Seite:Album der Schlösser und Rittergüter im Königreiche Sachsen I.djvu/118

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und Thierbach gelangte, die den Justizrath Burkhard Berlich in Dresden, der[WS 1] bedeutende Hypotheken auf Kitzscher besass, zum Mitbelehnten dieses Gutes aufnahmen und ihm das dazu gehörige Dorf Haubitz gänzlich abtraten. Um diese Zeit erlangte das Rittergut Kitzscher die Schriftsässigkeit (1656). Nach dem Tode der beiden Herren von Kitzscher erbte das Gut ein Vetter, Christoph von Kitzscher, der letzte Rittergutsbesitzer aus der Familie Kitzscher, welche auf dem hiesigen Schlosse Jahrhunderte lang geherrscht hatte. – Es darf hier nicht vergessen werden, dass in der Universitätskirche zu Leipzig das geharnischte Steinbild eines Ritters, der sich auf ein Schwert stützt, aufbewahrt wird, aus dessen schwer zu entziffernder Umschrift noch zu erkennen ist, dass dieses Bild einen Ritter von Pflugk auf Kitzscher vorstellt, der um das Jahr 1460 hier beerdigt wurde. Höchst wahrscheinlich war er ein naher Verwandter der Frau Else von Kitzscher, einer geborenen Pflugk, und stand vielleicht während der Zeit, wo Kitzscher der Frau Else Leibgut war, ihr als Mitbelehnter zur Seite.

Als Christoph von Kitzscher 1676 mit Tode abgegangen war, fiel das Rittergut Kitzscher mit Zubehör an die fünf Töchter des Justizraths Berlich, die 1677 damit belehnt wurden, aber bald darauf kaufte es ihr Oheim, Dr. Romanus Teller auf Bräunsdorf, ein berühmter Jurist und Assessor des Schöppenstuhls zu Leipzig, der 1691 unter dem Altare der Kirche zu Kitzscher seine letzte Ruhe fand. Seine Kinder M. Romanus Teller und Dorothea Barbara vereheligte Schleising verkauften das Gut 1694 an den herzoglich Sachsen-Gothaischen Hauptmann Anton Wilhelm Treusch von Buttlar, von dem es 1701, ebenfalls durch Kauf, an den fürstlich Weissenfelsischen Landkammerrath Poppo von Hartmann gelangte. Dieser starb 1724 und Kitzscher kam an seinen Sohn, den Landkammerrath Poppo von Hartmann, nach dessen schon 1729 erfolgtem Tode zwei Söhne, Poppo Friedrich und Adolf Heinrich, das Gut erhielten, doch wurde es noch eine Zeit lang von einem Vormunde verwaltet. Später besass Poppo Friedrich von Hartmann das Gut allein, und zwar bis 1764 wo es durch sein Ableben Eigenthum der hinterlassenen Wittwe und dreier Söhne wurde, die es jedoch 1773 durch Vermittlung des Freiherrn Christian Gottlieb von Hohenthal auf Wartenburg an den Fürsten Joseph Alexander Jablonowsky verkauften. Dieser Herr aus dem uralten Herzogsstamme der Preussen, Wenden und Wichaltze entsprossen, besass einen hohen Ruf als gelehrter und wohlwollender Mann, und dabei eine Reihe von Titeln die wir als Curiosum hier nicht verschweigen wollen. „Er war des heiligen Römischen Reichs Fürst, Fürst zu Jablonow und Lachowce, Graf zu Liscianka und Jawalow, Freiherr von Podhorce, Erbherr zu Jablonow in Litthauen, Starywozec, Czarnolas, Woiwod von Nowogrod, Ritter und Commandeur der Orden des heiligen Geistes, St. Michaelis und St. Hubertus, Ehrenmitglied der Gesellschaft der schönen Künste und Wissenschaften zu Paris, der Akademieen zu Rom, Padua, Bologna, Starost zu Wolpa, Onyxst, Dzwinogrod, Zagost, Herr auf Dubno Xrasne und Debelawoe. Er war geboren im Jahre 1712 und zwar als der Sohn des Polnischen Krongrossfähndrichs Alexander Johann Jablonowsky. Unruhen im Königreiche Polen veranlassten den Fürsten sich aus seinem Lande zu entfernen und in Leipzig niederzulassen, wo er ein Haus am Rossplatz (den Churprinzen) kaufte, und eine noch jetzt bestehende und nach ihm benannte gelehrte Gesellschaft gründete. Nach der Erwerbung des Rittergutes Kitzscher that der Fürst Jablonowsky mancherlei zur Verbesserung und Verschönerung desselben, so erbaute er namentlich den noch jetzt stehenden Thurm und zierte diesen mit einer Uhr, deren Glocken die Umschrift: „JOS. ALEX. S. R. I. PRINCEPS JABLONOWSKY, EQUES, TORQUATUS AC COMMENDATOR ORDINUM. S. SPIRITUS S. MICHAELIS, et S. HUBERTI. tragen, und mit dem fürstlichen Wappen verziert sind. Ein eigenthümlicher Einfall des Fürsten war es, dass er bei Kitzscher einen Galgen erbauen lassen wollte vielleicht zur Bestrafung seiner aus Polen mitgebrachten Leibeigenen, es wurde ihm jedoch von der Behörde die Erlaubniss dazu verweigert. Nach des Fürsten 1777 erfolgtem Tode erbte Kitzscher sein Sohn Dobrigost August Fürst Jablonowsky, für den der churfürstlich Sächsische Finanzprokurator August Wilhelm Schroth Lehnsträger wurde, das Gut aber 1787 von dem Fürsten an sich kaufte, und es 1788 Benedikt Christoph von Niebecker, grossherzoglich Sachsen-Weimarischem Oberstleutnant überliess. Im Jahre 1795 kam das Gut an dessen Gemahlin und 1798 durch deren Hintritt an drei Töchter, Charlotte von Nolting geborene von Niebecker, Christiane von Niebecker und Auguste Freiin von Keller, geborene von Niebecker. Letztere starb am 30. December 1832 und Kitzscher gelangte durch Kauf an Carl Friedrich August Freiherrn von Keller, grossherzoglich Sachsen-Weimarischen Major, nach dessen Tode das Gut von den Erben dem derzeitigen Besitzer Herrn I. R. H. von Witzleben überlassen wurde.

Es wurde bereits erwähnt, dass die Hussiten muthmasslich alle vorhandenen schriftlichen Nachrichten über die frühesten Ereignisse des Ortes Kitzscher vernichtet haben mögen, und was aus jener Zeit vielleicht durch glücklichen Zufall erhalten worden war, zerstörten die rohen Hände der Soldaten im dreissigjährigen Kriege. Als eine interessante Erinnerung an die wüthenden Hussiten verwahrt die Pfarre zu Kitzscher einen alten Glockenschwengel, der 1793 in der sogenannten Lindhardt beim Ausroden einer starken Eiche in der Erde gefunden wurde, und die Sage

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: per
Empfohlene Zitierweise:
Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen I. Section. Expedition des Albums Sächsischer Rittergüter und Schlösser, Leipzig 1860, Seite 82b. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Schl%C3%B6sser_und_Ritterg%C3%BCter_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_I.djvu/118&oldid=- (Version vom 16.9.2022)