretta della Lobbia.

Schutzhaus Mandronhütte in der Adamellogruppe.
Nach einer Originalzeichnung von E. T. Compton.

Mehr und mehr überschauen wir die große Ausdehnung des Mandrongletschers, während die Lobbia bassa allmählich ihre imponierende Herrschaft verliert.

Je näher der Hütte, desto großartiger entfalten sich auch die Felspartien im Norden, bis man die gewaltige Tonalitkette, welche von der Presanella bis zur Cima lago scuro streicht und dann, nach Süden umbiegend, den Thalschluß des Val di Genova bildet, in ihrer ganzen Ausdehnung bewundern kann. Das Schutzhaus wird nach sechsstündiger Wanderung erreicht. Unser Bild giebt einen Teil des köstlichen Panoramas, welches man von der Hütte übersieht, prächtig wieder. Zur Linken sehen wir die Bergkette von der Punta del Orco bis zum Crozzon di Lares und Corno di Cavento, davor die Vedretta di Lares; in der Mitte erscheinen Lobbia bassa und alta, sowie der Dosson di Genova, unterhalb des Schutzhauses senkt sich der mächtig zerklüftete Mandrongletscher zu Thal und über dem Dache erblickt man in weiter Ferne das Corno bianco (Vorgipfel des Adamello), während ganz rechts der zum Corno di Bedole hinaufziehende Grat beginnt.

Alljährlich besuchen begeisterte Bergsteiger zahlreich dieses Asyl, um von dort denu Adamello und die Hingebenden Gipfel zu ersteigen. Bereits bis an den Rand des Mandrongletschers ist seitens der Sektion Leipzig der Weg fortgesetzt. Ein schwierig herzustellender Gebirgspfad zum Cercenpaß ist geplant, um auch die Ersteigung der herrlichen Presanella in das Bereich der von der Mandronhütte auszuführenden Hochtouren aufzunehmen, und ein neuer größerer Zubau zu derselben wird fernerhin wachsenden Ansprüchen gerecht werden.
Oskar Schumann.