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und Waldbeeren lebten und sich dann entschlossen, um Gnade zu bitten. Zu diesem Behufe schrieben sie an den Oberamtshauptmann von Schönburg zum Hartensteine einen Brief, worin sie das Versprechen gaben, gegen Zusicherung völliger Straflosigkeit den fürstlichen Sohn gesund und unversehrt auszuliefern; würde man aber auf sie anziehen, wollten sie sich wehren bis zum letzten Blutstropfen, vorher aber den Prinzen erstechen. Der Oberamtshauptmann sicherte ihnen in einem Briefe sofort im Namen des Churfürsten Freiheit des Leibes und Gutes sowie Erlass aller Strafe zu, und nun begaben sich die halbverschmachteten Flüchtlinge mit dem Prinzen nach dem Schlosse Hartenstein. Hier gab ihnen der Oberamtshauptmann einen derben Verweis und entliess sie mit der Warnung, sich nicht wieder auf Sächsischem Boden blicken zu lassen. Beim Abschiede schenkte der Prinz dem Ritter von Schönfels, dessen Pferd lahm geworden war, ein schönes Ross mit den Worten; „Nun reitet hin und kommt in meines Vaters Land nimmer wieder!“

Noch an demselben Tage wurde der Prinz nach Chemnitz gebracht, wo bereits der Churfürst mit seiner Gemahlin und dem befreiten Prinzen Albrecht eingetroffen war. Die Freude der Eltern, als sie den geliebten Sohn wiedersahen, theilte das ganze Volk. Am 12. Juli reiste die churfürstliche Familie nach Ebersdorf zu dem dortigen berühmten Marienbilde, um Gott für die wiedergeschenkten Kinder zu danken, auch wurden die Kleider der Prinzen zum Andenken an deren Rettung in der dasigen Kirche aufgehängt. Am nächsten Tage traf der Churfürst mit den Seinen in Altenburg ein, im ganzen Lande aber wurde ein Dankfest gefeiert.

Der Ritter von Kaufungen lag zu Freiberg, wohin man ihn von Zwickau gebracht, in einem tiefen Kerker des Rathhauses. Als nun die Glocken der Stadt das Dankfest verkündeten wegen der Prinzen Rettung, da fragte Kunz den Gefangenwärter nach der Ursache des ungewöhnlichen Läutens, und als er dieselbe vernommen, schlug er die Hand vor die Stirn und rief schmerzlich bewegt: „Das walte der Teufel, nun gilt es mein Leben!“ Und er hatte sich nicht geirrt. Das Gericht verurtheilte ihn zum Tode, obgleich der unglückliche Mann sich auf die Sitte der damaligen Zeit berief, nach welcher jedem Ritter das Recht zustand, seinen Gegner bis zum Vergleiche gefangen zu halten und obgleich er anführte, dass ja den Prinzen kein Leid zugefügt worden sei. Am 14. Juli 1455, Nachmittags halb vier Uhr, bestieg Kunz von Kaufungen das Schaffot. Noch bezeichnet auf Freibergs Marktplatze ein breiter Stein die Stätte, wo des Prinzenräubers Haupt fiel. Man sagt, der Churfürst habe ihn auf Bitten seiner Familie begnadigen wollen, weil aber die Thore Freibergs geschlossen waren, konnte der Gnade bringende Reiter nicht eher in die Stadt, bis die Hinrichtung vorüber war.

Am 22. Juli wurden Kaufungens Knappe, Johann Schweinitz nebst zwei Knechten gefänglich in Altenburg eingebracht und am 28. Juli sammt Hans Schwalben zu Zwickau mit glühenden Zangen gerissen und alsdann geviertheilt. Kunzens Bruder, Dietrich von Kaufungen, in dessen Scheune die Strickleitern verfertigt worden waren und der nach vollführtem Raube höhnisch ausgerufen: „Das Nest würden sie wohl finden, aber die Vögel wären ausgeflogen!“ verlor zu Altenburg das Haupt und sein Knecht Franz musste am Galgen sterben. Wohin Mosen und Schönfels gekommen hat Niemand erfahren. –

