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älter sein als ein durch menschliche kunstfertigkeit erzeugter ring. b) Eine schlange – der ursprüngliche besitzer des zaubergegenstandes – und ein wertvoller stein passen besser zusammen als schlange und ring. Bei den meisten zweigen des menschengeschlechts ist der alte glaube verbreitet, dass sich im kopf der schlangen mit irgendeiner wunderwirkenden kraft ausgestattete oder sonst kostbare steine befinden.[1] Er kommt u. a. in Ost-Indien[2] und Südwest-Afrika[3] vor und ist auch dem klassischen altertum nicht fremd gewesen.[2] Ist es wohl zu kühn anzunehmen, dass uns die ebenerwähnten südwestasiatischen und balkanischen mischformen, zu denen noch eine nahezu dreihundert jahre alte italienische buchvariante[4] kommt, zeigen würden, wie die vertauschung des steines mit dem ringe vor sich gegangen ist? Vielleicht verknüpfte der erzähler zuerst den zauberstein mit einem ring, woran ihn der held des märchens bequemer handhaben konnte denn als losen gegenstand[5], und davon rührte dann die auffassung her, dass in wirklichkeit der ring der zaubergegenstand sei. Der stein verlor seine bedeutung ganz und geriet in vergessenheit. – Es liesse sich auch denken, man sei dadurch von einem runden stein zu einem ring gelangt, dass man sich diesen durchlocht vorstellte. Man beachte, dass der stein auf finnischem gebiete fast immer löcher aufweist.

Der zaubergegenstand zeigt überall dieselbe wunderkraft: er erfüllt auf der stelle die wünsche des besitzers, gleichviel welcher art sie sind.

Die hervor-
zauberung des
schlosses und
die königs-
tochter.
Unerwartet ist der junge besitzer eines kostbaren zaubergegenstandes geworden. Er verschafft sich mit dessen hilfe dies und jenes, vor allem ein prächtiges schloss, und der freigebigkeit seines schatzes hat er es auch zu verdanken, dass er der schwiegersohn des herrschers wird. Die hervorzauberung des


  1. Dennys, s. 106.
  2. a b Benfey, I, s. 214.
  3. Andersson, II, s. 40.
  4. Siehe die varianten des Pentamerone.
  5. Schon in sehr frühen zeiten wurden steine in ringe eingesetzt.
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Antti Aarne: Vergleichende Märchenforschungen. Société Finno-ougrienne, Helsingfors 1908, Seite 44. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Aarne_Vergleichende_M%C3%A4rchenforschungen.djvu/64&oldid=- (Version vom 31.7.2018)