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auch im Namen des Bekenntnisses, erklärt, und gerade dieser wirkte dahin, dass ihm das Verbleiben in der Landeskirche wesentlich erleichtert wurde. Alle Wünsche Löhes wurden freilich nicht befriedigt, und konnten es nicht werden; dies wäre dem Aufgeben der Landeskirche gleichgekommen. Auch der Punkt, um dessen willen der Konflikt seinen Höhepunkt erreicht hatte, konnte nicht ganz im Sinne Löhes bereinigt werden. Im Prinzip blieb Löhes Stellung zum Landeskirchentum dieselbe. Als Harleß schon eingetreten war, unter dem 13. Dez. 1852, schrieb er an die Separirten in Nassau und Baden: „Was die armen, krankenden, sterbenden, von den Massen der Welt gelähmten und fast getöteten Landeskirchen heutzutage nicht mehr können, das geht auf euch und eures gleichen über“. Der Austrittsgedanke tauchte noch einigemale auf, aber nie mehr mit der Stärke wie früher. Einige Jare später schrieb einer der nächsten Freunde Löhes: „Dass Löhe eine Freikirche bilde, davor darf niemand eine Angst haben, das geht nicht mehr; es wäre schon früher schlecht genug gegangen und Gott hat uns vor großem Jammer und Schaden behütet“.

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 Man darf auch geradezu sagen, dass allein die Landeskirche Löhe Raum bot nicht bloß für die volle Entfaltung seiner Kräfte, sondern auch für eine eigentümliche Mannigfaltigkeit und einen oft auffallenden Wechsel seiner Anschauungen. Löhe eignete nämlich bei aller tiefen, Ehrfurcht gebietenden Ruhe seines Wesens in Amt und Verkehr im Innersten eine große Beweglichkeit, ein Trieb, immer von andern, von besonderen Warnehmungen und Erfarungen zu lernen, auch eine gewisse Abhängigkeit von momentanen Eindrücken. Er blieb lutherischer Grundanschauung treu; im einzelnen hat er aber seine Ansichten oft, bisweilen in das gerade Gegenteil geändert. In seiner herrlichen Schrift über die Kirche (Drei Bücher von der Kirche, 1845), einem waren Loblied auf sie in schöner, erhabener Darstellung – sie wurde auch ins Englische übersetzt – vertrat Löhe die strengste lutherische Orthodoxie. Die lutherische Kirche ist ihm die Kirche schlechthin, in einem Sinne, wie es Joh. Gerhard kaum zugestanden hätte: „Die Reformation ist vollendet in der Lehre, die Lehre und das Bekenntnis ist fertig“. In der Stellung zur katholischen Kirche

Empfohlene Zitierweise:
Adolf von Stählin: Löhe, Thomasius, Harleß. J. C. Hinrichs’sche Buchhandlung, Leipzig 1887, Seite 17. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Adolf_von_St%C3%A4hlin_-_L%C3%B6he,_Thomasius,_Harle%C3%9F.pdf/31&oldid=- (Version vom 31.7.2018)