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Hohnstädt
mit Grosssteinberg.


Das Dorf Hohnstädt liegt kaum eine Viertelstunde von Grimma auf einer durch mehrere Schluchten zerrissenen Höhe, die so bedeutend ist, dass man den Ort sogar aus dem höheren Theile des Erzgebirges wahrnehmen kann. Derselbe raint mit den Fluren von Böhlen, Seelingstädt, Beyersdorf und dem rothen Vorwerke, sein Gebiet aber erstreckt sich durch das südöstlich gelegene Vorwerk Burgberg bis an die reizende Muldenaue, wo, umgeben von den schönsten Parkanlagen, auf einem Berghange sich die hübsche Villa erhebt in der Seume seine letzten Lebensjahre in friedlicher Ruhe zubrachte. Hohenstädt, welches auch einem der Grimmaischen Stadtthore den Namen gegeben hat, zählt vierundfunfzig Behausungen mit beinahe vierhundert Bewohnern, und hat eine Pfarrkirche deren Filial Beyersdorf ist, sowie ein Wirthshaus, das wegen des hier gebrauten vortrefflichen Bieres zu den besuchtesten Vergnügungsörtern der Bewohner Grimmas gehört.

Das Rittergut zu Hohnstädt, wozu auch das Vorwerk Burgberg, der Rappenberg, die Kellerhäuser und das Dorf Grosssteinberg gehören, war in der frühesten Zeit Eigenthum der adeligen Familie von Hohnstädt (Hoenstete) die in hiesiger Gegend auch späterhin noch einige Rittergüter besass. Friedrich von Hoenstete, Kellermeister des Markgrafen Friedrich, wird im Jahre 1304 als Wohlthäter der Thomaskirche zu Leipzig genannt, indem er dieser vierzig Acker in der Aue gelegenes Holz schenkte, auch trat er das ihm zustehende Recht, in der Mulde zu fischen, sowie seine Gerichtsbarkeit über die Fischer an Otto, den Propst im Kloster Zschillen, ab, der indessen Beides dem Kloster zu St. Thomas in Leipzig überliess. Das Kloster Nimptschen, welches in weitem Umkreise Besitzungen innehatte und Zinsen einnahm, erwarb sich 1392 zu Hohnstädt einundsechszig Groschen Zins, hundert Jahre vorher aber hatte schon der Pleban zu Grosspardau von Hohnstädt vier Schillinge zu beziehen. Zu welcher Zeit das Rittergut aus dem Besitze der Familie von Hoenstete kam, ist nicht bekannt, im funfzehnten Jahrhundert aber gehörte dasselbe dem Augustinerkloster zu Grimma, welches im Jahre 1187 gestiftet worden war. Dieses besass bedeutende Güter und gehörte zu den ersten Klöstern, welche in Sachsen säkularisirt wurden, denn schon 1523 wurde jedem seiner Mönche anheim gegeben, ob er im Orden bleiben oder zur neuen Lehre übertreten wolle. Erst im Jahre 1541 legte der letzte Prior, Weissmantel hiess er, sein Amt nieder, und überliess dass Kloster mit den dazu gehörigen Gütern dem Landesherrn; aber nicht alle Brüder des Klosters folgten dem Beispiele ihres Priors, das bisherige Leben und die Räume in denen sie gewohnt waren ihnen lieb geworden, und sie fühlten keinen Trieb in anderen Klöstern Zuflucht zu suchen, da es ihnen nicht an Gelegenheit fehlte, das bequeme Leben fortzusetzen.

Churfürst Moritz hatte aus dem Kloster eine gelehrte Schule geschaffen und zum ersten Rector derselben M. Adam Siebern erwählt, der am 14. September 1550 die Weiherede hielt. Aber bald wurde es unheimlich in den alten Klostergebäuden, denn verschiedene Male hatte man bemerkt, dass aus einer unansehnlichen Thüre des Kreuzganges dunkle, geisterhafte Gestalten hervortraten, den einsamen Gang durchwandelten und nach einiger Zeit wieder lautlos verschwanden. Voller Grauen erzählten mehrere Schüler dem Rector was sie mit eigenen Augen wahrgenommen, dieser aber legte ihnen das tiefste Stillschweigen auf, und nachdem er am anderen Tage ein lange Selbstberathung gepflogen, liess er die jungen Leute auf sein Gemach rufen, und forderte sie auf in der nächsten Nacht mit ihm durch die unheimliche Pforte zu steigen und das schauerliche Geheimniss zu ergründen. Um Mitternacht versammelten sich Alle in der Klosterkirche, durch Gebet das Herz zu dem gefährlichen Abentheuer zu stärken, dann wurde eine Fackel angezündet und auf die geheimnissvolle Pforte zugeschritten. Durch einen leisen Druck öffnete sich diese und es zeigten sich Stufen, die abwärts führten. Plötzlich verlöschte die Fackel und rabenschwarze Finsterniss umgab die Nachtwandler, welche einige Augenblicke unentschlossen stehen blieben, endlich aber neuermuthigt weiter drangen, bis ihnen ein heller Raum entgegen leuchtete. Hier sassen die zurückgebliebenen Augustinermönche beim vollen Becher und genossen die Freuden, welche ihnen die Oberwelt nicht mehr bieten konnte. Gross war der Schreck der überraschten Zecher; ein alter graubärtiger Mönch aber sprang heftig empor, warf den Tisch mit Wein und Speisen um und rief den Brüdern zu die Eingedrungenen zu ergreifen und durch ihren Tod das Geheimniss zu wahren, jedoch die anderen Mönche, starr vor Schreck, waren nicht der Meinung des Alten, denn einer von ihnen trat dem Rector Sieber entgegen, mit der Bitte ohne Säumen umzukehren und am nächsten

Empfohlene Zitierweise:
Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen I. Section. Expedition des Albums Sächsischer Rittergüter und Schlösser, Leipzig 1860, Seite 86. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Schl%C3%B6sser_und_Ritterg%C3%BCter_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_I.djvu/135&oldid=- (Version vom 16.9.2022)