Räthen für die Städte verwendet und endlich auch wirklich den König dazu bestimmt hätte, ihnen seine Gnade wiederum zu schenken. Die Städte bekamen Erlaubniss, ihre verlorenen Landgüter gegen eine starke Geldsumme wieder einzulösen, ihre Mittel waren indess durch die vorhergegangenen Verluste dergestalt erschöpft, dass nur wenige Dörfer und in ziemlich langen Zwischenräumen zurückgekauft werden konnten.
Mit der Justiz scheint es in jener Zeit traurig gestanden zu haben. Die königlichen Commissarien hatten während des Pönfalls ausser dem königlichen Richter auch einen Landrichter ernannt und einige Edelleute dem Gerichte als Schöppen beigesellt. Die Schöppen aber hatten nicht Lust, die Gerichtstage regelmässig zu besuchen, und so kam es, dass auch die Justizbeamten nachlässig wurden und somit der Rechtszustand in gänzlichen Verfall gerieth. Die natürliche Folge davon war eine furchtbare Ueberhandnahme der Verbrechen. So hatte sich eine Räuberbande unter dem Namen der „Kartengesellschaft“ gebildet, die über einen grossen Theil der Lausitz verbreitet war und alle Strassen unsicher machte, Schlösser und Kirchen beraubte, mordete und brannte. Der Hauptmann dieser Rotte, ein Budissiner Schneider, Amsel, führte unter seinen Genossen den Namen „der rothe König“ und gestand vor dem Richter neunundvierzig Mordthaten ein. Er wurde mit einer Anzahl seiner Raubgesellen am 30. April 1558 zu Budissin hingerichtet. – Der Adel erlaubte sich bei diesem Zustande der Rechtsverwaltung täglich Gewaltthätigkeiten gegen die Städter und Alle die es mit diesen hielten. Georg von Carlowitz hatte einen gänzlich ungerechtfertigten Hass auf den Senior und Offizial des Petristiftes zu Budissin, M. Jacob Heinrichen, geworfen und rächte sich an ihm dadurch, dass er mit einigen lustigen Kumpanen während des Gottesdienstes nach der Petrikirche ging, den arglosen Offizial aus der Kirche rufen liess, und als er heraustrat ihn mit Hülfe der Anderen in einen bereit stehenden Wagen warf und davonfuhr. Unter Weges trieben die übermüthigen Herren mit dem vor Schreck und Angst halbtodten Priester den grössten Unfug und stiegen endlich auf der Haide bei Königsbrück aus dem Wagen, um ein Mahl zu geniessen. Während dem war in Budissin ein grosser Auflauf entstanden, indem ein Schüler die Gewaltthat gegen den Offizial mit angesehen und solche dem Dekan gemeldet hatte; man zog die Sturmglocken, bot die Bauern zur Verfolgung auf und bald marschirte eine kleine Armee gegen den unsichtbaren Feind. Die tête d’Armèe bildete des Amtshauptmanns Diener, Valentin Lochner, der bei dem Plaunitzer Rittersitze eine Anzahl Birkenstöcke für Feinde ansah und mit Angst und Zittern dem nachziehenden Heere verkündete, die Strasse sei voller Feinde. Einige recognoscirende Reiter berichteten bald die Wahrheit und die Verfolgung wurde fortgesetzt.
Die Entführer wurden bald gewahr, dass es die höchste Zeit zur Flucht sei, desshalb schnitten sie die Stränge durch, setzten sich auf die Pferde und ritten spornstreichs davon, die Kutsche mit dem halbtodten Offizial zurücklassend. Als nun die Budissiner heraneilten, glaubte der gequälte Geistliche neue Feinde vor sich zu haben und kroch in ein Kornfeld und von da in eine Fischerhütte, von wo er zu einem Edelhofe schlich und hier gute Aufnahme fand. Bald kamen auch die nachsuchenden Bautzener herbei und mit grossem Jubel brachten dieselben ihren Offizial, von einer Reiterschaar umgeben, nach der Stadt zurück. Die Entführer des Geistlichen blieben ungestraft, ja man lachte sogar vielfach über den lustigen Streich, er hatte aber die glückliche Folge, dass man auf das mangelhafte Justizverfahren aufmerksam wurde und eine bessere Handhabung desselben einführte.
