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Seite:Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen III.djvu/104

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die Gerichte und das Kretschamgut zu Oderwitz mit freiem Bierschank an Christoph von Gersdorf auf Hainwalde verkaufte; dem Klostervoigt Hans Ulrich von Nostitz von 1648 bis 1680; Gottlob Erdmann von Nostitz bis 1741; dem Domherrn Hans Heinrich Gottlob von Nostitz bis 1764. Diesem folgten im Besitz der Gegenhändler Johann Gottlob Erdmann von Nostitz und hierauf der Kammerherr Johann Carl Adolf von Nostitz, alsdann die verwittwete Frau von Nostitz, geborene von Berge, hierauf Frau Thuiska von Mayer geborene von Nostitz und endlich der jetzige Besitzer Herr Landesbestallter Dr. Carl Wilhelm Traugott von Mayer. Die Besitzer des Hainewalder Antheils waren von 1625 bis 1671 die Herren von Gersdorf, von 1671 bis 1686 Eleutherius von Temritz, von da bis 1778 die Herren von Canitz und zuletzt die Herren von Kyau, denen der Antheil noch jetzt zusteht. Die Trennung des Ortes geschah muthmasslich schon zu Ende des sechszehnten Jahrhunderts, wo die Stadt Zittau ihren noch jetzt besessenen Antheil an sich gekauft haben mag, denn nach beendigtem Concurse Christophs von Nostitz (um 1640) war Oberoderwitz bereits in drei Theile zersplittert, von welchen der Nieder-Ruppersdorfer in der Ritterrolle des Markgrafthums Oberlausitz unter Nummer 144 eingetragen ist. – Uebrigens haben die Gemeinden der drei Antheile im Jahre 1842 sich zu einer Gesammtgemeinde vereinigt. – Die Collatur über Kirche und Schule zu Oberoderwitz steht dem Rittergute Oberoderwitz Nieder-Ruppersdorfer Antheils zu.

Das Rittergut Oberoderwitz N. R. A. hat kein Herrenhaus, wol aber sehr ansehnliche neuerbaute Wirthschaftsgebäude, in welchen sich einige herrschaftliche Wohnzimmer befinden, und eine an der Eybauer Strasse frei im Felde gelegene Ziegelei. Das Areal enthält 354 Acker 151 □Ruthen, und in wirthschaftlicher Hinsicht besteht Oberoderwitz aus zwei Vorwerken, dem niederen und den oberen Gute, welche beide ziemlich gleichweit von der Kirche erbaut sind.

Die Kirche zu Oberoderwitz wurde im Jahre 1615, laut einer Thurmknopfnachricht, mit einem neuen Thurme geziert, wobei man das alte Gemäuer um dreiundzwanzig Ellen erhöhte. Im Jahre 1716 ist der Thurm reparirt worden, die Kirche war aber ebenfalls höchst baufällig, so dass man viele Jahre lang ihren Einsturz befürchten musste. Erst im Jahre 1817 begann man das alte Gotteshaus abzubrechen, und legte in einiger Entfernung den Grundstein zu einem neuen, das erst 1821 fertig wurde und 1823 die Glocken empfing. Die neue Kirche ist 72 Ellen lang und 35 Ellen breit, hat 30 Fenster, 2000 Stände, eine neue Orgel mit zwei Manualen und 30 klingenden Stimmen und einen 120 Ellen hohen Thurm. Hauptsächliche Veranlassung zum Angriff des Neubaues war der Umstand, dass am Sonntage Exaudi 1816 während des Vormittagsgottesdienstes in der alten Kirche etwas Gerölle herabstürzte, wodurch die andächtige Gemeinde in ein solches panisches Schrecken versetzt wurde, dass Alles kopfüber durch Thüren und Fenster zur Kirche hinausflüchtete, wobei glücklicher Weise Niemand Schaden nahm. Bald darauf war der Entschluss zu bauen gefasst, und kam unverzüglich zur Ausführung.

Die Löbau-Zittauer Eisenbahn überschreitet unweit des Bahnhofes bei Herrenhut zunächst das Herrenhut-Ruppersdorfer Thal und den Petersbach mittelst eines Viadukts bei den Schwanenhäusern, sodann das Dorf Ober-Ruppersdorf zwischen der Kirche und dem Rittergutshofe von Ober-Ruppersdorf ebenfalls mittelst eines Viadukts; das Dorf Ober-Oderwitz aber durchschneidet sie unweit der Kirche, in deren Nähe sich ein Haltepunkt befindet.

O. M.     




Empfohlene Zitierweise:
Gustav Adolf Poenicke: Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen III. Section. Expedition des Albums Sächsischer Rittergüter und Schlösser, Leipzig 1859, Seite 71. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Ritterg%C3%BCter_und_Schl%C3%B6sser_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_III.djvu/104&oldid=- (Version vom 31.7.2018)