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das im einzelnen Treffliches enthält, im ganzen eine in der Kirche früh aufgekommene Werk- und Entsagungslehre verherrlicht, welche mit protestantischer Grundanschauung sich prinzipiell und auf die Dauer nicht verträgt. Man muss sagen, dass Löhe eine Weile auch nach anderen Seiten, z. B. in der Frage über das Gelübde der Ehelosigkeit, auf einer bedenklichen Schneide einherging. Allein Löhe wurzelte von früh an und stetig so tief und unerschüttert in der Lehre von der Rechtfertigung, dass von einer bewussten Hinneigung zur katholischen Kirche keine Rede sein konnte; er äußerte offen, dass die Katholiken seinen Übertritt erwarteten, dass er fast alle Tage von da Briefe in diesem Sinne erhalte, aber ebenso entschieden sagt er in den kirchlichen Briefen: „Ich habe keinen Umgang mit Römischkatholischen, ich habe nie einer ihrer Lehren beigestimmt, ich bin gar kein Anhänger des Papismus, ich habe keine einzige römisch-katholische Besonderheit zu der meinen gemacht, ich hange wie ehedem an den symbolischen Sätzen und Lehren der lutherischen Kirche“. Löhe wollte aber Unvereinbares mit einander vereinigen; er versuchte, in einer Art Reformatismus, wie ihn V. E. Löscher nach anderer Seite hin an den Pietisten tadelte, die reformatorischen Grundsätze, denen er durchaus treu bleiben wollte, zu bereichern mit früh aufgekommenen ethischen Anschauungen, die in ihrer weiteren Konsequenz gerade die Reformation herausgefordert hatten. Dass „Stimmung und Färbung seines Urteils“ der römischen Kirche gegenüber anders geworden, gibt Löhe zu (vgl. auch die Vorrede zum Martyrologium vom Jare 1868), dies schloss aber nicht aus, dass er auf das schärfste gegen das neue Dogma sich aussprach. Leider hat nun aber Löhe in seinem: Gutachten in Sachen der Abendmalsgemeinschaft (1863) der reformirten Kirche, die der lutherischen doch weit näher steht als die römisch-katholische, gleiche Billigkeit nicht zukommen lassen; er hat die sehr ungerechten Urteile Luthers in dem kleinen Bekenntnis vom heil. Abendmal hier sich angeeignet und Tit. 3, 10 one weiteres auf Reformirte und Unirte angewendet. Gleichwol hat er auch in dieser Schrift seiner früheren Ansicht über Abendmalsgemeinschaft im Grunde die Spitze abgebrochen und ist im einzelnen, wie tatsächlich vorliegt, noch zu weiteren Konzessionen

Empfohlene Zitierweise:
Adolf von Stählin: Löhe, Thomasius, Harleß. J. C. Hinrichs’sche Buchhandlung, Leipzig 1887, Seite 19. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Adolf_von_St%C3%A4hlin_-_L%C3%B6he,_Thomasius,_Harle%C3%9F.pdf/33&oldid=- (Version vom 31.7.2018)