Nach dem Pönfall hatte Dr. Ulrich von Nostiz nebst einigen anderen Gütern auch Grossschweidnitz erkauft. Die Rauhheit, mit der er als kaiserlicher Rath und Landeshauptmann der Oberlausitz die Städte behandelte und die Strenge, mit der er des Königs Befehle gegen die Sechsstädte durchführte, erwarben ihm den Namen des Städtefeindes und der Hass des Volkes ging so weit, dass man sogar nach seinem Tode noch eine Menge unheimlicher Dinge von ihm erzählte. Der Städtefeind starb am 13. October 1553 und wurde in der Gruft zu Ruppersdorf beigesetzt. An seinem Todestage tobte ein furchtbarer Sturm und viele Leute wollten ganz deutlich gesehen haben, wie während desselben der Satan mit dem Landeshauptmann in den Lüften hinsauste. Andere hatten den Städtefeind in der Mitternachtsstunde aus der Todtengruft steigen und herumwandeln sehen und wieder Andere waren ihm auf dem Wege nach Unwürde in einem von gespenstigen Rossen gezogenen Wagen begegnet. – Auf jeden Fall war Ulrich von Nostiz, wenn auch ein strenger und von Vorurtheilen eingenommener Mann, doch ein sehr tüchtiger Diplomat und Rechtsgelehrter. Seine Gemahlin war Margaretha von Talkenberg.
Nach Ulrichs von Nostiz Tode empfing dessen ältester Sohn, Otto von Nostiz, Grossschweidnitz und Unwürde, starb aber schon am 17. März 1570 und hinterliess die Güter seinem Sohne Joachim von Nostiz († 1603), dessen Tochter Margaretha sich 1605 mit Wenzel Hund von Altengrotkau auf Jeschkendorf, Wilschke und Ramske, Oberamtsrathe des Herzogs zu Liegnitz, sowie Landesältestem dieses Herzogthums, vermählte. Er starb am 19. Februar 1637 und sein Sohn Heinrich Wenzel Hund von Altengrotkau, welcher seine Erziehung in Lissa empfing, später im Regimente Brederode diente und 1651 sich mit Anna von Ziegler auf Radmeritz vermählte, trat in den Besitz der bedeutenden väterlichen Güter. Er war ein allgemein beliebter und verehrter Mann, dessen am 6. Juni 1697 stattgefundener Tod allgemeine Trauer erregte. Hildebrand von Hund, des Verstorbenen Sohn, besass Unwürde, Mönau, Kittlitz, Obergebelzig, Grossschweidnitz und Zoblitz. Er war königlich Polnischer und churfürstlich Sächsischer Rath und Landesältester des Budissiner Kreises, das erstemal vermählt mit Anna von Metzrad aus dem Hause Uhyst, die ihm elf Kinder gebar und am 16. März 1705 zu Budissin starb, das zweitemal mit Sophie vom Berge aus Grosskelzig, gestorben am 20. October 1717. Er genoss das höchste Vertrauen seines Fürsten und wurde oft zu den wichtigsten Missionen verwendet. Sein Tod erfolgte im Jahre 1722 und Grossschweidnitz mit noch einigen Gütern kam in Besitz seines Sohnes, des Geheimrathes Carl Gotthelf von Hund und Altengrotkau, der dieselben eines Theils an die Gräfin Isabella von Salmour, andern Theils an den Landesältesten des Budissiner Kreises, Gottlob August von Leubnitz auf Friedersdorf verkaufte. Grossschweidnitz gehörte diesem Herrn von 1757 bis 1775 und kam dann an Caroline von Leubnitz, seine Tochter, die sich später mit dem Premierlieutenant Hans Christoph Moritz von Beschwitz vermählte. Nach dessen 1819 erfolgtem Tode gelangte Grossschweidnitz an Hans Christoph Moritz von Beschwitz, welcher das väterliche Gut an den derzeitigen Besitzer, Herrn Paul Freiherrn von Gutschmidt verkaufte.
Das Herrenhaus zu Grossschweidnitz wurde im Jahre 1638 von den Schweden
G. A. Poenicke: Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen III. Section. Leipzig 1859, Seite 34. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Ritterg%C3%BCter_und_Schl%C3%B6sser_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_III.djvu/49&oldid=- (Version vom 31.7.2018)