Die Uebelthäter hatten nun alle ihren gebührenden Lohn empfangen und jetzt forderte Churfürst Friedrich den wackern Köhler Georg Schmidt auf, für seine wichtige That sich eine Gnade zu erbitten. Der schlichte Waldmann aber war sehr bescheiden, er bat nur um die Erlaubniss, in dem Walde, wo er den Prinzen befreit, soviel Kohlen frei brennen zu dürfen, als er zum Unterhalte seiner Familie verkaufen müsse. Lächelnd gewährte der Churfürst des Köhlers Wunsch, schenkte ihm aber in Eckersbach bei Zwickau auch ein hübsches Freigut nebst einem aus dem Amte Zwickau zu liefernden Deputat an Getreide. Und als Georg Schmidt ein Greis geworden war, nahm der Churfürst Ernst den alten Mann nach Altenburg an den Hof, wo er gute Tage hatte und den Leuten unaufhörlich von dem Prinzenräuber erzählte und wie er denselben mit seinem Schürbaum weidlich „getrillt.“ Durch diesen Ausdruck erhielt er bald den Namen „der Triller,“ welchen auch seine Nachkommen beibehielten, von denen später einige in den Adelstand erhoben wurden und zu hohem Ansehen gelangten; sie führten einen Schürbaum und in Bezug auf der Churfürstin Traum einen Bären im Wappen. Den alten Triller hielt der Churfürst gar hoch und behandelte ihn stets mit der freundlichsten Güte und Herablassung, ja er liess sogar einmal mehreren jungen zierlichen Höflingen, die den alten Triller wegen seines grauen Zottelbartes verhöhnt hatten, zur Strafe einen Bartzwickel wegrasiren, dass sie zu aller Leute Spott und Gelächter herumliefen.

Bald nach Kunz von Kaufungens Tode kam das Schloss Kriebenstein in Besitz der Familie von Schleinitz, von der es um 1515 an die von Ende überging. 1529 gehörte es Herzog Georg dem Bärtigen, der das Schloss mit Zubehör an Ernst von Schönberg für 20,000 Gulden verpfändete, 1537 es aber wieder einlösste und der verwittweten Prinzessin Elisabeth, einer gebornen Landgräfin von Hessen zum Leibgedinge gab. Von dieser kam es in Besitz des Churfürsten Moritz, welcher dasselbe gegen Schönfeld, ein Gut des als Staatsmann und Gelehrten gleich berühmten Grafen von Carlowitz vertauschte, der die Herrschaft bedeutend vergrösserte und nach seinem Tode vier Söhnen hinterliess, welche dieselbe in vier Hauptgüter, Waldheim, Kriebstein, Ehrenberg und Schweikershain theilten. Der älteste Sohn, Nikolas von Carlowitz, erhielt Kriebstein mit Bärnwalde, Gilsberg, Heiligenbein, Höschen, Gauschenthal, Reinsdorf, Richzenhain, Tanneberg und Theile von Erlau und Frankenau. Später verkaufte derselbe Kriebstein an Wolf von Schönberg auf Sachsenburg, von dem es 1583 Churfürst August für 40,000 Gulden erwarb, aber schon im nächsten Jahr an Loth von Ponickau gegen Ebersbach und Lauterbach im Amte Colditz vertauschte, dem er noch 9517 Gulden herauszahlte. Später kam Kriebstein an die Familie von Milkau und von dieser an die Pflugke, deren einer, der geheime Kriegsrath von Pflugk, es den Arnims überliess. Der jetzige Besitzer des Schlosses Kriebstein ist Herr H. C. Freiherr von Arnim.

M.     



Empfohlene Zitierweise:
Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen I. Section. Expedition des Albums Sächsischer Rittergüter und Schlösser, Leipzig 1860, Seite 44. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Schl%C3%B6sser_und_Ritterg%C3%BCter_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_I.djvu/060&oldid=- (Version vom 21.5.2018)