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seine selbst heuchelnde Frömmigkeit: Wohlwissend, dass ein frommes Volk auch ein gutes, friedfertiges Volk ist. Um aller Frechheit die Krone aufzusetzen, hat sogar dieser Mann sich in seinem Testamente für den frömmsten, redlichsten und unbescholtensten Menschen erklärt, der alles mit Gott that, und nur durch seinen Beistand vollbrachte; indem er nicht bedachte, dass Thaten lauter sprechen, wie Versicherungen.

Ein Verdienst hat sich der Minister Graf Brühl um Sachsen erworben, Geschmack und Kunstsinn befördert zu haben, das beweisen seine Bauten und seine eigenen Anordnungen. Auch der Erbau von Nitzschwitz ist ein sprechendes Zeugniss von des Grafen von Brühl Schönheits-Sinn im Baustyle. Von den drei Flügeln, welche drei Etagen haben, ist der mittlere 15 Fenster breit und macht Front gegen die Oeconomiegebäude. Am Schlosse gegen Westen dehnt sich der im halb englischen und halb im französischen Geschmack angelegte Garten aus. Vom sogenannten Audienzsaal, der im 7jährigen Kriege durch die Preussen sehr gelitten hat, sind noch schöne Trümmer übrig geblieben. Hier erblickt man in den Wänden die feinste Frescomalerei italienischer Meister. Die Göttin der Jagd erscheint hier unter verschiedenen Gestalten. Sie ist in Lebensgrösse gezeichnet und die Farben erscheinen so frisch, als wäre der Maler nur erst fertig damit geworden. Die brennenden Farben der Gewänder von Göttern und Göttinnen verbreiten ein herrliches Licht. Das Deckengemälde ist ohne Zweifel das Meisterstück. Es stellt den Wagensturz des Phaeton vor. Die stürzenden Pferde sind so täuschend, als fielen sie durch die Luft herab. Schöne Stuccaturarbeiten an den Wänden der übrigen Zimmer, ächt vergoldet, sind noch trotz der Zerstörung zu schauen. Aus alter Zeit, dem Palais gegenüber, hat sich eine Nische mit Thürmchen erhalten, worauf früher eine Uhr schlug. In der Nische befindet sich ein Gemälde, die Verbindung der Flora mit Zephir. Vermuthlich von Oeser gemalt.

Zu beiden Seiten des Palais befinden sich Bogengänge und enden mit einem kleinen Gebäude, um den Halbzirkel zu bilden. Auf der Rückseite des Palais ist der Untergarten befindlich, eben so malerisch, als auf der Vorderseite. Die Fronte der Fenster und Arcaden gewähren einen reizenden Anblick. Vor denselben liegt eine grüne Wiese rund herum mit Anpflanzungen und Blumenstücken begränzt. Hier fliesst ein Arm der Mulde und jenseits sieht man herrliche Triften für die herrschaftlichen Schaafherden. Die Seitengänge des Untergartens dehnen sich weiter aus und enthalten noch viele schöne Anlagen. Im Obergarten sind die herrlichsten Anlagen zu finden mit dem Gewächshaus und einem Saal am Ende des Gartens, in welchem ein von Oeser restaurirtes Deckengemälde zu finden ist. Dieser Saal, noch das Palais sind jedoch Fremden mehr zugänglich. Zwei Statuen am Eingange des Saals stellen Gärtner und Gärtnerin vor. Die Kirche ist 1752 restaurirt. Hier ist das Altarbild eine Sehenswürdigkeit. Es ist eine Verkündigung Maria. Sowohl die Maria, als der Engel finden ihre Bewunderer und Lobredner bei Kennern und Verehrern dieser Kunst. Es ist ein Geschenk des Herrn Premierminister von Brühl. Unbekannt ist der Verfertiger, und ob es Original oder Copie ist. Eine sehr gut gelungene Abbildung desselben, von einem gewissen Blanchard, findet sich in der Gottesackerkirche zu Plauen. Ausser diesem herrlichen Geschenke erinnert noch das Familienwappen an der herrschaftlichen Emporkirche und in einem Kirchhoffenster an den Grafen von Brühl. Die Kirche hat 3 Glocken von keiner besondern Stärke. Auf der grössten steht:

Martin Heinze in Leipzig umgegossen
Anno 1741.

Im Jahre 1817 wurde das Gut subhastirt (nachdem es bis dahin ein gewisser Lastroth besessen hatte) und auf 217,217 Thlr. taxirt und vom Herrn von Ritzenberg erstanden, von welchem es dessen Herr Sohn übernommen und nach dessen Tode die Frau Gemahlin des letzteren ererbt und noch als Besitzerin darauf lebt. Der Herr Schwiegervater der jetzigen Besitzerin, Herr Präsident von Ritzenberg hat ein Erbbegräbniss hier angelegt, und seine verstorbene Gemahlin, nebst Sohn, als Leichen aus Gross-Oschersleben hieher bringen und beisetzen lassen. Es besteht aus einem grünen Rasenhügel, innerhalb gewölbt, mit einem eisernem Kreuz auf der Hügelspitze, rund herum mit Cedern und andern dunkeln Baumgruppen umpflanzt, die das Grabmal verstecken.

Der Kirchhof von sehr mittelmässiger Grösse ist neuerlich durch einen schmalen Streif vergrössert worden. Auf der Dorfseite ist er mit einer hohen Mauer, auf der entgegengesetzten Seite, wo er an den herrschaftlichen Garten stösst, theils mit einer Mauer, theils mit einer Hecke eingeschlossen.

Empfohlene Zitierweise:
Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen I. Section. Expedition des Albums Sächsischer Rittergüter und Schlösser, Leipzig 1860, Seite 130. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Schl%C3%B6sser_und_Ritterg%C3%BCter_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_I.djvu/202&oldid=- (Version vom 7.1.2019)