Seite:Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen III.djvu/48

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Grossschweidnitz.


Grossschweidnitz liegt kaum eine Stunde von Löbau an dem sogenannten Dürrhennersdorfer Wasser, welches hier in der Nähe der Höllenmühle sich mit einigen Bächen vereinigt und später den Namen des Löberauer Wassers annimmt. Der Ort besteht aus achtzig Häusern, darunter ein Gasthof, der „Sachsenfreund“ genannt, dreizehn Bauergütern, sieben Grossgärtnereien, zwei Kleingärtnereien und mehreren Mühlen, die theils von dem Dürrhennersdorfer Bache, theils von Quellwasser getrieben werden. Von den vierundvierzig Häuslern sind acht Grosshäusler und sechsunddreissig Kleinhäusler, und die ganze Bewohnerschaft, welche sich hauptsächlich mit Ackerbau und Leinweberei beschäftigt, zählt ungefähr vierhundert Köpfe. Die Fluren des Dorfes grenzen mit Cunnersdorf, Cottmarsdorf, Dürrhennersdorf, Lawalde und Kleinschweidnitz, und die Gegend zeichnet sich durch trefflich bestandene Holzungen und gute Wiesen aus. Die vor etwa hundert Jahren erbauten Rittergutsgebäude geben dem Orte ein schönes Ansehen.

Grossschweidnitz, wie auch das naheliegende Kleinschweidnitz, früher Schweinitz genannt, sind uralte Ortschaften. Schon im Jahre 1213, wo Bischof Bruno II. von Meissen mit dem König von Böhmen hinsichtlich der Lausitzischen Güter in den Gauen Zagost und Budissin die Grenzen bestimmte, wird des Schweidnitzer Berges Erwähnung gethan. Im Jahre 1306 trafen die Markgrafen Otto mit dem Pfeil und Waldemar von Brandenburg, Lausitz und Landsberg über den Gerichtsbezirk des Landgerichts zu Löbau die Einrichtung, dass zwanzig Dörfer dazu gehören sollten, nämlich Giersdorf, Cottmarsdorf, Dürrhennersdorf, Schönbach, Laube, Lawalde, Ober- und Niedercunnersdorf, Gross- und Kleindehsa (ambas Theesyn), Oelsa (Ulsen), Altlöbau, Tiefendorf (Diebesdorpp), Nechen, Laucha (Lychowe), Unwürde (Uwer), Gorbitz (Gorghewicz) und Gross- und Kleinschweidnitz (ambas Suenize). Bis dahin hatte Grossschweidnitz der Stadt Bautzen gehört, kam aber nunmehr, entweder durch Tausch oder Schenkung von dem dasigen Domstift, dessen Küchengut es war, an einen Herrn von Schönberg, bei dessen Familie es blieb bis 1478, wo Löbau, das schon eine Hälfte besass, auch die andere Hälfte nebst dem Dorfe Oelsa an sich kaufte.

Grossschweidnitz blieb im Besitze der Stadt Löbau bis zum Jahre 1547, wo es durch den sogenannten Pönfall der Sechsstädte ihr verloren ging. Die Sechsstädte hatten sich nämlich geweigert, dem König Ferdinand von Böhmen Truppen gegen den Churfürsten Johann Friedrich den Grossmüthigen zu senden. Als nun der Churfürst in der Schlacht bei Mühlberg von Kaiser Karl V. geschlagen und gefangen wurde, wussten es einige den Städten feindlich gesinnte Edelleute aus der Umgebung des Königs dahin zu bringen, dass dieser ihnen eine schwere Strafe für den gezeigten Ungehorsam aufzulegen beschloss. Am Tage nach Maria Himmelfahrt verkündete der Landeshauptmann Dr. Ulrich von Nostiz auf Unwürde, ein Todfeind der Städte, auf dem Landtage zu Budissin den versammelten Deputirten des Königs Ungnade und forderte sie auf, aus ihrer Mitte Bevollmächtigte nach Prag zu senden und dort wegen ihres Ungehorsams Antwort und Bericht zu geben, auch alle Privilegien und Zunftbriefe den Räthen Sr. Majestät einzuhändigen. Mit Furcht und Bangen reisten die Deputirten an des Königs Hofstatt und baten flehendlich um Gnade, vorgebend, dass sie das Kriegsvolk zum eigenen Schutz zurückbehalten und keineswegs wider der Majestät Gebot zu handeln geglaubt hätten. Alles Bitten fruchtete indessen nichts. Die Sechsstädter wurden im Schlosse zu Arrest gebracht und alsdann als Zeugen nach mehreren böhmischen Städten, die gleichen Vergehens beschuldigt waren, geführt, endlich aber in die Heimath entlassen. Die Strafe war sehr hart. Ulrich von Nostiz, begleitet von dem Hofrichter Nikolas von Metzrad und dem Vicekanzler Georg Mehl, nahm den Städten Geschütz, Munition und Rüstung, liess die Gemeinden der Stadtdörfer citiren, entband sie der Unterthanenpflicht gegen die bisherigen Herren und liess sie dem Könige Ferdinand einen Huldigungseid schwören. Ebenso nahm er im Namen des Königs alle Kirchenkleinodien, Werthpapiere, Privilegien und Zunftbriefe in Empfang und erzwang ausserdem noch eine beträchtliche Summe Geldes. Die bisherigen Bürgermeister und Rathspersonen wurden ihrer Aemter entsetzt und nur wenige Personen später wieder zugelassen. Zwar erfolgte nach einiger Zeit eine Versöhnung, aber bis auf die Urkunden und etliche unbedeutende Güter erhielten die Städte ihren Verlust nicht zurück. Die genommenen Rittergüter kamen grösstentheils in Besitz einiger am Prager Hofe beliebten Edelleute. Als der Erzherzog Ferdinand im Jahre 1554 die Lausitz besuchte und sich daselbst mit der Jagd divertirte, sahe er aus dem Bezeigen der Räthe und Gemeinden gar wohl, dass die armen Leute von den Edelleuten bei seines Herrn Vaters Majestät verunglimpft worden waren, sagt ein Lausitzischer Geschichtschreiber, und setzt hinzu, dass der Prinz sich mit einigen königlichen